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@luebken
Created April 9, 2025 17:52
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Koalitionsvertrag-2025.md

Verantwortung für Deutschland Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 21. Legislaturperiode

Inhalt

Präambel ...................................................................................................................... 1

            1. Neues Wirtschaftswachstum, gute Arbeit, gemeinsame Kraftanstrengung .............. 4

1.1. Wirtschaft, Industrie, Tourismus ................................................................. 4

1.2. Arbeit und Soziales ................................................................................... 14

1.3. Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen ......................................... 22

1.4. Klima und Energie ..................................................................................... 28

1.5. Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt ............................... 36

Wirkungsvolle Entlastungen, stabile Finanzen, leistungsfähiger Staat ................... 45

2.1. Haushalt, Finanzen und Steuern ................................................................ 45

2.2. Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung und moderne Justiz ................... 56

2.3. Digitales ................................................................................................... 66

2.4. Bildung, Forschung und Innovation ........................................................... 71

Sicheres Zusammenleben, Migration und Integration .......................................... 82

3.1 Innen ........................................................................................................... 82

3.2 Recht ........................................................................................................... 86

3.3 Migration und Integration ............................................................................. 92

Starker Zusammenhalt, standfeste Demokratie ................................................... 98

4.1. Familien, Frauen, Jugend, Senioren und Demokratie .................................. 98

4.2. Gesundheit und Pflege ............................................................................ 105

4.3. Kommunen, Sport und Ehrenamt ............................................................ 113

4.4. Kultur und Medien ................................................................................. 119

Verantwortungsvolle Außenpolitik, geeintes Europa, sicheres Deutschland ........ 125

5.1 Außen- und Verteidigungspolitik, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte .............................................................................................. 125

5.2 Europa ................................................................................................... 135

Vertrauensvolle Zusammenarbeit, erfolgreiches Regieren .................................. 141

Arbeitsweise der Bundesregierung und Fraktionen ............................................ 141

Präambel

Verantwortung für Deutschland Deutschland steht vor historischen Herausforderungen. Die Politik der kommenden Jahre wird maßgeblich darüber entscheiden, ob wir auch in Zukunft in einem freien, sicheren, gerechten und wohlhabenden Deutschland leben. Wir wissen um diese Verantwortung und richten unser Handeln und unsere Politik daran aus. Wir tun dies im Wissen um die Stärke unseres Landes und unserer Demokratie: Deutschland kann jede Aufgabe aus eigener Kraft und im Schulterschluss mit unseren Partnern und Freunden in der Welt erfolgreich meistern. Klarheit über den richtigen Weg der nächsten Jahre erfordert zunächst Klarheit in der Standortbestimmung: Im Äußeren greifen die Gegner unserer liberalen Demokratie unsere Freiheit an. Autoritäre Mächte erstarken. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht auch unsere Sicherheit. Wir erleben hybride Angriffe auf unser Land mit dem Ziel, den Zusammenhalt in Deutschland zu zerstören, unsere Demokratie zu untergraben und unsere Sicherheit zu gefährden. Aber auch in unserem Land wird die Demokratie von ihren Gegnern täglich angegriffen. Im Inneren ist unsere Wirtschaft in einer anhaltenden Wachstumsschwäche. Das Leben in Deutschland ist komplizierter, teurer und anstrengender geworden. Zugleich stellt eine protektionistische Handelspolitik die Stabilität und Ordnung der Weltwirtschaft in Frage. Irreguläre Migration polarisiert unsere Gesellschaft. Ausbleibende Strukturreformen haben den Konsolidierungsdruck auf die öffentlichen Haushalte erhöht. Das Vertrauen in die Lösungskompetenz des Staates sinkt. Viele Bürgerinnen und Bürger sind unzufrieden. Wir verstehen das Wahlergebnis als Auftrag für eine umfassende Erneuerung unseres Landes, die auf Stärken baut und Schwächen bereinigt, die neue Sicherheit schafft, Stabilität bietet und Zusammenhalt stärkt. Uns eint dabei der Wille für eine gute Zukunft Deutschlands. Die Geschichte der Bundesrepublik zeigt, dass unser Land an Herausforderungen wächst. Die freiheitliche Demokratie, die Soziale Marktwirtschaft und die Solidarität in der Gesellschaft waren, sind und bleiben die Eckpfeiler für den Erfolg unseres Landes. Als Parteien der politischen Mitte sehen wir uns gemeinsam in der Verantwortung. Die nächste Bundesregierung muss auf den Stärken unseres Landes aufbauen und die großen Aufgaben richtig angehen. Mit Reformen und Investitionen wollen wir Deutschland wieder nach vorne bringen. Die höchsten Erwartungen legen wir dabei an uns selbst an. Wir müssen besser werden, damit es in Deutschland wieder aufwärts geht. Als Koalition setzen wir folgende Schwerpunkte:

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Wir erneuern das Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft – Chancen und „Wohlstand für alle“. Dafür schaffen wir die Bedingungen für eine wettbewerbsfähige und wachsende Volkswirtschaft. Die strukturellen Rahmenbedingungen für Unternehmen und Beschäftigte werden wir verbessern, Innovationen fördern, Bürokratie umfassend zurückbauen und Leistungsgerechtigkeit zu einem Leitprinzip machen. Grundlage unseres wirtschaftlichen Erfolgs ist eine starke Sozialpartnerschaft. Damit Arbeitsplätze sicher sind, soll Deutschland ein starkes Industrieland bleiben. Wir stärken Mittelstand und Handwerk den Rücken. In unsicheren Zeiten soll Deutschland zum sicheren Hafen für Forscherinnen und Forscher, Investoren und Unternehmerinnen und Unternehmer aus aller Welt werden. Wir stärken den sozialen Zusammenhalt. Dazu gehören verlässliche soziale Sicherungssysteme, mehr Chancengleichheit, Mitbestimmung und gute Löhne. Die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft und deren Durchsetzung ist zentrales Anliegen unserer gesamten Regierungsarbeit. Wir stärken unsere Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit, um Freiheit und Frieden zu sichern. Stärke ist die Voraussetzung für Frieden. Deshalb wollen wir uns verteidigen können, um uns nicht verteidigen zu müssen. Mit Entscheidungen zur künftigen Finanzierung und Architektur unserer Sicherheit haben wir die Grundlage dafür gelegt, uns jeder äußeren Bedrohung erfolgreich zu erwehren. Wir stehen an der Seite der Ukraine, die auch unsere Freiheit und die Prinzipien der regelbasierten Ordnung verteidigt, und setzen auf einen gerechten und gemeinsam mit der Ukraine ausverhandelten Frieden. Wir sorgen für einen handlungsfähigen Staat. Seit Jahren schwindet das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und Problemlösungskompetenz öffentlicher Institutionen. Wir haben diesen Weckruf gehört und einen Reformplan entwickelt. Wir wollen einen funktionierenden, handlungsfähigen Staat, der digitaler und effizienter als bisher arbeitet. Wir werden mit Investitionen in die Infrastruktur dafür sorgen, dass die Bahn wieder pünktlich fährt, die Straßen und Brücken wieder in einem guten Zustand sind, die ärztliche Versorgung gesichert ist und Digitalisierung unseren Alltag erleichtert. Wir ordnen Migration und fördern Integration. Dafür schützen wir unsere Staatsgrenzen und entscheiden selbst, wer in unser Land kommt, wer bleiben darf und wer unser Land wieder verlassen muss. Als alternde Gesellschaft sind wir auf Zuwanderung angewiesen. Deshalb verbessern wir legale Wege der geordneten Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und stärken die Rahmenbedingungen für gelingende Integration. Leistungsträger und ihre Familien stehen im Mittelpunkt. Wir arbeiten dafür, das Leben in Deutschland einfacher, bezahlbarer und gerechter zu machen. Leistung und Anstrengung müssen sich auszahlen. Leistung verdient Respekt und Anerkennung, ob im Beruf, in der Familie, bei der Integration

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oder im Ehrenamt. Die Rente bleibt über die Legislatur hinaus stabil. Massive Investitionen in Kitas und Schulen werden die Chancengleichheit in unserem Land deutlich erhöhen. Der Respekt vor der Religionsfreiheit und unterschiedlichen Religionsgemeinschaften, die in Deutschland heimisch sind, gehört für uns dazu. Wir feiern dieses Jahr 35 Jahre Deutsche Einheit. In den 35 Jahren seit der Wiedervereinigung haben die Menschen in Ostdeutschland Außergewöhnliches geleistet. Sie haben nicht nur Krisen überwunden, sondern weitreichende Veränderungen selbstbewusst gestaltet. Mit Mut, Durchhaltevermögen und Innovationskraft haben sie die historische Herausforderung der deutschen Einheit angenommen, auch persönliche Opfer erbracht und ihre Heimatregionen neu aufgebaut. Der Osten hat längst bewiesen, dass Transformation gelingen kann. Darauf wollen wir aufbauen. Wer schon einmal Transformation gemeistert hat, kann auch Zukunft gestalten. Koalitionen aus CDU, CSU und SPD waren immer dann stark, wenn wir uns große Antworten zugetraut haben. Das ist auch jetzt unser Anspruch: Wir werden beweisen, dass drei Parteien der demokratischen Mitte das Land gemeinsam erfolgreich gestalten können. In diesem Geiste wollen wir Stabilität garantieren, neue Zuversicht stiften und unser Land umfassend erneuern.

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1. Neues Wirtschaftswachstum, gute Arbeit, gemeinsame Kraftanstrengung

1.1. Wirtschaft, Industrie, Tourismus

Die deutsche Wirtschaft stark machen Unser Wirtschaftsstandort steht vor enormen Herausforderungen. Wir wollen Industrienation und Mittelstandsland bleiben, KI- und Gründer-Nation werden und die Weichen wieder auf Wachstum stellen. Unser Ziel ist es, das Potenzialwachstum wieder auf deutlich über ein Prozent zu erhöhen. Das wird unsere klare Priorität. Mit den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft und unseren Stärken – kreative Unternehmerinnen und Unternehmer sowie engagierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – werden wir den Standort Deutschland nach vorne bringen, durch strukturelle Reformen Wachstumskräfte freisetzen und den Wohlstand für alle mehren. Hierzu werden wir unter anderem Investitionen, Innovationen und Wettbewerb fördern, Steuern, Abgaben und Energiepreise senken, Arbeitsanreize verbessern, die Dekarbonisierung unterstützen, Bürokratie zurückbauen und eine aktive Handelspolitik betreiben. Wir unterstützen die Sozialpartnerschaft und sorgen mit unserer Politik für faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Wir bleiben eine offene und international orientierte Volkswirtschaft, stärken den europäischen Binnenmarkt, schließen neue Handelspartnerschaften und sichern unsere Lieferketten ab. Innovationsschub für die Wirtschaft Start-ups sind die Hidden Champions und DAX-Konzerne von morgen. Um Bürokratie zu reduzieren, prüfen wir eine Gründerschutzzone und wollen notarielle Vorgänge vereinfachen und digitale Beurkundungsprozesse sowie den automatischen Datenaustausch zwischen Notariat, Finanzamt und Gewerbeamt ermöglichen. Wir schaffen einen vollständigen One-Stop-Shop, der alle Anträge und Behördengänge auf einer Plattform digital bündelt und eine Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden ermöglicht. Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung werden wir durch eine praxisnahe Ausgestaltung von Steuer- und Sozialversicherungsrecht weiter stärken. Wir etablieren Deutschland als KI-Nation. Das bedeutet massive Investitionen in die Cloud- und KI-Infrastruktur sowie in die Verbindung von KI und Robotik. Wir fördern Leichtbau-Technologie, additive Fertigung und 3D-Druck. Investitionsoffensive Investitionen sind die Grundlage einer starken Wirtschaft. Wir werden einen Deutschlandfonds einrichten. Dieser ist das Dach, unter dem wir die Kraft der privaten Finanzmärkte mit dem langfristig strategischen Vorgehen des Investors Staat verbinden. Insgesamt stellen wir dazu mindestens zehn Milliarden Euro Eigenmittel des Bundes durch Garantien oder finanzielle Transaktionen bereit. Mithilfe

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von privatem Kapital und Garantien hebeln wir die Mittel des Fonds auf mindestens 100 Milliarden Euro und investieren sie in verschiedene Module. Dieser Fonds soll als Dachfonds bestehende Finanzierungslücken im Bereich des Wachstums- und Innovationskapitals, insbesondere für Mittelstand und Scale-ups, schließen. Die konkreten Investmententscheidungen werden in einer unternehmerischen Governance getroffen, der Investmentfokus liegt in Deutschland. Das Modell des Deutschlandfonds kann Vorbild für vergleichbare Fonds in den Ländern sein. Den bestehenden Zukunftsfonds werden wir über 2030 hinaus verstetigen. Ziel ist, dass sich die Investitionen von Investoren bei der WIN-Initiative auf über 25 Milliarden Euro mehr als verdoppeln und wir mit Garantien des Bundes weiter hebeln. Die gesamte Start-up-Finanzierungsarchitektur unterziehen wir einem „Effizienz-Check“. Mit dem Einsatz für eine Solvency II-Novelle und ihrer praxisnahen Umsetzung aktivieren wir viele Milliarden Euro, indem die Eigenkapitalanforderungen unter anderem für Infrastrukturprojekte und Wagniskapital gesenkt werden. Wo möglich, schaffen wir additive nationale Kapitalpuffer ab. Öffentliche Finanzierungsprogramme sollen auch für Sicherheits- und Verteidigungstechnologie geöffnet werden. Wir wollen die Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND stärken und ermöglichen, dass sie auch im Bereich Verteidigung tätig werden kann. Wir unterstützen Moonshot- Technologien auch über meilensteinbasierte Finanzierungsinstrumente. Frauen sind bei Start-up- Gründungen unterrepräsentiert. Deshalb wollen wir einen stärkeren Fokus auf ihre Unterstützung legen und spezielle Förderungen für Gründerinnen ausbauen. Industriestandort Deutschland stärken Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze basieren in Deutschland in besonderem Maße auf einer starken und wettbewerbsfähigen Industrie. Wir gehen mit dem Strompreispaket einen großen Schritt, um wettbewerbsfähige Energiepreise für die Industrie zu gewährleisten. Die Gasspeicherumlage werden wir abschaffen. Unser Ziel sind dauerhaft niedrige und planbare, international wettbewerbsfähige Energiekosten. Wir werden bei Bedarf nachsteuern. Das Wasserstoffkernnetz muss deutschlandweit die industriellen Zentren anbinden, auch im Süden und Osten Deutschlands. Wir werden den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft beschleunigen und pragmatischer ausgestalten. Im Hochlauf müssen wir alle Farben nutzen. Wir werden umgehend nach Beginn der Wahlperiode ein Gesetzespaket beschließen, das die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) insbesondere für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke ermöglicht. Die Dauer von Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen ist ein kritischer Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit wie auch für die Transformation der Industrie. Diese wollen wir spürbar verkürzen und dazu auch die die Industrie betreffenden EU-Richtlinien 1:1 umsetzen. Die

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Abwanderung energieintensiver Unternehmen aufgrund unterschiedlicher Klimaschutzstandards (Carbon Leakage) wollen wir verhindern. Wir unterstützen die Vorschläge der EU-Kommission im Rahmen des Omnibus-Paketes zur Vereinfachung des CBAM aktiv. Wir wollen CBAM unbürokratischer und effizienter machen. Wir setzen uns außerdem für einen Ausgleich für Exporte bei den von CBAM erfassten Produkten ein. Sollte ein effektiver Carbon Leakage-Schutz über den CBAM nicht gelingen, werden wir die Wettbewerbsfähigkeit für exportorientierte Branchen weiterhin über die kostenfreie Zuteilung von Zertifikaten regeln. Wir wollen als marktgerechtes Instrument Leitmärkte für klimafreundliche beziehungsweise klimaneutrale Produkte schaffen, zum Beispiel durch Quoten für die emissionsarme Herstellung von Stahl, eine Grüngasquote oder vergaberechtliche Vorgaben. Wir werden den Klimaclub stärken. Das Beihilferecht muss fairen Wettbewerb innerhalb der EU garantieren, in Zukunft aber die Stärkung der europäischen Wirtschaft im globalen Wettbewerb höher gewichten. Wir setzen uns für schnellere und schlankere Beihilfeverfahren ein. Beim IPCEI-Verfahren streben wir eine Stärkung, Vereinfachung und Beschleunigung an. Deutschland beteiligt sich am IPCEI Med4Cure. Wir werden die Förderregeln und -praxis für Industrieansiedlungen und Großvorhaben modernisieren und bürokratische Hürden abbauen. Wir werden auch die Förderprogramme zur Dekarbonisierung der Industrie, unter anderem die Klimaschutzverträge, fortsetzen. Diese staatliche Förderung binden wir an Kriterien wie die Standortsicherung. Die industrielle KI werden wir durch eine innovationsfreundliche Regulierung stärken, die die Wettbewerbsfähigkeit und die Produktivität verbessert. Die Stahlindustrie ist von zentraler strategischer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Wir werden sie erhalten und zukunftsfähig machen und sie bei ihrer Umstellung der Produktionsprozesse auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Dazu wollen wir ihr auch die Nutzung von CCS-Technologien ermöglichen. Auch das konsequente Recycling von Stahlschrott kann kurzfristig stark zur Dekarbonisierung beitragen und bedarf daher entsprechender Unterstützung. Die Bundesregierung wird sich für eine effektive Nachfolgelösung für die 2026 auslaufenden EU- Safeguards einsetzen. Wir werden Deutschland zum weltweit innovativsten Chemie-, Pharma- und Biotechnologiestandort machen. Gemeinsam mit Ländern, Unternehmen und Gewerkschaften werden wir eine Chemieagenda 2045 erarbeiten. Ein Totalverbot von Stoffgruppen lehnen wir ab. Wir setzen uns für einen ausgewogenen europäischen Regulierungsrahmen mit einem risikobasierten Ansatz in der Chemikalienpolitik ein, zum Beispiel bei REACH. Die Zulassung von Anlagen im immissionschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren werden wir vereinfachen und die Kreislaufwirtschaft und das chemische Recycling von Kunststoffen unterstützen. Die

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Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln, Wirkstoffen und Medizinprodukten werden wir weiter verbessern und dazu die Nationale Pharmastrategie weiterentwickeln. Die Biotechnologie wird als Schlüsselindustrie gefördert und ihre Anwendungen werden regulatorisch erleichtert, auch mit Blick auf die neuen genomischen Techniken. Gründungen in diesem Bereich werden wir über bessere Bedingungen zur Mobilisierung von Wagniskapital unterstützen. Wir werden Deutschland als führenden Standort für Mikroelektronik ausbauen. Dazu werden wir Investitionen unter dem European Chips Act und dem IPCEI-Rahmen weiterhin fördern. Automobilindustrie Wir wollen auch in Zukunft eine starke Automobil- und Zulieferindustrie als Schlüssel-Industrie und Arbeitsplatzgarant für unser Land. Die Förderung der regionalen Transformations-Netzwerke und -Hubs werden wir dazu auch über 2025 hinaus fortführen. Wir bekennen uns klar zum Automobilstandort Deutschland und seinen Arbeitsplätzen. Dabei setzen wir auf Technologieoffenheit. Wir wollen uns aktiv dafür einsetzen, Strafzahlungen aufgrund der Flottengrenzwerte abzuwehren. Die Überprüfung der CO2-Reduktionsziele für schwere Nutzfahrzeuge und Trailer ist vorzuziehen. Eine Elektrifizierung der Fahrzeugflotten begrüßen wir grundsätzlich, eine pauschale gesetzliche Quote lehnen wir jedoch ausdrücklich ab. Wir werden die E-Mobilität mit Kaufanreizen fördern. Zudem ergreifen wir unter anderem folgende Maßnahmen:

  1. Eine steuerliche Begünstigung von Dienstwagen durch eine Erhöhung der Bruttopreisgrenze bei der steuerlichen Förderung von E-Fahrzeugen auf 100.000 Euro.
  2. Eine Sonderabschreibung für E-Fahrzeuge.
  3. Die Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis zum Jahr 2035.
  4. Ein Programm für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen aus Mitteln des EU- Klimasozialfonds, um den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität gezielt zu unterstützen.
  5. Eine Förderung von Plug-In-Hybrid-Technologie (PHEVs) und Elektrofahrzeugen mit Range- Extender (EREV) und entsprechende Regulierung auf europäischer Ebene.
  6. Den beschleunigten Ausbau und die Sicherstellung der Finanzierung eines flächendeckenden, bedarfsgerechten und nutzerfreundlichen Ladenetzes und des Schnellladenetzes für PKW und LKW und die stärkere Förderung des gewerblichen Depotladens.
  7. Befreiung emissionsfreier LKWs von der Mautpflicht über das Jahr 2026 hinaus.
  8. Förderung einer Wasserstoff-Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge.

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Wir werden die Voraussetzungen dafür schaffen, dass autonomes Fahren in den Regelbetrieb kommt. Wir werden den Aufbau der Batteriezellfertigung inklusive der Rohstoffgewinnung, des Recyclings und des Maschinen- und Anlagenbaus fördern. In der Stahl- und Automobilindustrie stehen wir vor enormen strukturellen Herausforderungen. Gleichzeitig muss die Verteidigungsindustrie sehr zügig und im großen Maßstab skalierbar wachsen. Wir prüfen daher, wie die Umrüstung und Ertüchtigung vorhandener Werke für die Bedarfe der Verteidigungsindustrie unterstützt werden können. Raumfahrt Raumfahrt ist eine Zukunfts- und Schlüsseltechnologie und auch für unsere Sicherheit und unsere militärischen Fähigkeiten zentral. Deshalb werden wir die Europäische Weltraumorganisation (ESA) stärken und den deutschen Beitrag zur ESA-Ministerratskonferenz, die Ende 2025 in Bremen stattfindet, erhöhen. Auch unser nationales Raumfahrtprogramm werden wir ausbauen. Astronautische Weltraummissionen inspirieren die nächste Generation zu Höchstleistungen. Wir streben an, dass eine deutsche Astronautin oder ein deutscher Astronaut im Rahmen einer internationalen Mission zum Mond fliegt. An einer ISS-Nachfolgelösung werden wir uns beteiligen. Wir unterstützen den Trägerraketensektor und Initiativen wie eine Startplattform in der Nordsee und das ESA-Mondkontrollzentrum. Unverzichtbar sind auch eigene Fähigkeiten zur Erdbeobachtung und Kommunikation (zum Beispiel Galileo und IRIS2). Wir wollen, dass kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups besser am Markt für Raumfahrtlösungen teilnehmen können und streben an, dass der Staat stärker als Kunde auftritt. Luftverkehr Unser Ziel ist es, die Modernisierung in der Luftfahrtindustrie und des Luftverkehrs in Richtung fairer Wettbewerb und Dekarbonisierung zu gestalten. Die Koalition setzt sich zur Unterstützung des Wirtschaftswachstums dafür ein, die internationale Konnektivität deutscher Flughäfen zu verbessern. Die über das europarechtlich Notwendige hinausgehende Power To Liquid (PtL)-Quote schaffen wir noch im Jahr 2025 ab. Mit geeigneten Instrumenten wollen wir dafür sorgen, dass europäische Fluggesellschaften bei der Sustainable Aviation Fuel (SAF)-Quote nicht schlechter gestellt werden als außereuropäische. Wir werden bis Ende des Jahres eine Strategie entwickeln, die die Fragen der zivilen und militärischen Luftfahrtindustrie sowie die Stärkung des Luftverkehrsstandortes zusammendenkt, und werden diese in dieser Legislaturperiode umsetzen. Maritime Wirtschaft Wir setzen uns für eine europäische maritime Strategie ein, die die Wettbewerbsfähigkeit des Schiffbaus, der Schiffbauzulieferer und der maritimen Technologien stärkt. Wir sind auf eine wettbewerbsfähige Hafeninfrastruktur mit guter Hinterlandanbindung angewiesen, die auch militärische und energiepolitische Erfordernisse berücksichtigt.

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Wir werden den Einstieg deutscher Werften in die Produktion von Offshore-Konverterplattformen unterstützen, etwa durch Bürgschaften. Wir werden die nationale Hafenstrategie mit Hochsee- und Binnenhäfen als gesamtstaatliche Aufgabe umsetzen und uns über die Finanzierung der Maßnahmen mit den Ländern in der ersten Hälfte der Legislaturperiode verständigen. Das maritime Forschungsprogramm für den Schiffbau werden wir zukunftsfähig weiterentwickeln (unter anderem Dekarbonisierung von Antrieben, Unterwasserrobotik und höhere Autonomie der Schiffsführung). Wir setzen uns für eine einheitliche Tonnagesteuer für die Hochseeschifffahrt in der EU ein. Handel und Außenwirtschaft Wir setzen uns auf europäischer Ebene für eine pragmatische und regelbasierte Handelspolitik ein. Bei Handelsverträgen soll das Prinzip „EU-only“ gelten. Wir streben den Abschluss von weiteren Handels--

und Investitionsabkommen an. Das bereits unterzeichnete Rahmenabkommen der EU mit Chile werden wir zügig ratifizieren. Die EU-Abkommen mit Mercosur und Mexiko unterstützen wir aktiv im Rat und werden diese zügig ratifizieren. Den Abschluss der laufenden EU-Freihandelsverhandlungen mit Indien, Australien und den ASEAN-Staaten unterstützen wir. Mit den USA streben wir mittelfristig ein Freihandelsabkommen an, kurzfristig wollen wir einen Handelskonflikt vermeiden und setzen auf die Reduzierung von Einfuhrzöllen auf beiden Seiten des Atlantiks. Im Rahmen einer neuen Afrika--

Strategie sollte die Vertiefung unserer Handelsbeziehungen mit afrikanischen Staaten vorbereitet werden. Die von der vorherigen Regierung in den Bundestag eingebrachten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Côte d'Ivoire, Ghana, Kamerun und den SADC-WPA-Staaten werden wir noch in 2025 ratifizieren. Zudem werden wir die Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Singapur sowie Vietnam zügig ratifizieren. Die EU-Kommission soll bei der Aushandlung von Handelsabkommen international geltende Standards berücksichtigen. Wir setzen uns für den Erhalt des WTO-Systems ein, brauchen aber auch Reformen mit Blick auf die Regeln für Industriesubventionen, damit ein globales level playing field erreicht wird. Außenwirtschaftsgesetz Auf nationaler Ebene wollen wir zeitnah ein novelliertes Außenwirtschaftsgesetz vorlegen. Prüfverfahren wollen wir dabei beschleunigen, vereinfachen und besser anwendbar machen. Ausländische Investitionen, die unseren nationalen Interessen widersprechen, in kritische Infrastruktur und in strategisch relevanten Bereichen, wollen wir effektiv verhindern. Als Antwort auf das geopolitisch veränderte Umfeld werden wir unsere Wirtschaftssicherheit und Resilienz stärken. Die europäische Strategie für wirtschaftliche Sicherheit setzen wir in einer nationalen Strategie um. Für kritische Komponenten in unserer Infrastruktur müssen höchste Sicherheitsanforderungen gelten. In sensiblen Bereichen der kritischen Infrastruktur dürfen künftig ausschließlich Komponenten aus vertrauenswürdigen Staaten verbaut werden. Damit sich unser

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Mittelstand vor Cyberangriffen besser schützen kann, braucht es Aufklärung und Unterstützung bei Cybersicherheitsmaßnahmen. Wir werden unsere Unternehmen bei der Umsetzung des Cyber Resilience Act unterstützen. Die effektive nationale Umsetzung der Sanktionen aufgrund des russischen Angriffskriegs stellen wir weiterhin sicher. Wir unterstützen die Pläne der EU zur Erhebung von Zöllen auf den Import von Düngemitteln aus Russland und Weißrussland. Wir werden die Ausfuhrgenehmigungsprozesse vereinfachen und beschleunigen. Unser Ziel ist ein Paradigmenwechsel. Anstelle von durchgängigen Prüfungen streben wir stichprobenartige Kontrollen verbunden mit empfindlichen Strafen bei Verstößen an. Eine vorherige Exportgenehmigung wäre nicht mehr erforderlich. Wir werden die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung strategisch ausrichten und finanziell stärken. Die klimapolitischen Sektorleitlinien werden wir flexibilisieren. Mit der Investorenkonferenz der Bundesregierung senden wir an innovative ausländische Unternehmen wie auch internationale Investoren und Talente ein Willkommenssignal. Die China-Strategie werden wir nach dem Prinzip des „De-Risking“ überarbeiten. Wir werden im Bundestag eine Expertenkommission einsetzen, die in einem jährlichen Bericht Risiken, Abhängigkeiten und Vulnerabilitäten in den wirtschaftlichen Beziehungen analysiert, darstellt und Maßnahmen zum De-Risking empfiehlt. Rohstoffe Unser Ziel ist, den Primärrohstoffverbrauch so weit wie möglich zu reduzieren, heimische sowie europäische Ressourcen besser zu nutzen, Rohstoffimporte zu diversifizieren und Handels- und Rohstoffpartnerschaften auf Augenhöhe abzuschließen. Wir werden die Kreislaufwirtschaftsstrategie pragmatisch umsetzen und eine Digitalisierungsinitiative zur Schließung von Stoffkreisläufen starten. Wir werden die Gewinnung heimischer Rohstoffe unterstützen und hierfür die rechtlichen Genehmigungen erleichtern, pragmatisch unter Wahrung der Umwelt- und Sozialstandards. Wir werden Projekte zur Gewinnung und Weiterverarbeitung von kritischen Rohstoffen in Europa unterstützen und statten hierfür den nationalen Rohstofffonds mit zusätzlichen Mitteln aus. Wir werden die Rahmenbedingungen für die Gewinnung strategisch wichtiger Rohstoffe, wie hochreinem Salz oder Lithium, in der EU auf allen Ebenen verbessern. Die Bevorratung wichtiger Rohstoffe wollen wir erleichtern. Wirtschaftsrecht Wir halten am Postuniversaldienst fest. Wir wollen die bürokratische Last im Postsektor deutlich reduzieren. Zum Schutz der Beschäftigten bekennen wir uns zu einer 20-Kilogramm-Grenze für Pakete und werden zur pragmatischen Umsetzung einen Dialogprozess mit der Branche und den Arbeitnehmervertretern bis spätestens Mitte 2026 durchführen. Wir prüfen die Auflösung der

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Bundesanstalt für Post- und Telekommunikation und die Aufteilung der Aufgaben auf andere Behörden. Fairer Wettbewerb ist für das Funktionieren der Sozialen Marktwirtschaft essenziell. Die Weiterentwicklung des Wettbewerbs- und Kartellrechts ist maßgeblich für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas. Die effektive Anwendung des Kartellrechts wollen wir sicherstellen und die Verfahren schneller sowie effizienter machen. Wir unterstützen die effektive Durchsetzung des Digital Market Acts durch die zuständigen Behörden auf europäischer Ebene. Wir wollen, dass internationale Wettbewerbsfähigkeit, europäische Souveränität und Sicherheit im europäischen Wettbewerbsrecht, insbesondere im Bereich der Fusionskontrolle, stärker als bisher berücksichtigt werden. Eine Expertenkommission „Wettbewerb und Künstliche Intelligenz“ setzen wir beim Bundeswirtschaftsministerium ein. Mittelstand, Handwerk und Selbstständige Wir wollen den Mittelstand und das Handwerk mit flexibleren gesetzlichen Rahmenbedingungen, einfacheren Vergabeverfahren und schnelleren Genehmigungsprozessen unterstützen. Dazu zählen die stärkere Durchlässigkeit von Ausbildung und Meisterprüfung zum Studium und die Verstetigung der Ausbildungsförderung. Auf Grundlage der Erfahrungen mit der Wirtschaftsförderung in den östlichen Bundesländern wollen wir auf europäischer Ebene eine Anhebung der KMU-Schwelle in Europa erreichen. Dem massiven Fachkräftemangel wollen wir entgegenwirken, indem wir Arbeitsgenehmigungen für qualifizierte Fachkräfte beschleunigen. Wir bauen Bürokratie und Dokumentationspflichten ab, vereinfachen Normen und Standards mittelstandsgerecht, reduzieren die Nachweisführung von Fördermitteln und erleichtern den Zugang zu Innovationsprogrammen. Den Abbau von Schriftformerfordernissen, insbesondere im Arbeitsrecht (zum Beispiel bei Befristungen), werden wir umsetzen. Wir werden ein sofortiges Moratorium von mindestens zwei Jahren für alle neuen rechtlichen Statistikpflichten erlassen. In diesem Zeitraum müssen alle Statistikpflichten auf den Prüfstand gestellt werden. Seit vielen Jahren führt die Regelung über die Genehmigungsfiktion ein Schattendasein in den Verwaltungsverfahrensgesetzen von Bund und Ländern, weil diese Fiktion jeweils spezialgesetzlich angeordnet werden muss. Daher soll diese Fiktion in Zukunft gelten, sofern sie nicht spezialgesetzlich ausgeschlossen wird. Um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten, werden wir gemeinsam mit den Ländern die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer auf ein Verrechnungsmodell umstellen. Im Handwerk stehen in den nächsten Jahren rund 125.000 Betriebe zur Übergabe an. Wir unterstützen Betriebsübergaben und Existenzgründungen im Handwerk. Wir wollen den Investitionsstau in den Bildungsstätten mit einer verlässlichen Förderung lösen.

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Wir wollen das „Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand“, die „Industrielle Gemeinschaftsforschung“ sowie „Innovationskompetenz INNO-KOM“ und „KMU-innovativ“ stärken und Spielräume bei der KfW möglichst haushaltsschonend nutzen. Die Selbstverwaltung der Freien Berufe und die berufsständischen Versorgungswerke werden wir stärken. Wir werden durch eine wirksame Reform des Statusfeststellungsverfahrens die Rechtssicherheit für Selbstständige und ihre Auftraggeber schaffen. Wir werden die Überprüfungen der ausgezahlten Corona-Hilfen zeitnah abschließen, um Verwaltung und Wirtschaft zu entlasten. Dazu werden wir den Ländern ermöglichen, einen Schwellenwert festzulegen, unterhalb dessen Stichproben genügen. Die Gaming-Branche hat großes kulturelles, wirtschaftliches und technologisches Potenzial. Mit Spill--

Over-Effekten sorgt sie für Fortschritt und Innovation. Deshalb wollen wir die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Games-Standortes durch mehr Planbarkeit und Passgenauigkeit des Fördersystems stärken. Die Förderpolitik der Bundesregierung wird einer Konsolidierung unterzogen. Die Programme müssen in einem Fördercontrolling überwacht werden. Neue Programme müssen konsequent an Leistungsindikatoren und Kriterien, wie in den subventionspolitischen Leitlinien festgehalten, ausgerichtet werden. Einzelhandel Wir brauchen den stationären Einzelhandel für lebendige Innenstädte, wirtschaftliche Stabilität und soziale Teilhabe. Der Handel braucht faire Wettbewerbsbedingungen. Wir werden den Einzelhandel vor unlauterem Wettbewerb aufgrund der Flutung durch billige Konsumgüter aus Fernost schützen und auf europäischer Ebene ein level playing field durchsetzen, bei dem unsere Standards von allen Marktteilnehmern – auch aus Drittländern – eingehalten werden müssen. Bei den Verhandlungen zur Reform der EU-Zollunion setzen wir uns dafür ein, dass die Vorschläge für E-Commerce bevorzugt beraten werden. Erfüllen die Unternehmen die Pflichten nicht, werden die Accounts ihrer Onlinehandelsplattformen gesperrt. Strukturpolitik Unser Ziel ist es, mithilfe des Gesamtdeutschen Fördersystems (GFS) gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und strukturschwache Regionen auch über die „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)“ für mehr Wachstum und Beschäftigung zu unterstützen. Wir werden die Finanzausstattung auf einem hohen Niveau sicherstellen.

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Bei der zukünftigen Ausrichtung der Struktur- und Regionalpolitik werden wir strukturschwache Regionen besonders adressieren. Die Verteilung der Mittel muss auch nach sozioökonomischen Indikatoren erfolgen. Die deutschen Kohleregionen befinden sich seit dem Beschluss des Ausstiegs aus der Kohleverstromung in einem herausfordernden Transformationsprozess. An den beschlossenen Ausstiegspfaden für die Braunkohleverstromung bis spätestens 2038 halten wir fest. Die Zusagen aus dem Strukturstärkungsgesetz und Vereinbarungen zwischen dem Bund und den betroffenen Ländern halten wir ein. Eine zeitliche Flexibilisierung verhindert den möglichen Verfall von Mitteln. Tourismus Wir werden eine neue nationale Tourismusstrategie erarbeiten, die sowohl wirtschaftliche als auch nachhaltige Aspekte berücksichtigt und die Themen Tourismusakzeptanz, Lebensraumgestaltung und Digitalisierung in den Fokus rückt. Wir heben über die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) die vorhandenen Wirtschaftspotenziale bestmöglich und gewährleisten die institutionelle Förderung der DZT, die mindestens auf dem Niveau des Jahres 2024 liegen sollte. Wir stärken die Attraktivität Deutschlands als Reiseziel. Wir ergreifen Maßnahmen, um die Anbindung und Konnektivität der Reisedestination Deutschland zu sichern, unter anderem durch den Ausbau des Schienen- und Flugverkehrs. Wir entwickeln außerdem die Insolvenzabsicherung von Pauschalreisen durch den Reisesicherungsfonds unter Wahrung des Sicherungsniveaus und der EU-rechtlichen Vorgaben weiter, um die Kostenbeiträge für die Unternehmen zu senken. Dabei sind finanzielle Risiken für den Bundeshaushalt auszuschließen.

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1.2. Arbeit und Soziales

Arbeits- und Fachkräftesicherung Die Sicherung der Fachkräftebasis ist ein entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes. Deshalb ziehen wir alle Register, damit Fachkräftesicherung in den nächsten Jahren gelingt. In Zusammenarbeit mit den Ländern wollen wir die Fachkräftestrategie des Bundes weiterentwickeln. Die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen ist ein entscheidender Faktor zur Fachkräftesicherung. Wir wollen Familien helfen, den alltäglichen Spagat zwischen Kindererziehung, Arbeit, Haushalt, Pflege und auch Erholung besser bewältigen zu können. Deshalb prüfen wir ein jährliches Familienbudget für Alltagshelfer für Familien mit kleinen Kindern und/oder pflegebedürftigen Angehörigen mit kleinen und mittleren Einkommen, das wir digital zugänglich machen. Damit wollen wir sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei haushaltsnahen Dienstleistungen fördern. Das hilft auch im Kampf gegen Schwarzarbeit. Zur Attraktivitätssteigerung der Berufsbilder in diesem Bereich wollen wir eine Anerkennungsoffensive starten und Quereinstiege ermöglichen. Ergänzend braucht Deutschland qualifizierte Einwanderung. Die Demografie, gerade in den neuen Bundesländern, stellt den Arbeitsmarkt vor besonders große Herausforderungen. Gemeinsam mit den Ländern, Kommunen und den Sozialpartnern werden wir sachgerechte Instrumente zur Unterstützung schaffen. Es gilt, bürokratische Hürden einzureißen, etwa durch eine konsequente Digitalisierung sowie die Zentralisierung der Prozesse und eine beschleunigte Anerkennung der Berufsqualifikationen. Dafür schaffen wir, unter Mitwirkung der Bundesagentur für Arbeit, eine digitale Agentur für Fachkräfteeinwanderung – „Work-and-stay-Agentur“ – mit einer zentralen IT-Plattform als einheitliche Ansprechpartnerin für ausländische Fachkräfte. Die Agentur bündelt und beschleunigt unter anderem alle Prozesse der Erwerbsmigration und der Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen und verzahnt diese mit den Strukturen in den Ländern. Wir erleichtern die Prozesse durch eine bessere Arbeitgeberbeteiligung. Wir setzen uns für einheitliche Anerkennungsverfahren innerhalb von acht Wochen ein. Eine ad-hoc-Arbeitsgruppe von Bund und Ländern wird zeitnah Maßnahmen zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren und Prozesse entwickeln und vorschlagen, wie die Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen (ZAB) in Struktur und Organisation angepasst und gegebenenfalls unterstützt wird. Wir werden die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung für Personen mit ausländischen Berufsqualifikationen bei der Bundesagentur für Arbeit verstetigen. Wir wollen, dass Absolventinnen und Absolventen aus Drittstaaten, die in Deutschland eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben, bei uns bleiben und hier arbeiten. Wir wollen im Rahmen der Erwerbsmigration Arbeitnehmerrechte schützen sowie Missbrauch konsequent bekämpfen. Wir wollen ein bedarfsgerechtes Angebot an Berufssprachkursen auf Dauer

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absichern und in der Fläche ausbauen. Hürden für Flüchtlinge bei der Beschäftigungsaufnahme werden wir abbauen und Arbeitsverbote auf maximal drei Monate reduzieren. Dies gilt nicht für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, Dublin-Fälle oder Personen, die das Asylrecht offenkundig missbrauchen. Wir werden die schnelle und nachhaltige Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt mit einer Verbindung aus früherer Arbeitserfahrung, berufsbegleitendem Spracherwerb und berufsbegleitender Weiterbildung/Qualifizierung dauerhaft voranbringen. Sozialleistungen und bürgerfreundlicher Sozialstaat Viele soziale Leistungen sind unzureichend aufeinander abgestimmt. Wir wollen Leistungen zusammenfassen und besser aufeinander abstimmen, etwa durch die Zusammenführung von Wohngeld und Kinderzuschlag. Wir wollen, dass für Bezieherinnen und Bezieher von Sozialleistungen, insbesondere der Grundsicherung, immer Anreize bestehen, ein höheres Erwerbseinkommen zu erzielen oder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen. Hierzu werden wir auch die Schnittstellen zur Grundsicherung in den Blick nehmen und die Hinzuverdienstregeln reformieren. Dazu gehört auch, die Transferentzugsraten in den unterschiedlichen Leistungssystemen besser aufeinander abzustimmen. Wir wollen, dass – wo immer möglich – Leistungen und Beratung aus einer Hand erbracht werden. Die Prozesse müssen digitalisiert werden. Die verfügbaren Daten sollen genutzt werden, um auf mögliche Leistungsansprüche hinzuweisen und die Beantragung zu vereinfachen. Die Komplexität von Zuständigkeiten und Schnittstellen in unserem Sozialstaat erfordert jedoch eine grundsätzliche Betrachtung und Reform. Wir setzen eine Kommission zur Sozialstaatsreform gemeinsam mit Ländern und Kommunen mit dem Auftrag zur Modernisierung und Entbürokratisierung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und der Verwaltungen ein, die innerhalb des vierten Quartals 2025 ein Ergebnis präsentiert. Die Kommission soll Empfehlungen entwickeln, wie unter anderem eine massive Rechtsvereinfachung, ein rascherer Vollzug, erhöhte Transparenz, die Vereinheitlichung des Einkommensbegriffs und die Zusammenlegung von Sozialleistungen erreicht werden können. Hierzu gehört auch die Möglichkeit der Pauschalierung von Leistungen. Ziel sind bürgerfreundlichere Leistungen aus einer Hand. Das soziale Schutzniveau wollen wir bewahren. Die Kommission soll auf diesem Wege die Wirksamkeit und Effizienz sozialstaatlicher Leistungen prüfen. Wir wollen Kinderarmut wirksam bekämpfen und Alleinerziehende entlasten. Leistungen sollen dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Wir erhöhen den Teilhabebetrag des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) von 15 auf 20 Euro und prüfen im Rahmen einer Machbarkeitsstudie die Einführung einer Kinderkarte für alle kindergeldberechtigten Kinder. Wir werden noch in diesem Jahr den Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen. Wir werden das Statusfeststellungsverfahren zügig im Interesse von Selbstständigen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Unternehmen schneller, rechtssicherer und transparenter machen, zum Beispiel auch mit Blick auf die Auswirkungen des Herrenberg-Urteils. Scheinselbstständigkeit wollen wir verhindern. Zur Beschleunigung führen wir eine

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Genehmigungsfiktion ein, die im Zuge der Reform der Alterssicherung für Selbstständige umgesetzt wird. Wir werden die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen stärken, die Sozialwahlen weiter modernisieren und Online-Wahlen als Ergänzung zur Briefwahl ermöglichen. Die sozialrechtlichen Rechtsgebiete Wohngeld, BAföG, Unterhaltsvorschuss sowie die Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII wollen wir sachgerecht der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit zuordnen. Wir werden sicherstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie Betriebe im Kontakt mit den Sozialversicherungen und Verwaltungen nur einmal ihre jeweiligen Daten eingeben müssen und diese dann medienbruchfrei von Bund, Ländern und Kommunen genutzt und verarbeitet werden können (Once-Only-Prinzip). Auch in den Bereichen der Sozialgesetze werden wir Praxis-Checks durchführen und Berichtspflichten und Datenerhebung weitestmöglich reduzieren. Arbeitsschutz Wir stehen für hohe Standards im Arbeitsschutz. Wir wollen die Prävention vor psychischen Erkrankungen stärken. Wir werden dazu alle nötigen Instrumente des Arbeitsschutzes auf ihre Wirksamkeit prüfen. Wir werden unnötige Mehrfachprüfungen vermeiden und den Datenaustausch ermöglichen. Wir sorgen für gute Arbeitsbedingungen für körperlich stark belastete Berufsgruppen. Für Berufskraftfahrer setzen wir uns für höhere europäische Arbeitsschutzstandards ein. Wir wollen die Sanitärinfrastruktur auf Park- und Rastplätzen auf Bundesautobahnen mit kostenfreiem Zugang ausbauen. Wir verbessern die Arbeitsbedingungen in der Kurier-, Express- und Paketdienstbranche. Die Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge hat sich hier bewährt. An diesen Regelungen orientieren wir uns für die Paketzustellung und führen eine vergleichbare Nachunternehmerhaftung ein. Europa Das Beratungsangebot „Faire Mobilität“ wird gestärkt und finanziell angemessen ausgestattet. Auch auf EU-Ebene unterstützen wir den Aufbau eines EU-weiten Beratungsnetzwerks. Wir unterstützen einen elektronischen Europäischen Sozialversicherungsausweis mit digitaler EU-Identität (EUDI- Wallet). Die Entsendemeldung in der EU wollen wir durch die Reform der eDeclaration technisch erleichtern und streben eine Bündelung mit dem sogenannten A1-Verfahren an. Künftig sollen alle den Schwerbehinderten- und Rentenausweis sowie die A1-Bescheinigung digital und sicher mit sich führen können. Eine europäische Arbeitslosenversicherung lehnen wir ab. Arbeitsmarktpolitik und neue Grundsicherung für Arbeitssuchende Das bisherige Bürgergeldsystem gestalten wir zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende um. Rechte und Pflichten müssen für beide Seiten verbindlich geregelt werden. Wir wollen sicherstellen, dass die Jobcenter für die Eingliederung ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Wir stärken die Vermittlung in Arbeit. Jede arbeitslose Person hat sich aktiv um Beschäftigung zu bemühen.

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Bundesagentur für Arbeit (BA) und Jobcenter unterstützen sie bei diesen Bemühungen, indem jede Person zukünftig ein persönliches Angebot der Beratung, Unterstützung und Vermittlung erhält. Für die Menschen, die arbeiten können, soll der Vermittlungsvorrang gelten. Diese Menschen müssen schnellstmöglich in Arbeit vermittelt werden. Für diejenigen, die aufgrund von Vermittlungshemmnissen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt finden, werden wir vor allem durch Qualifizierung und eine bessere Gesundheitsförderung und Reha-Maßnahmen eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Wir werden den Passiv-Aktiv-Transfer gesetzlich verankern und ausweiten. Wir werden Vermittlungshürden beseitigen, Mitwirkungspflichten und Sanktionen im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern verschärfen. Sanktionen müssen schneller, einfacher und unbürokratischer durchgesetzt werden können. Dabei werden wir die besondere Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen berücksichtigen. Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen. Für die Verschärfung von Sanktionen werden wir die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beachten. Wir werden die Karenzzeit für Vermögen abschaffen. Die Höhe des Schonvermögens koppeln wir an die Lebensleistung. Das werden wir bürokratiearm umsetzen. Dort, wo unverhältnismäßig hohe Kosten für Unterkunft vorliegen, entfällt die Karenzzeit. Wir werden den Anpassungsmechanismus der Regelsätze in Bezug auf die Inflation auf den Rechtsstand vor der Corona-Pandemie zurückführen. Die Anreize, in die Sozialsysteme einzuwandern, müssen deutlich reduziert werden. Großangelegter Sozialleistungsmissbrauch im Inland sowie durch im Ausland lebende Menschen muss beendet werden. Einen vollständigen Datenaustausch zwischen Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden werden wir ermöglichen. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit wollen wir weiter stärken und so härter gegen diejenigen vorgehen, die illegale Beschäftigung betreiben oder schwarzarbeiten. Mit einer besseren digitalen Vernetzung wollen wir Kontrollen möglichst bürokratiearm und effektiv gestalten. Das Friseurgewerbe ist in den Katalog der Branchen im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aufzunehmen. Der besondere Fokus der Bundesagentur für Arbeit und der Jobcenter liegt auf der Vermittlung von Menschen in Erwerbsarbeit. Wir werden alle bisherigen Instrumente und Strukturen der Bundesagentur für Arbeit und der Jobcenter auf ihre Wirksamkeit prüfen und anpassen. Die duale berufliche Aus- und Weiterbildung ist das Aushängeschild Deutschlands. Das sichert Arbeits- und Fachkräfte, stärkt die Wirtschaft und trägt zur Teilhabe und Integration bei. Das System der Akkreditierung zur Träger- und Maßnahmenzulassung werden wir vereinfachen. Wir wollen junge Menschen beim Einstieg in das Berufsleben unterstützen. Hierzu werden wir eine Qualifizierungsoffensive voranbringen. Damit der Übergang ins Berufsleben besser gelingt, wollen wir gemeinsam mit den Ländern ermöglichen, dass jeder junge Mensch einen Schulabschluss und eine

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Ausbildung machen kann. Dafür werden wir die frühe Berufsorientierung in Schulen, in Kooperation mit den beruflichen Schulen und der Bundesagentur für Arbeit, weiter stärken, ebenso wie die Jugendberufsagenturen. Arbeitsrecht Mindestlohn und Stärkung Tarifbindung Gute Löhne sind eine Voraussetzung für die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft. Der gesetzliche Mindestlohn ist dabei die Untergrenze. Wir stehen zum gesetzlichen Mindestlohn. Die Entwicklung des Mindestlohns muss einen Beitrag zu stärkerer Kaufkraft und einer stabilen Binnennachfrage in Deutschland leisten. An einer starken und unabhängigen Mindestlohnkommission halten wir fest. Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar. Unser Ziel ist eine höhere Tarifbindung. Tariflöhne müssen wieder die Regel werden und dürfen nicht die Ausnahme bleiben. Deswegen werden wir ein Bundestariftreuegesetz auf den Weg bringen. Das Bundestariftreuegesetz gilt für Vergaben auf Bundesebene ab 50.000 Euro und für Start- ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ab 100.000 Euro. Bürokratie, Nachweispflichten und Kontrollen werden wir auf ein absolutes Minimum begrenzen. Die Arbeitswelt ist im Wandel. Beschäftigte und Unternehmen wünschen sich mehr Flexibilität. Deshalb wollen wir im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen – auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zur konkreten Ausgestaltung werden wir einen Dialog mit den Sozialpartnern durchführen. Wir werden die Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeiten unbürokratisch regeln und dabei für kleine und mittlere Unternehmen angemessene Übergangsregeln vorsehen. Die Vertrauensarbeitszeit bleibt ohne Zeiterfassung im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich. Den Ausnahmekatalog nach § 10 Arbeitszeitgesetz für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung werden wir um das Bäckereihandwerk erweitern. Dabei werden wir die hohen Standards im Arbeitsschutz wahren und die geltenden Ruhezeitregelungen beibehalten. Kein Beschäftigter darf gegen seinen Willen zu höherer Arbeitszeit gezwungen werden. Deshalb werden wir Missbrauch ausschließen. Damit sich Mehrarbeit auszahlt, werden Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt. Als Vollzeitarbeit soll dabei für tarifliche Regelungen eine Wochenarbeitszeit von mindestens 34 Stunden, für nicht tariflich festgelegte oder vereinbarte Arbeitszeiten von 40 Stunden gelten. Wir werden bei der konkreten Ausgestaltung eine praxisnahe Lösung in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern entwickeln. Wir werden einen neuen steuerlichen Anreiz zur Ausweitung der Arbeitszeit von

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Teilzeitbeschäftigten schaffen: Wenn Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit zahlen, werden wir diese Prämie steuerlich begünstigen. Missbrauch werden wir ausschließen. Für die steigenden Herausforderungen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz in der Arbeitswelt wollen wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen, damit diese sozialpartnerschaftlich gelöst werden. Wir werden die Mitbestimmung weiterentwickeln. Wir ermöglichen Online- Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen zusätzlich als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten. Zusätzlich soll die Option, online zu wählen, im Betriebsverfassungsgesetz verankert werden. Wir ergänzen das Zugangsrecht der Gewerkschaften in die Betriebe um einen digitalen Zugang, der ihren analogen Rechten entspricht. Der Einsatz von KI im Unternehmen erfordert sowohl die Qualifizierung der Beschäftigten als auch die faire Regelung des Umgangs mit den Daten im Betrieb. Wir machen die Mitgliedschaft in Gewerkschaften durch steuerliche Anreize für Mitglieder attraktiver. Rente, Alterssicherung, Reha, Sozialversicherungen und Selbstverwaltung Wir werden die Alterssicherung für alle Generationen auf verlässliche Füße stellen. Deshalb werden wir das Rentenniveau bei 48 Prozent gesetzlich bis zum Jahr 2031 absichern. Die Mehrausgaben, die sich daraus ergeben, gleichen wir mit Steuermitteln aus. Am Nachhaltigkeitsfaktor halten wir grundsätzlich fest. Nur eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik, eine hohe Beschäftigungsquote und eine angemessene Lohnentwicklung ermöglichen es, dies dauerhaft zu finanzieren. Deshalb werden wir im Jahr 2029 im Hinblick auf diese Faktoren die tatsächliche Entwicklung des Beitrags und des Bundeszuschusses evaluieren, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu ergreifen. In einer Rentenkommission werden wir bis zur Mitte der Legislatur eine neue Kenngröße für ein Gesamtversorgungsniveau über alle drei Rentensäulen prüfen. Zum 01.01.2026 wollen wir die Frühstart-Rente einführen. Wir wollen für jedes Kind vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr, das eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, pro Monat zehn Euro in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen. Der in dieser Zeit angesparte Betrag kann anschließend ab dem 18. Lebensjahr bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen bis zu einem jährlichen Höchstbetrag weiter bespart werden. Die Erträge aus dem Depot sollen bis zum Renteneintritt steuerfrei sein. Das Sparkapital ist vor staatlichem Zugriff geschützt und wird erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze ausgezahlt. Zusätzlich werden wir die betriebliche Altersversorgung stärken und deren Verbreitung besonders in kleinen und mittleren Unternehmen und bei Geringverdienern weiter vorantreiben. Die Geringverdienerförderung werden wir verbessern. Wir werden die betriebliche Altersvorsorge digitalisieren, vereinfachen, transparenter machen und entbürokratisieren. Die Portabilität der betrieblichen Altersvorsorge für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeberwechsel wollen wir erhöhen.

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Ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren wird auch künftig möglich bleiben. Gleichzeitig schaffen wir zusätzliche finanzielle Anreize, damit sich freiwilliges längeres Arbeiten mehr lohnt. Statt einer weiteren Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters wollen wir mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente. Dabei setzen wir auf Freiwilligkeit. Arbeiten im Alter machen wir mit einer Aktivrente attraktiv. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei. Wir erleichtern die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber nach Erreichen der Regelaltersgrenze, indem wir das Vorbeschäftigungsverbot aufheben und dadurch befristetes Weiterarbeiten ermöglichen. Darüber hinaus verbessern wir die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei der Hinterbliebenenrente. Wir prüfen, wie wir die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentnerinnen und Rentner in der Grundsicherung im Alter verbessern. Gebrochene Erwerbsbiografien und Abwanderung gehörten für viele Menschen zu den Folgen des Zusammenbruchs der maroden DDR-Wirtschaft nach 1990. Wir stärken den Grundsatz „Prävention vor Reha vor Rente“. Wir setzen den Ü45-Check flächendeckend um. Wir wollen mit Reha-Leistungen diejenigen zielgenauer erreichen, die bereits in einer befristeten Erwerbsminderungsrente sind. Wir werden eine einfache, barrierefreie und digitale Beantragung möglichst vieler Leistungen ermöglichen. Den gemeinsamen Grundantrag für Reha- und Teilhabeleistungen werden wir vorantreiben. Wir führen im SGB VI ein Fall-Management auf Basis der Bewertungen laufender Modellprojekte ein. Wir prüfen zudem die Ausweitung auf weitere Sozialgesetzbücher. Wir wollen das Betriebliche Eingliederungsmanagement auch aufgrund zunehmender psychischer Erkrankungen bekannter machen und stärken die Bekanntheit besonders in kleinen und mittleren Unternehmen. Um Klarheit und Verbindlichkeit zu schaffen, beschleunigen wir die Feststellung der Erwerbsfähigkeit. Wir wollen Selbstständige besser fürs Alter absichern. Wir werden alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind, gründerfreundlich in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Andere Formen der Altersvorsorge, die eine verlässliche Absicherung für Selbstständige im Alter gewährleisten, bleiben weiterhin möglich. Wir werden die Mütterrente mit drei Rentenpunkten für alle vollenden – unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder –, um gleiche Wertschätzung und Anerkennung für alle Mütter zu gewährleisten. Die Finanzierung erfolgt aus Steuermitteln, weil sie eine gesamtgesellschaftliche Leistung abbildet. Unser Ziel ist die Stabilisierung des Abgabesatzes der Künstlersozialversicherung. Wir prüfen die Vereinfachung des Abgabeverfahrens, zum Beispiel durch Pauschalisierung. Die zunehmend digitale Verwertung von künstlerischen Werken muss der Künstlersozialabgabe unterliegen.

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Inklusion Wir setzen uns für eine inklusive Gesellschaft im Sinne der VN-Behindertenrechtskonvention ein, in der Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe verwirklichen können. Dazu werden wir die Barrierefreiheit im privaten und im öffentlichen Bereich verbessern. Wir entwickeln das Behindertengleichstellungsgesetz weiter, sodass unter anderem alle öffentlich zugänglichen Bauten des Bundes bis 2035 barrierefrei gestaltet werden. Auch in der Privatwirtschaft wirken wir auf Barrierefreiheit hin. Wir prüfen bestehende Gesetze auf bürokratische und rechtliche Hürden. Wir bauen ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Gebärdensprache auf. Wir schaffen die notwendigen Strukturen für die Qualitätsanforderungen an Assistenzhunde und deren Zugangsrechte und stellen die Zertifizierung von Assistenzhunden sicher. Wir werden die Aufnahme einer Arbeit für Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verstärkt fördern. Dafür werden wir die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) mit Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation und der Vermittlungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit besser vernetzen und die Schwerbehindertenvertretungen stärken. Wir werden die Durchlässigkeit zwischen beruflicher Rehabilitation, Werkstätten für behinderte Menschen, Inklusionsbetrieben und allgemeinem Arbeitsmarkt und die Zugangssteuerung der Reha- Träger verbessern. Wir wollen Werkstätten für behinderte Menschen erhalten und reformieren. Wir sorgen dafür, dass mehr Menschen aus einer Werkstatt auf den Arbeitsmarkt wechseln können. Wir werden den Berufsbildungsbereich stärker auf den Arbeitsmarkt ausrichten, den Nachteilsausgleich auch bei Übergängen erhalten und das Budget für Arbeit attraktiver machen. Wir wollen das Werkstattentgelt verbessern. Die nachrangige Förderung von Werkstätten und Wohnheimen für Werkstattbeschäftigte aus der Ausgleichsabgabe wird gesetzlich ermöglicht. Wir werden die Teilhabechancen von Menschen mit komplexen Behinderungen verbessern. Wir wollen die Belange von Menschen mit Behinderungen bei der Entwicklung von KI-Systemen berücksichtigen. Wir unterstützen den Erwerb digitaler Kompetenzen und eine barrierefreie digitale Infrastruktur am Arbeitsmarkt sowie in außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen. Wir stärken den Gewaltschutz in der Behindertenhilfe. Gemeinsam mit den Ländern und Kommunen werden wir auf Grundlage der Evaluationen zum Bundesteilhabegesetz dessen Umsetzung und Ausgestaltung beraten. Wir werden eventuelle Änderungsbedarfe unter anderem zum Bürokratieabbau identifizieren und prüfen dabei Pauschalierungen. Wir werden das Verhältnis von Eingliederungshilfe und Pflege zur Schließung von Versorgungslücken klären. Das System der Rehabilitation und Teilhabe werden wir im Sinne des Prinzips „Leistung aus einer Hand“ weiterentwickeln und dabei die spezifischen Bedarfe von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen in den Blick nehmen. Auf der Basis der Evaluation werden wir die Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatungsstellen weiterentwickeln und ihre Finanzierung sicherstellen.

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1.3. Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen

Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung Deutschland muss auf dem Weg zur Planungs- und Baubeschleunigung mutige Wege gehen. Notwendig ist eine grundsätzliche Überarbeitung von Planungs-, Bau-, Umwelt-, Vergabe- und des (Verwaltungs-)Verfahrensrechts. Wir werden eine europäische Initiative zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung starten; der nationale „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ wird fortgesetzt. Wir wollen ein einheitliches Verfahrensrecht („one-for- many“) für Infrastrukturvorhaben schaffen. Verfahrensbeschleunigende Potenziale nutzen wir in der Bundesraumordnung und im Baugesetzbuch. Wir stärken die Multikodierung von Flächen. Formalisierte Verfahren werden flexibilisiert, Verfahrensstufen reduziert, um Doppelprüfungen abzubauen. Erörterungstermine werden fakultativ ausgestaltet. Das Bundesraumordnungsrecht soll mit den Ländern strategischer aufgestellt und mit überragendem öffentlichem Interesse ausgestattet werden. Ein Verfahren wird in dem Recht beendet, in dem es begonnen wurde: Wir führen eine verbindliche Stichtagsregelung zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Planungsprozess ein. Der identische, der erweiterte und der vollseitige Ersatzneubau bei Infrastrukturvorhaben soll von der Pflicht eines Planfeststellungsverfahrens ausgenommen werden. Die Plangenehmigung soll zum Regelverfahren werden. Beteiligungen der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit sowie Prüfungen finden nur einmal statt. Für wesentliche Infrastrukturvorhaben wird der vorzeitige Maßnahmenbeginn zur Aufrechterhaltung einer funktionierenden Infrastruktur im laufenden Planverfahren zugelassen. Wir erleichtern in einem Naturflächenbedarfsgesetz die Ausweisung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und die Vernetzung von Ausgleichsmaßnahmen (Biotopverbund). Beim Arten- und Naturschutz soll bundeseinheitlich der Populationsansatz angewendet werden. Mit den Ländern werden wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren vollständig digitalisieren. Mit den Kammern wollen wir Planungskapazitäten ausbauen. Bauen und Wohnen Wohnen wollen wir für alle Menschen bezahlbar, verfügbar und umweltverträglich gestalten. Alle Wohnformen, ob Eigentum oder Mietwohnung, in der Stadt und im ländlichen Raum sind für uns gleichwertig. Wir kurbeln den Wohnungsbau und die Eigentumsbildung durch eine Investitions- , Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive an. Zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes wird der soziale Wohnungsbau als wesentlicher Bestandteil der Wohnraumversorgung ausgebaut. Mieter müssen wirksam vor Überforderung durch immer höhere Mieten geschützt werden. Wir stärken die städtebauliche Entwicklung unseres Landes, gerade auch in den ländlichen Räumen, bekämpfen Leerstand in strukturschwachen Regionen, stärken Innenstädte und soziale Infrastrukturen und passen sie an Klimawandel sowie Barrierefreiheit an.

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Wir werden das Baugesetzbuch in zwei Schritten novellieren. In den ersten 100 Tagen werden wir einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Wohnungsbau-Turbos unter Berücksichtigung der kommunalen Planungshoheit vorlegen sowie Lärmschutzfestsetzungen erleichtern; zugleich werden die Vorschriften über den Umwandlungsschutz (§ 250 Baugesetzbuch) und die Bestimmung der Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt um fünf Jahre verlängert. In einem zweiten Schritt werden wir eine grundlegende Reform zur Beschleunigung des Bauens vornehmen. Um eine nachteilige Ausstrahlungswirkung auf die Umgebung zu vermeiden, wird das Vorkaufsrecht für Kommunen in Milieuschutzgebieten und bei Schrottimmobilien entsprechend gestärkt, der preislimitierte Vorkauf für solche Immobilien vereinfacht und die Umgehung von kommunalen Vorkaufsrechten bei Share Deals verhindert. In Milieuschutzgebieten werden Vorhaben zur Herstellung von Barrierearmut und energetischer Sanierung sozialverträglich ermöglicht. Selbstnutzende Eigentümer werden wir von den Regelungen des Milieuschutzes ausnehmen. Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), das Bauplanungsrecht und die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) werden weiterentwickelt, um Nutzungskonflikte zwischen Wohnen, Gewerbe und Landwirtschaft zu lösen. Baustandards werden vereinfacht und der Gebäudetyp E abgesichert. Die Bindungswirkung von Normsetzungen durch Selbstverwaltungsorganisationen wird überprüft und auf ein sicherheitsrelevantes Maß zurückgeführt. Um den Gebäudetyp E zivilrechtlich zu ermöglichen, wird eine gesetzliche Verknüpfung mit den technischen Baubestimmungen der Länder vorgenommen. Das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik stellt künftig keinen Mangel mehr dar. Die unabhängige Stelle zur Kostenfolgeprüfung von DIN-Normen wird eingesetzt. Durch serielles, modulares und systemisches Bauen heben wir Beschleunigungspotenziale. Zur Wohneigentumsbildung für Familien („Starthilfe Wohneigentum“), zur Neubauförderung und zur Sanierung bestehenden Wohnraums werden steuerliche Maßnahmen verbessert, eigenkapitalersetzende Maßnahmen geschaffen und die Übernahme von staatlichen Bürgschaften für Hypotheken geprüft. Die Förderprogramme der KfW werden zu zwei zentralen Programmen zusammengeführt und vereinfacht: ein Programm für den Neubau und eines für die Modernisierung. Dabei setzen wir Anreize für einfaches, klimafreundliches und kostenreduziertes Bauen. Zur Vergabe von Eigen- und Fremdkapital soll im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien (zum Beispiel der KfW) und privatem Kapital ein Investitionsfonds für den Wohnungsbau aufgelegt und auch kommunale Wohnungsbaugesellschaften durch eigenkapitalentlastende Maßnahmen unterstützt werden. Wir wollen zudem die günstigen Finanzierungskonditionen des Bundes und die Expertise der Wohnungswirtschaft für schnelles und effizientes Bauen zusammenbringen und werden daher zeitnah durch eine Beteiligung des Bundes, zum Beispiel durch Garantien, die Finanzierungskosten so senken, dass gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft in großer Zahl Wohnungen in angespannten

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Wohnungsmärkten für unter 15 EUR pro Quadratmeter entstehen können. Um die Wohnungsfürsorge für Bundesbedienstete auszubauen, kann die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) eigene Einnahmen verwenden und wird zudem zu diesem Zweck mit einer begrenzten Kreditfähigkeit ausgestattet. Für die Erreichung der Klimaziele ist der Gebäudesektor zentral. Bezahlbarkeit, Technologieoffenheit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz sind unsere Ziele für die Modernisierung der Wärmeversorgung. Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. Das neue GEG machen wir technologieoffener, flexibler und einfacher. Die erreichbare CO2-Vermeidung soll zur zentralen Steuerungsgröße werden. Den Quartiersansatz werden wir stärken. Die Sanierungs- und Heizungsförderung werden wir fortsetzen. Die Kosten für energetische Sanierungen ererbter Immobilien werden künftig von der Steuer absetzbar. Die Förderfähigkeit des EH55-Standards wollen wir zeitlich befristet zur Aktivierung des Bauüberhangs wiederherstellen. Die Verzahnung von GEG und kommunaler Wärmeplanung vereinfachen wir. Die nationalen Gebäudeeffizienzklassen im GEG werden mit unseren Nachbarländern harmonisiert. Spielräume bei der Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) schöpfen wir aus. Für eine Verlängerung der Umsetzungsfristen setzen wir uns ein. Wir führen eine Abfallende-Regelung in der Ersatzbaustoffverordnung ein, ermöglichen notwendige Anlagen für die verstärkte Nutzung von Recycling-Baustoffen. Wir werden einen Aktionsplan biobasierte Baustoffe und einen Aktionsplan energieintensive Baustoffe erstellen. Investitionen in den sozialen Wohnungsbau werden schrittweise deutlich erhöht, in diesem Rahmen werden die Mittel für Junges Wohnen verdoppelt und Mittel für barrierefreies, altersgerechtes Wohnen zur Verfügung gestellt. Für bewilligte Projekte werden schnell ausreichende Mittel zur Abfinanzierung zur Verfügung gestellt. Um die „WG-Garantie“ für Auszubildende und Studierende zu erreichen, werden wir neben den zusätzlichen Investitionen in Junges Wohnen die Förderbestimmungen für den Belegungsankauf von Wohnraum für Auszubildende und Studierende öffnen. Der Verbraucherschutz zur Durchsetzung von Mieterrechten für junge Menschen wird gestärkt. Damit auch Auszubildende profitieren können, werden Beratungskompetenzen in einer Anlaufstelle für Auszubildenden-Wohnen auf Bundesebene gebündelt. Der Wohnungsbau soll aus den Beihilfevorschriften der EU ausgenommen werden. Das genossenschaftliche Wohnen wird weiter gefördert, die Wohngemeinnützigkeit wollen wir mit Investitionszuschüssen ergänzen. Das Wohngeld wird mit den Ländern vereinfacht. Die Mietpreisbremse in angespannten Wohnungsmärkten wird für vier Jahre verlängert. Bis zum 31.12.2026 wird eine Expertengruppe mit Mieter- und Vermieterorganisationen die Harmonisierung von mietrechtlichen Vorschriften, eine Reform zur Präzisierung der Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetz und eine Bußgeldbewehrung bei Nichteinhaltung der Mietpreisbremse

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vorbereiten. In angespannten Wohnungsmärkten werden Indexmieten bei der Wohnraumvermietung, möblierte und Kurzzeitvermietungen einer erweiterten Regulierung unterworfen. Über eine Änderung der Modernisierungsumlage werden wir dafür Sorge tragen, dass zum einen wirtschaftliche Investitionen in die Wohnungsbestände angereizt werden und zum anderen die Bezahlbarkeit der Miete künftig besser als jetzt gewährleistet bleiben kann. So lösen wir das Vermieter-Mieter-Dilemma auf. Die Wertgrenze bei Kleinmodernisierungen wird bis Ende 2025 auf 20.000 Euro angehoben. Die Nebenkosten für Mieterinnen und Mieter sollen transparenter und einfacher nachvollziehbar sein. Damit Vermieten wieder attraktiver wird, gilt: Wer günstig vermietet, wird steuerlich belohnt. Eine nationale Mietenberichterstattung wird eingeführt. Der Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit wird umgesetzt. Um Obdachlosigkeit zu verhindern, soll die Schonfristzahlung einmalig eine ordentliche Kündigung abwenden können (Härtefallregelung). Die Städtebauförderung wird modernisiert und vereinfacht, Innovationen werden gefördert. Für Kommunen unter 100.000 Einwohnern können die Länder integrierte Stadtentwicklungskonzepte regeln. Das Finanzvolumen der Städtebauförderung wird schrittweise verdoppelt. Wir werden die Mittel für die Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Städtebauförderung für die laufenden Maßnahmen verstärken und den zeitlichen Rahmen anpassen. Building Information Modeling (BIM) wird zum zentralen Instrument der Digitalisierung des Bauwesens weiterentwickelt. Die Errichtung eines Bundesforschungszentrums für klimaneutrales und ressourceneffizientes Bauen beginnen wir gemeinsam mit den Ländern Sachsen und Thüringen sowie unter Einbeziehung der Kompetenzen anderer Länder und stellen eine verstetigte Finanzierung sicher. Wir stehen zum Berlin/Bonn-Gesetz und werden eine Zusatzvereinbarung abschließen. In Halle (Saale) wird das „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ errichtet. Verkehr Mobilität ist soziale und ökonomische Voraussetzung für das Funktionieren und den Wohlstand unseres Landes und muss sich an Realitäten orientieren, bezahlbar, verfügbar und umweltverträglich sein. Die Infrastruktur muss leistungsfähig gemacht werden, um die Resilienz zu stärken und die Klimaziele zu erreichen. Wir ermöglichen Mobilität in Stadt und Land nach den Bedürfnissen der Menschen. Für die Verkehrsträger wollen wir Finanzierungskreisläufe einführen, Einnahmen kommen dem jeweiligen Verkehrsträger zugute. Es gilt ein Drei-Säulen-Modell aus Haushaltsmitteln, Nutzerfinanzierung und privatem Kapital, zum Beispiel über öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) in begrenztem Umfang. Es wird eine überjährige, flexible und verlässliche Finanzierung garantiert. Die Autobahn GmbH wird begrenzt kreditfähig und ihr werden Lkw-Mauteinnahmen zur Verfügung gestellt (Einnahmekompetenz). Für die Straße werden Finanzmittel zur Auflösung des Sanierungsstaus insbesondere bei Brücken und Tunneln zur Verfügung gestellt. Es wird geprüft, wie sich die Autobahn

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GmbH dauerhaft stabil finanzieren kann. Eine umfassende parlamentarische Kontrolle der Mittel wird gewährleistet. Investitionen in das deutsche Schienennetz werden gesteigert. Das gilt für Haupt- und Nebenstrecken sowie die Großknoten und die durch die Regionalisierungsmittel geförderten Großprojekte gleichermaßen. Der Infraplan wird als gesetzliches Steuerungsinstrument entwickelt und mit einer entsprechenden, verbindlichen Finanzierungszusage („Eisenbahninfrastrukturfonds“) versehen. Damit sichern wir die vom Eigentümer priorisierten Vorhaben. Das Sanierungskonzept der Hochleistungskorridore (HLK) wird fortlaufend überprüft und angepasst. Die HLK-Sanierung wird aus dem Sondervermögen Infrastruktur finanziert und an dessen Laufzeit gekoppelt. Dadurch stehen die Mittel der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung wieder für die Fläche zur Verfügung. Investitionen in die Digitalisierung werden mit einem Schwerpunkt auf digitale Stellwerke und eine flächendeckende ETCS-Ausrüstung priorisiert, die fahrzeugseitige Ausstattung haben wir im Blick. Elektrifizierung ist Klimaschutz: Wir werden sie beschleunigen und auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis verzichten. Die Digitalisierung und die Elektrifizierung finanzieren wir aus dem KTF. Programme zur Modernisierung von Bahnhöfen, zur Schaffung von Barrierefreiheit und zum Lärmschutz werden fortgesetzt. Durch gezielten Aus- und Neubau werden wir etappenweise und fahrplanorientiert einen integrierten stabilen Takt zwischen Nah- und Fernverkehr unter Einbeziehung des Schienengüterverkehrs (Deutschlandtakt) etablieren. Zentrale Teile der Verkehrsinfrastruktur nach Polen und der Tschechischen Republik werden zügig ausgebaut. Dafür stellen wir schnellstmöglich Planungsrecht und Finanzierung sicher. Europa-Züge mit Fernverkehrsstandard zur besseren Anbindung aller unserer europäischen Nachbarländer werden eingesetzt. Die Straße ist ein bedeutender Verkehrsträger und das Auto ein wichtiges Fortbewegungsmittel, vor allem für die Menschen im ländlichen Raum. Unter Wahrung hoher Standards wird die Fahrausbildung reformiert, um den Führerscheinerwerb bezahlbarer zu machen. Im Straßenverkehr orientieren wir uns am Zielbild der Vision Zero. Den Rad- und Fußverkehr werden wir als Bestandteil nachhaltiger Mobilität stärken und fördern. Im Rahmen der Eurovignetten-Richtlinie wird geprüft, wie Mehrfachbelastungen des Straßengüterverkehrs durch die CO2-Bepreisung reduziert werden können. Dem Fahrermangel wirken wir entgegen durch eine Reform der Berufskraftfahrerqualifikation und attraktivere Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel gut ausgestatteten Lkw-Stellplätzen und besseren Kontrollen von Sozialstandards. Die Genehmigung von Schwerlast- und Großraumtransporten beschleunigen wir. Wir wollen mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. Für die Ertüchtigung der Infrastruktur aus Wasserstraßen, Schleusen, See- und Binnenhäfen werden wir für notwendige Investitionen eine auskömmliche zusätzliche Finanzierung mit Planungssicherheit organisieren. Dafür wird ein Finanzierungs- und Realisierungsplan entwickelt. Wir unterstützen

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weiterhin die Transformation der Wasserstraßen und Häfen. Die Nationale Hafenstrategie wird umgesetzt. Am bestehenden Bundesverkehrswegeplan und den Verfahren zu seiner Aufstellung und Überprüfung halten wir fest, ebenso am Grundsatz „Erhalt vor Neubau“. Die vorbereitenden Arbeiten laufen weiter. Die luftverkehrsspezifischen Steuern, Gebühren und Abgaben wollen wir reduzieren und die Erhöhung der Luftverkehrsteuer zurücknehmen. Die über das EU-Maß hinausgehende Power to Liquid (PtL)- Quote schaffen wir sofort ab. Wir sorgen dafür, dass Europäische Fluggesellschaften bei der Sustainable Aviation Fuels (SAF)-Quote nicht schlechter gestellt werden als außereuropäische. Die Hälfte der nationalen Einnahmen aus dem luftfahrtinduzierten europäischen Emissionshandel (ETS 1) wollen wir zur Förderung der Marktimplementierung von SAF verwenden. Die Regionalflughäfen werden wir mit Blick auf die Flugsicherungskosten weiter unterstützen. Um sicherzustellen, dass das Geld des Bundes künftig bei der Schieneninfrastruktur ankommt, sich die Qualität des Schienenverkehrs deutlich verbessert und die Arbeitsplätze nachhaltig gesichert werden, wollen wir mittelfristig eine grundlegende Bahnreform umsetzen. Wir werden die DB InfraGO vom DB- Konzern weiter entflechten, innerhalb des integrierten Konzerns. Hierzu sind sowohl personelle, rechtliche als auch organisatorische Maßnahmen zu ergreifen. Sowohl beim DB-Konzern als auch bei der InfraGO soll eine Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand erfolgen, mit dem Ziel, mehr Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen. Der Fortbestand des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags (BEAV) zwischen DB-Konzern und InfraGO wird geprüft. Der konzerninterne Arbeitsmarkt bleibt erhalten. Die Finanzierung der Schieneninfrastruktur soll neben dem Sondervermögen weiterhin aus dem Bundeshaushalt erfolgen, ergänzt durch Einnahmen aus den Trassenentgelten. Das Trassenpreissystem reformieren wir. Für DB Cargo prüfen wir, wie ihre Marktfähigkeit kurzfristig wiederhergestellt werden kann. Mit strategischen Partnern werden wir die Transformation des Einzelwagenverkehrs kombiniert mit einem Hub-System prüfen und entwickeln. Zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) werden Bund und Länder die ÖPNV- Finanzierung auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen und einen Modernisierungspakt starten. Die Regionalisierungsmittel sollen vorrangig als Bestellmittel für den Schienenpersonennahverkehr genutzt werden. Wir werden den Status quo sichern, steigende Kosten auffangen und Spielräume für neue Verkehre schaffen. Die Dynamisierung werden wir anpassen. Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) wird vereinfacht und entbürokratisiert, für innovative Ansätze (zum Beispiel Magnetschwebebahn) geöffnet und der barrierefreie Ausbau von Bahnhöfen erleichtert. Die GVFG-Mittel werden wir schrittweise deutlich aufstocken und den Fördersatz erhöhen. Das Deutschlandticket wird über 2025 hinaus fortgesetzt. Dabei wird der Anteil der Nutzerfinanzierung ab 2029 schrittweise und sozialverträglich erhöht. Um Planungssicherheit für die Kunden beim Ticket, aber auch für Bund und Länder bei der Finanzierung zu gewährleisten, werden die Kosten für das Ticket

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nach einem festen Schlüssel aufgeteilt. Wir fördern die Flottenumrüstung auf klimaneutrale Busse im ÖPNV. Den flächendeckenden Ausbau von Pkw- und Lkw-Ladeinfrastruktur treiben wir voran und erhöhen die Förderung. Das Laden an Betriebshöfen und Depots beziehen wir ein. Bei öffentlichen Ladesäulen sorgen wir für Preistransparenz und technische Vereinheitlichung. Wir machen Deutschland zum Leitmarkt für autonomes Fahren und werden mit den Ländern Modellregionen entwickeln und mitfinanzieren. Das Deutsche Zentrum für Mobilität in München reaktivieren wir und bauen das zugehörige Netzwerk weiter aus. Um die Nutzung von Mobilitäts-, Fahrzeug- und Lkw--

Mautdaten zu ermöglichen, werden wir die Rahmenbedingungen weiterentwickeln. Die Mobilitätsangebote auf den unterschiedlichen Verkehrsträgern werden wir besser vernetzen.

1.4. Klima und Energie

Klimaschutz Wir stehen zu den deutschen und europäischen Klimazielen, wohlwissend, dass die Erderwärmung ein globales Problem ist und die Weltgemeinschaft es gemeinsam lösen muss. Dafür setzen wir das Pariser Klimaabkommen um und verfolgen das Ziel der Klimaneutralität 2045 in Deutschland mit einem Ansatz, der Klimaschutz, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Ausgewogenheit zusammenbringt und auf Innovationen setzt. Wir wollen Industrieland bleiben und klimaneutral werden. Die deutschen und europäischen Klimaziele erreichen wir vorrangig durch Reduktion von CO2 und anderen Treibhausgasen in Deutschland, zusätzlich durch Anrechnung negativer Emissionen sowie in begrenztem Umfang durch hochqualifizierte und glaubwürdige CO2-Minderungen in außereuropäischen Partnerländern. Dies ist im europäischen Klimaschutzgesetz sowie im EU- Emissionshandel abzubilden. Das europäische Klima-Zwischenziel für 2040 in Höhe von minus 90 Prozent gegenüber 1990 unterstützen wir daher mit der Maßgabe, dass erstens in Deutschland nicht mehr reduziert werden muss als mit dem deutschen Klima-Zwischenziel für 2040 vorgesehen, zweitens neben der vorrangigen CO2-Reduktion in Deutschland in begrenztem Umfang auch permanente und nachhaltige negative Emissionen sowie drittens glaubwürdige CO2-Reduzierung durch hochqualifizierte, zertifizierte und permanente Projekte (maximal drei Prozentpunkte des 2040- Zwischenziels) in außereuropäischen Partnerländern zur wirtschaftlich tragbaren Reduzierung von Restemissionen anrechenbar sind. Zudem muss ein wirksamer Carbon-Leakage-Schutz zum Erhalt unserer industriellen Wertschöpfung garantiert werden. Emissionshandel Der European Green Deal und der Clean Industrial Act müssen weiterentwickelt werden, um Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz zusammenzubringen. Wir halten am System der CO2-

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Bepreisung als zentralem Baustein in einem Instrumentenmix fest. Wir treiben den Emissionshandel europäisch und international voran und gewinnen weitere Länder für eine CO2-Bepreisung. Besonders die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und die soziale Akzeptanz haben wir dabei im Blick und verfolgen eine ökonomisch tragfähige Preisentwicklung. Wir unterstützen die Einführung des ETS 2, um europaweit gleiche Bedingungen zu schaffen. Dabei wollen wir einen fließenden Übergang des deutschen BEHG in das ab 2027 europäisch wirkende Emissionshandelssystem (ETS 2) gewährleisten. Dabei werden wir uns für Instrumente einsetzen, die CO2-Preissprünge für Verbraucherinnen und Verbraucher und Unternehmen vermeiden. Zur Unterstützung besonders belasteter Haushalte nutzen wir hierzu auch die Mittel des Europäischen Klimasozialfonds. Die CO2- Einnahmen geben wir an die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zurück. Dazu werden wir auch unbürokratische und sozial gestaffelte Entlastungen und Förderungen beim Wohnen und bei der Mobilität auf den Weg bringen, damit niemand überfordert wird. Die stark betroffenen Wirtschaftsbranchen im Wettbewerb kompensieren wir unbürokratisch. Vom Opt-in für den Sektor Landwirtschaft in den ETS 2 machen wir keinen Gebrauch. Energiepolitik Wir wollen die Energiewende transparent, planbar und pragmatisch zum Erfolg machen. Bei der Energiewende machen wir Wirtschaft und Verbraucher stärker zu Mitgestaltern (unter anderem durch Entbürokratisierung, Mieterstrom, Bürgerenergie und Energy Sharing). Wir wollen alle Potenziale der Erneuerbaren Energien nutzen. Dazu gehören Sonnen- und Windenergie sowie Bioenergie, Geothermie, Wasserkraft sowie aus diesen hergestellte Moleküle. Wir stärken auch innovative Technologien wie Abwasserwärme, Wärmerückgewinnung und Flugwindkraft/Höhenwindenergie. Wir werden ein Monitoring in Auftrag geben, mit dem bis zur Sommerpause 2025 der zu erwartende Strombedarf sowie der Stand der Versorgungssicherheit, des Netzausbaus, des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, der Digitalisierung und des Wasserstoffhochlaufs als eine Grundlage der weiteren Arbeit überprüft werden. Wir stehen für eine konsequente Ausrichtung aller Bereiche auf Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit. Unser Ziel sind dauerhaft niedrige und planbare, international wettbewerbsfähige Energiekosten. Um das Ziel der Kosteneffizienz zu erreichen, stehen wir für einen systemischen Ansatz durch das Zusammenspiel aus dem Ausbau der Erneuerbaren Energien, einer Kraftwerksstrategie, dem gezielten und systemdienlichen Netz- und Speicherausbau, mehr Flexibilitäten und einem effizienten Netzbetrieb. Auf europäischer Ebene setzen wir uns für eine Energieunion in Vollendung des Energiebinnenmarktes mit einer leistungsfähigen grenzüberschreitenden Infrastruktur und mit dem Abbau beihilferechtlicher Hürden ein. Für gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen werden wir entschlossen handeln, um in zentralen Schlüsseltechnologien, wie Erneuerbaren Energien, keine neuen Abhängigkeiten zu schaffen und

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bestehende abzubauen und mit geeigneten Maßnahmen die Resilienz heimischer Produktion zu stärken. Energiepreise Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten. Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren. Um Planungssicherheit zu schaffen, ist unser Ziel, die Netzentgelte dauerhaft zu deckeln. Wir werden die Strompreiskompensation dauerhaft verlängern und auf weitere Branchen ausweiten. Auch Rechenzentren werden wir einbeziehen. Für die anderweitig nicht weiter zu entlastenden energieintensiven Unternehmen führen wir im Rahmen der beihilferechtlichen Möglichkeiten eine besondere Entlastung (Industriestrompreis) ein. Dazu gehört auch, die energieintensiven Verbraucher ohne Flexibilisierungspotenzial wie bisher zu entlasten. Darüber hinaus werden wir die Gasspeicherumlage für alle abschaffen. Wir werden geeignete Instrumente auf den Weg bringen, um eine versorgungssichere und kostengünstigere Befüllung der Gasspeicher sicherzustellen. Wir ermöglichen und flankieren langfristige, diversifizierte, günstige Gaslieferverträge mit internationalen Gasanbietern. Die Klimaziele bleiben davon unberührt. Wir wollen Potenziale konventioneller Gasförderung im Inland nutzen. Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung Entscheidend für den Erfolg der Energiewende sind Entbürokratisierung sowie schnellere und bessere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Dazu führen wir den Bund-Länder-Prozess zur Umsetzung des Pakts für Planungs-, Umsetzungs-, und Genehmigungsbeschleunigung entschlossen fort, entwickeln ihn weiter und setzen die Erneuerbare-Energien-Richtlinie III zügig um. Wir werden unter anderem die Einrichtung von Expertenpools, die Ausweitung der Zustimmungsfiktion und den erweiterten Bestandsschutz für Ersatzeinrichtungen prüfen. Wir prüfen, inwieweit die Vereinfachungen aus den Beschleunigungsgebieten und andere Ansätze (zum Beispiel Populationsansatz im Artenschutz, Präklusion, Beibringungsgrundsatz/Widerlegungspflicht), auf Infrastrukturprojekte der Energiewende möglich sind, denn wir wollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien durch Planungserleichterung beschleunigen. Netze Der Ausbau und die Modernisierung der Netze werden kosteneffizient vorangebracht und mit dem Erneuerbaren-Ausbau synchronisiert. Wir werden die weitere Entwicklung einem regelmäßigen Monitoring unterziehen. Sämtliche Maßnahmen müssen sich an den realistischen Bedarfen orientieren und aufeinander abgestimmt sein. Wir stärken die Übertragungs- und Verteilnetze. Kritische Energieinfrastruktur, insbesondere Netze und Erneuerbare-Energien-Anlagen, muss auch in

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Umsetzung der NIS-2-Richtlinie resilient und bestmöglich geschützt werden. Wir heben Effizienzpotenziale im Netz unter anderem durch freiere Gestaltung sowie Überbauung am Netzverknüpfungspunkt und durch Digitalisierung der Netze. Den Rollout von Smart Metern im Verteilnetz werden wir beschleunigen und vereinfachen und dynamische Stromtarife stärken. Die neu zu planenden Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetze (HGÜ) sollen, wo möglich, als Freileitungen umgesetzt werden. Dabei werden wir besonders belastete Regionen berücksichtigen. Durch diese Maßnahmen können wir den von der Bundesnetzagentur geplanten Netzausbau effizienter gestalten. Den nach einer Bestandsaufnahme notwendigen verbleibenden Ausbau wollen wir weiter beschleunigen. Die Kosten für Netzanschlüsse für bestehende Unternehmensstandorte auf dem Weg zur Transformation wollen wir senken und die Genehmigungsverfahren vereinheitlichen. Die Möglichkeit der physikalischen Direktversorgung der Industrie weiten wir räumlich aus. Wir halten an einer einheitlichen Stromgebotszone fest. Flexibilisierung Hemmnisse bei der Flexibilisierung des Stromsystems müssen abgebaut werden, um die flexible Nutzung von Erneuerbaren Energien sektorübergreifend zu verbessern. Der Ausbau systemdienlicher Speicherkapazitäten und die systemdienliche Nutzung von E-Auto- und Heimspeichern werden wir verstärkt vorantreiben. Bidirektionales Laden und das Laden am Arbeitsplatz werden wir unterstützen. Wir werden die Ansiedelung von großen Abnehmern wie etwa von Speichern und großen Erzeugern Erneuerbarer Energien dort anreizen, wo es dem Netz nützt. Energiespeicher werden als im überragenden öffentlichen Interesse anerkannt sowie im Zusammenhang mit privilegierten Erneuerbaren-Energien-Erzeugungsanlagen ebenfalls privilegiert. Die Mehrfachbelastung durch Steuern, Abgaben und Entgelte wird so weit wie möglich abgeschafft. Die regionale Nutzung ansonsten abgeregelten Stroms wollen wir deutlich erleichtern. Finanzierung Zur Vergabe von Eigen- und Fremdkapital bei Investitionen wollen wir im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien und privatem Kapital einen Investitionsfonds für die Energieinfrastruktur auflegen. Erneuerbare Energien Der entschlossene Ausbau Erneuerbarer Energien beinhaltet den netzdienlichen Ausbau von Sonnen- und Windenergie, von Bioenergie, Wasserkraft und die Erschließung von Geothermie. Zudem nutzen wir die Potenziale klimaneutraler Moleküle. Wir verfolgen das Ziel, dass sich Erneuerbare Energien perspektivisch vollständig am Markt refinanzieren können. Wir wollen für den weiteren Hochlauf von Erneuerbaren und Speichern einen gesicherten Investitionsrahmen bei zugleich verstärkter Einbindung

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marktwirtschaftlicher Instrumente. Der Investitionsrahmen wird hierfür in Einklang mit europäischen Vorgaben angepasst und dabei die Strommarktintegration der Erneuerbaren optimiert. Solarenergie Die Förderung der Solarenergie in Verbindung mit Speichern soll systemdienlich ausgestaltet werden. Wir wollen private Haushalte zu Akteuren der eigenen Energieversorgung machen. Betreibern von Bestandsanlagen setzen wir Anreize für eine netz- und systemdienliche Einspeisung und prüfen die neuen Bestimmungen des Solarspitzengesetzes für die Nullvergütung bei negativen Preisen und der Direktvermarktung. Anmeldeverfahren werden wir durch Digitalisierung und Standardisierung vereinfachen. Wir achten auf Flächenschonung und wollen Möglichkeiten der Doppelnutzung, wie zum Beispiel Parkplatz-, Agri- und Floating-PV erleichtern. Windenergie Wir setzen den Ausbau der Windkraft fort. Die Zwischenziele des Windflächenbedarfsgesetzes für 2027 bleiben unberührt. Die Flächenziele für 2032 evaluieren wir. Dabei überprüfen wir auch das Referenzertragsmodell auf Kosteneffizienz. Für die Akzeptanz vor Ort stellen wir die Steuerungswirkung von Windenergiegebieten sicher, im Einklang mit den bestehenden Mitwirkungsrechten der Kommunen beim Windkraftausbau. Zusätzlich werden wir prüfen, inwieweit wir die Synchronisation von Windkraft- und Netzausbau, zum Beispiel durch die Ausweisung von befristeten Engpassgebieten, verbessern können, ohne dabei die Ausbauziele der Windkraft zu gefährden. Auch werden wir Bürgerstrom rechtlich erleichtern und die physikalische Direktversorgung von Unternehmen ausweiten. Für die Akzeptanz vor Ort stellen wir die Steuerungswirkung von Windenergiegebieten sicher im Einklang mit den bestehenden Mitwirkungsrechten der Kommunen beim Windkraftausbau. Wir schützen die Genehmigungsbehörden vor überbordenden Schadensersatzforderungen. Wir überprüfen das Referenzertragsmodell auf Kosteneffizienz unter anderem hinsichtlich unwirtschaftlicher Schwachwind-Standorte. Die Belange von Natur- und Artenschutz müssen frühzeitig in der Regionalplanung einbezogen werden. Die zulässige Höhe der Flächenpachten für im EEG geförderte Anlagen werden wir begrenzen. Im Offshore-Bereich werden wir uns der so genannten Abschattungsproblematik annehmen. Wir werden mit anderen Nordseeanrainerstaaten kooperieren, um erzeugungsoptimale Flächenkulissen zu entwickeln und alsbald einen ersten hybriden Offshore- Netzanschluss/Interkonnektor zu realisieren. Außerdem werden wir im Windenergie-auf-See-Gesetz die hybride Anbindung (Kabel und H2-Pipeline) von Windparks ermöglichen. Bioenergie Bioenergie spielt bei Wärme, Verkehr und steuerbarer Stromerzeugung eine wichtige Rolle. Wir wollen das Flexibilitätspotenzial der Biomasse konsequent heben. Dazu setzen wir unter Beachtung der

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Kosteneffizienz und der Flächennutzung auf die Ermöglichung und überprüfen die bestehenden Deckelungen. Wir wollen vor allem Reststoffe besser nutzen. Wir werden den Biogasanlagen eine Zukunft geben, insbesondere sind die Besonderheiten kleinerer und wärmegeführter Anlagen stärker zu berücksichtigen. Wasserkraft Bestehende Potenziale bei der kleinen und großen Wasserkraft und bei Pumpspeicherkraftwerken werden wir heben. Geothermie Wir werden schnellstmöglich ein verbessertes Geothermie-Beschleunigungsgesetz auf den Weg bringen und geeignete Instrumente für die Absicherung des Fündigkeitsrisikos einführen. Schadensfälle müssen vollständig abgesichert werden. Um grenzüberschreitende Potenziale zu mobilisieren, braucht es einen gemeinsamen Rechtsrahmen. Kraftwerksstrategie Wir werden durch schnellstmögliche technologieoffene Ausschreibungen verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen in ausreichend gesicherte Leistung und Versorgungssicherheit schaffen. Den Bau von bis zu 20 GW an Gaskraftwerksleistung bis 2030 wollen wir im Rahmen einer zügig zu überarbeitenden Kraftwerksstrategie technologieoffen anreizen. Die neuen Gaskraftwerke sollen deutschlandweit vorrangig an bestehenden Kraftwerksstandorten entstehen und regional nach Bedarfen gesteuert werden. Durch einen technologieoffenen und marktwirtschaftlichen Kapazitätsmechanismus kann ein systemdienlicher Technologiemix aus Kraftwerken und Erzeugungsanlagen (zum Beispiel Bioenergie und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)), Speichern und Flexibilitäten entstehen. Freie Kapazitäten industriell genutzter KWK-Anlagen wollen wir stärker nutzen. Ein größeres Energieangebot dient der Stabilisierung und Reduzierung der Stromkosten. Dazu sollen künftig Reservekraftwerke nicht nur zur Vermeidung von Versorgungsengpässen, sondern auch zur Stabilisierung des Strompreises zum Einsatz kommen. CCU und CCS CO2-Abscheidungs- und Speicherungstechnologien (CCS) und auch Nutzungstechnologien (CCU) ergänzen den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie energieeffiziente Produktionsprozesse als unerlässliche Instrumente für das Ziel der Klimaneutralität. Wir werden umgehend ein Gesetzespaket beschließen, welches die Abscheidung, den Transport, die Nutzung und die Speicherung von Kohlendioxid insbesondere für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke ermöglicht. Wir werden das überragende öffentliche Interesse

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für den Bau dieser CCS/CCU-Anlagen und -Leitungen feststellen. Die Ratifizierung des London- Protokolls sowie die Schaffung von bilateralen Abkommen mit Nachbarländern haben dabei höchste Priorität. Wir ermöglichen CO2-Speicherung offshore außerhalb des Küstenmeeres in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und des Festlandssockels der Nordsee sowie onshore, wo geologisch geeignet und akzeptiert. Dazu wollen wir eine Länderöffnungsklausel einführen. Zudem sehen wir Direct Air Capture als eine mögliche Zukunftstechnologie, um Negativemissionen zu heben. Wasserstoff Für den schnellen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft brauchen wir klimafreundlichen Wasserstoff aus verschiedenen Quellen. Ziel ist langfristig die Umstellung auf klimaneutralen Wasserstoff, basierend auf einem wachsenden Anteil Erneuerbarer Energien aus dem Inland und aus Importen. Dafür setzen wir uns für pragmatische nationale und europäische Regelungen (im Rahmen der europäischen Wasserstoffstrategie) und deren zügige Umsetzung ein. Überregulierung muss zurückgeführt werden. Wasserstofferzeugung wollen wir sowohl über große systemdienliche Elektrolyseanlagen als auch verstärkt dezentral und flächendeckend ermöglichen. Wir werden Energieimportland bleiben, wollen dafür Energiepartnerschaften und grenzüberschreitende sowie notwendige Inlandsinfrastruktur für Importe von Wasserstoff und seinen Derivaten in alle Richtungen konsequent ausbauen. Dies umfasst auch die Anbindung an alle deutschen und europäischen Häfen. Wir werden nationale und europäische Förderinstrumente nutzen, wie zum Beispiel H2 Global, IPCEI- Projekte (Important Projects of Common European Interest) und spezifische Programme für den Mittelstand. Deutschland soll eine führende Rolle in einer europäischen Wasserstoffinitiative einnehmen. Ein vertrauenswürdiges und unbürokratisch umsetzbares Zertifizierungssystem für klimafreundliche Energieträger ist entscheidend, um deren Hochlauf erfolgreich voranzutreiben. Das Wasserstoffkernnetz muss deutschlandweit bedarfsgerecht die industriellen Zentren anbinden, auch im Süden und Osten Deutschlands. Dabei müssen auch Wasserstoffspeicher berücksichtigt werden. Wir werden in einer erweiterten Planung mit zusätzlichen Trassen dieses Ziel erreichen. Die Finanzierungsbedingungen müssen gewährleisten, dass in einer integrierten Planung das Kernnetz umgesetzt und auch das Verteilnetz aufgebaut wird Kohleausstieg und Strukturwandel An den beschlossenen Ausstiegspfaden für die Braunkohleverstromung bis spätestens 2038 halten wir fest. Wir setzen die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ um und stellen die zugesagten Strukturstärkungsmittel in voller Höhe bis Ende 2038 zur Verfügung. Einem möglichen Verfall der Mittel wird unter Beibehaltung der Zweckbindung mit entsprechender Flexibilisierung begegnet. Eine Verrechnung mit anderweitigen Programmen erfolgt nicht. Der Zeitplan, Kohlekraftwerke vom Netz oder in die Reserve zu nehmen, muss sich danach richten, wie schnell es

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gelingt, steuerbare Gaskraftwerke tatsächlich zuzubauen. Ausstehende Berichte aus dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz werden umgehend vorgelegt. Kraft-Wärme-Kopplung Die Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) müssen konsequent und langfristig genutzt werden. Dafür wird das KWKG noch 2025 an die Herausforderungen einer klimaneutralen Wärmeversorgung, an Flexibilitäten sowie hinsichtlich eines Kapazitätsmechanismus angepasst. Energieeffizienz Energieeffizienz als tragende Säule beim Erreichen der Klimaziele werden wir insbesondere durch steuerliche Anreize und Marktsignale stärken. Das Energieeffizienzgesetz und das Energiedienstleistungsgesetz werden novelliert und vereinfacht und auf EU-Recht zurückgeführt. Energieeffizienzziele dürfen die Flexibilität des Stromverbrauchs nicht behindern. Technisch unvermeidbare Abwärme werden wir diskriminierungsfrei nutzen und deren Einspeisung in Fernwärmenetze erleichtern. Wärme Wir erarbeiten einen Fahrplan für defossilisierte Energieträger. Dafür müssen Gasnetze erhalten bleiben, die für eine sichere Wärmeversorgung notwendig sind. Die EU-Gasbinnenmarktrichtlinie werden wir zügig umsetzen. Um die nötigen Investitionen zu ermöglichen, wollen wir die Träger von Infrastrukturen durch einen Mix aus zusätzlichem öffentlichem und privatem Kapital stärken. Um den Bau von Nah- und Fernwärmenetzen zu unterstützen, wird die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) gesetzlich geregelt und aufgestockt. Um sichere Investitionsbedingungen zu schaffen, werden wir die AVB-Fernwärme-Verordnung und die Wärmelieferverordnung zügig überarbeiten und modernisieren und dabei die Interessen des Verbraucherschutzes und der Versorgungsunternehmen ausgewogen berücksichtigen. Wir sichern faire und transparente Preise und stärken dafür die Preisaufsicht. Wir stärken die Transparenz unter anderem durch eine unbürokratische Schlichtungsstelle. Staatsbeteiligungen Wir prüfen strategische staatliche Beteiligungen im Energiesektor, auch bei Netzbetreibern. Die in der Gaskrise erworbenen Staatsbeteiligungen werden wir auf strategische Anteile des Bundes zurückführen.

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1.5. Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt

Die Menschen in Deutschland, in Stadt und Land, erwarten zurecht gleichwertige Lebensverhältnisse, eine funktionierende Daseinsvorsorge, gesunde Lebensmittel und eine intakte Natur und Umwelt. Wir treten für Nachhaltigkeit, auch beim Konsum, und eine zukunftsfähige Landwirtschaft ein, die wir aufbauend auf vergangenen und laufenden Dialogprozessen im Geiste eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses ausgestalten wollen. Landwirtschaft Die Landwirtinnen und Landwirte sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit und sind unsere natürlichen Partner bei Themen wie Umwelt-, Klima- , Natur- sowie Tier- und Artenschutz. Land- und Forstwirtschaft verdienen Respekt und Anerkennung sowie verlässliche Rahmenbedingungen – unabhängig von der Größe der Betriebe und der Bewirtschaftungsform. Dies gilt von kleinbäuerlich strukturierten Betrieben bis hin zu regional verankerten Agrarbetrieben und Mehrfamilienunternehmen. Ländliche Regionen Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lebt in ländlichen Regionen. Innovationen in der Landwirtschaft werden in ländlichen Regionen umgesetzt. Mit unserer Politik wollen wir weitere Potenziale für regionale Wertschöpfung und eine Stärkung der Gemeinschaft erschließen und setzen dazu gezielt EU-, Bundes- und Landesmittel ein. Schon heute wird in ländlichen Räumen ein Großteil der Erneuerbaren Energie erzeugt. Wirtschaft, Mobilität, Klimawandel, Gesundheit, Verkehr, Umwelt und Vereinsleben sind weitere Beispiele für wichtige Handlungsfelder, die wir aktiv gestalten müssen, um eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle Generationen in ländlichen Regionen zu sichern. Attraktive ländliche Räume sind wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die Akzeptanz unserer gelebten Demokratie. Wir wollen Dörfer der Zukunft als lebens- und liebenswerte Heimat fördern. Wir werden die dortige Wertschöpfung durch gezielte Investitionen stärken und schaffen Perspektiven für Betriebe und deren Beschäftigte. Die flächendeckende Mobilfunkversorgung ist ein wichtiger Faktor für die Attraktivität des ländlichen Raums. Die Arbeit der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft setzen wir deshalb fort. Umwelt und Ernährung Wir verfolgen die Ziele der Wettbewerbsfähigkeit, der Ernährungssicherung und der Ressourcenschonung gleichermaßen. Wir setzen vor allem auf Freiwilligkeit, Anreize und Eigenverantwortung und sorgen zugleich für die Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutzstandards. Wir schaffen praxistaugliche Regelungen und schlanke Verfahren und sind offen für Innovationen. Wir schützen den selbstbestimmten Verbraucher umfassend und vorsorgend. Bei all dem sind die

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gegenseitige Verbundenheit von Menschen, Tieren und Umwelt sowie unsere globale Verantwortung und Verpflichtungen Grundlage unserer Politik. Wir werden sowohl die Ressortforschung als auch die Unterstützung von Forschung bedarfsgerecht ausbauen und stärker vernetzen. Klimaanpassung Wir werden die Klimaanpassungsstrategie umsetzen und dazu die bestehenden Förderprogramme zielgerichtet und effizient nutzen und gegebenenfalls anpassen. Wir stellen daher die Finanzierung von Vorsorgemaßnahmen gemeinsam mit den Ländern auf solide Beine und unterstützen die Kommunen bei der Anpassung an den Klimawandel. Dazu richten wir einen Sonderrahmenplan Naturschutz und Klimaanpassung ein und prüfen die Einführung einer diesbezüglichen Gemeinschaftsaufgabe. Wir beschleunigen Hochwasser- und Küstenschutzmaßnahmen. Erneuerbare Potenziale Wir wollen eine zeitnahe Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie III (RED III), erhöhen die nationale Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) und nutzen die möglichen Spielräume der EU- Vorgaben. Dabei wollen wir den Einsatz alternativer Kraftstoffe, inklusive Biokraftstoffe, voranbringen. Um heimische Produzenten von regenerativen Kraftstoffen vor unfairen Praktiken zu schützen, werden wir den Betrug beim Import von regenerativen Kraftstoffen und bei sogenannten Upstream- Emissionsminderungszertifikaten (UER-Zertifikaten) verstärkt bekämpfen und die Betrugsprävention ausbauen. Die Industrie-Emissionsrichtlinie und die EU-Luftqualitätsrichtlinie übertragen wir 1:1 und so schlank wie möglich. Wir heben weitere Beschleunigungspotenziale im Bundes- Immissionsschutzgesetz (BImSchG), ohne die Schutzziele zu gefährden. Die Technische Anleitung Luft (TA-Luft) und die Technische Anleitung Lärm (TA-Lärm) werden wir überarbeiten und vereinfachen. Wir prüfen, wie sich überproportionale Gebietsbetroffenheiten durch Kerosinablässe vermeiden lassen. Chemiestandort Deutschland Wir stehen für eine moderne Stoffpolitik und bekennen uns zum Chemiestandort Deutschland. Für uns ist der risikobasierte Ansatz im Chemikalienrecht die Richtschnur, die Umwelt-, Gesundheitsschutz und Wettbewerbsfähigkeit in Einklang bringt, auch bei einer Überarbeitung der Europäischen Chemikalienverordnung (REACH). Ein Totalverbot ganzer chemischer Stoffgruppen wie Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) lehnen wir ab. Forschung und Entwicklung von Alternativstoffen werden forciert. Wo der Einsatz von gleichwertigen Alternativen möglich ist, sollen PFAS zeitnah ersetzt werden. Wir bekennen uns zu den Zielen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und werden diese inhaltlich und strategisch weiterentwickeln. Wir stärken den Parlamentarischen Beirat für Nachhaltige Entwicklung.

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Kreislaufwirtschaft Auf Grundlage der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie werden wir ein Eckpunktepapier mit kurzfristig realisierbaren Maßnahmen erarbeiten. Wir reformieren § 21 Verpackungsgesetz und setzen die EU-Verpackungsverordnung praktikabel um. Das chemische Recycling fügen wir in die bestehende Abfallhierarchie ein. Wir stärken Strategien zur Abfallvermeidung, zum Rezyklateinsatz und Shared Economy. Bei Batterien und Elektrogeräten optimieren wir die Abfallsammlung. Im Textilbereich führen wir eine erweiterte Herstellerverantwortung ein. Naturschutz Beim Meeresschutz legen wir besonderes Augenmerk auf den Kampf gegen die Verschmutzung, den Erhalt der Biodiversität und die Beseitigung von Munitionsaltlasten. Wir sehen uns in der gesamtstaatlichen Verantwortung, das Sofortprogramm zur Bergung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee langfristig fortzusetzen. Wir etablieren dafür ein Bundeskompetenzzentrum mit Sitz in den östlichen Bundesländern, in dem wissenschaftliche Einrichtungen, Privatwirtschaft und operative Behörden zusammenarbeiten. Der Schutz der Ostsee als vom Klimawandel besonders betroffenem Binnenmeer hat für uns Priorität. Die Mittel der Meeresnaturschutz- und der Fischereikomponente (Wind-See-Gesetz) sollen als Zustiftung an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), dem Meeresnaturschutz und der nachhaltigen Fischerei zur Verfügung stehen. Wir stehen zur Fischerei und stärken deren Entwicklung entsprechend den Empfehlungen der Zukunftskommission Fischerei (ZKF) und der Leitbildkommission Ostseefischerei. Wir unterstützen Binnenfischerei und Teichwirtschaft. Wir setzen uns mit unseren internationalen Partnern weiterhin für eine vorsorgliche Pause im Tiefseebergbau und für die Erforschung der Tiefsee ein. Genauso wichtig sind uns der Schutz und der Erhalt der Alm- und Alpwirtschaft, insbesondere in den Hochgebirgen. Das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz sowie die darin enthaltene Moorschutzstrategie werden verstetigt. Dabei setzen wir auf Freiwilligkeit, Anreize und Honorierung von Ökosystemleistungen. Wir unterstützen kooperative Modelle für Landwirtschaft, Kommunen und Naturschutz. Wir wollen das Grüne Band im Sinne des Naturschutzes und der spezifischen Erinnerungskultur erhalten. Wir erleichtern in einem Naturflächenbedarfsgesetz die Ausweisung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und die Vernetzung von Ausgleichsmaßnahmen (Biotopverbund). Bei Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz sowie zur Klimaanpassung wollen wir die Notwendigkeit des naturschutzrechtlichen Ausgleichs reduzieren. Wir stärken die kluge Flächennutzung durch Doppel- und Mehrfachnutzungen (produktions- und betriebsintegrierte Kompensation). Wir stärken die

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Flächennutzung (Schutz durch Nutzung) und verbessern so die naturschutzrechtliche Flächenkulisse, um internationale Verpflichtungen erfüllen zu können. Wir bekennen uns zur Verantwortung für die sogenannten „vereinigungsbedingten ökologischen Altlasten“ und werden uns mit den betroffenen ostdeutschen Ländern über eine Fortsetzung der gemeinsam getragenen Sanierungsverpflichtungen verständigen. Obst-, Gemüse- und Weinbau Den Selbstversorgungsgrad mit Obst und Gemüse wollen wir erhöhen und dafür das „Maßnahmenpaket Zukunft Gartenbau“ mit konkreten Schritten umsetzen. Dazu benötigen wir den Einsatz von Saisonarbeitskräften. Beim Weinbau werden wir uns an den Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe der EU zur Zukunft des Weinbaus orientieren und wir prüfen, wie die Arbeitsfähigkeit der Schutzgemeinschaften im Weinsektor sichergestellt werden kann. Zum Einsatz von Saisonarbeitskräften passen wir die Regelung zur kurzfristigen Beschäftigung auf 90 Tage an. Die Ergebnisse der Studie „Frauen im ländlichen Raum“ berücksichtigen wir bei unserer Agrarsozialpolitik. Wir sorgen für eine Stichtagsverlängerung der Tariflichen Zusatzrente für Arbeitskräfte in der Landwirtschaft um zehn Jahre. Waldwirtschaft Wir stehen zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und zur Multifunktionalität des Waldes. Wir wollen die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von klimaresilienten und artenreichen Mischwäldern mit standortgerechten Baumarten sowie die Unterstützung der Waldbesitzer bei der Erbringung von Ökosystemleistungen verbessern. Die Förderung für den Wald über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) und den Aktionsplan Natürlicher Klimaschutz (ANK) wird fortgeführt. Wir werden uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die Forstwirtschaft in Deutschland bei der Anwendung der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte durch die Einführung einer Null- Risiko-Variante umgehend entlastet wird. Ebenso setzen wir uns bei der europäischen Wiederherstellungsverordnung für Erleichterungen ein. Bei der Umsetzung werden wir gemeinsam mit Landbewirtschaftern und Besitzern unseren Fokus auf die Praxistauglichkeit der Maßnahmen legen, genauso bei der Nationalen Biodiversitätsstrategie. Herdenschutz Wir unterstützen den Herdenschutz und setzen den Vorschlag der EU-Kommission zur Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes in der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie unverzüglich in nationales Recht um. Mit den notwendigen Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)

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sorgen wir für eine rechtssichere Entnahme von Wölfen. Wir nehmen den Wolf umgehend ins Jagdrecht auf und erneuern dabei das Bundesjagdgesetz (BJagdG) punktuell. Verbraucherinnen und Verbraucher Unserer Politik liegt ein differenziertes Verbraucherbild zugrunde. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen selbstbestimmt entscheiden können. Wir unterstützen sie durch starke Rechte, Transparenz und Information, Beratung und Bildung, Schutz und Vorsorge. Wir stärken das Vertrauen zwischen Wirtschaft und Verbraucherinnen und Verbrauchern und fördern die Verbraucherarbeit verlässlich. Wir stärken in Absprache mit den Ländern den vorsorgenden Verbraucherschutz, die nicht interessengeleitete Verbraucherbildung (Ernährung, Finanzen, Digitales) und eine kostenlose Schuldnerberatung, die niemanden ausschließt. Wir setzen die Förderung des Netzwerks und der Auszeichnung Verbraucherschule fort. Wir stärken die Verbraucherforschung und prüfen, ob neben den bereits bestehenden Strukturen neue geschaffen werden müssen. Wir erleichtern nachhaltigen Konsum und folgen dem Grundsatz „Reparieren statt Wegwerfen“. Wir setzen uns für mehr Transparenz bei versteckten Preiserhöhungen ein. Lebensmittelverschwendung bekämpfen wir auf allen Ebenen und unterstützen gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln. Wir fördern verstärkt Bewegung und gesunde Ernährung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Nutztierhaltung und Tierschutz Wir bekennen uns zur landwirtschaftlichen Nutztierhaltung und setzen uns für verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit ein. Wir schaffen genehmigungsrechtliche Hürden beim Stallbau ab und schaffen Bestandsschutz für neu- und umgebaute Tierwohlställe für mindestens 20 Jahre und ermöglichen im Baugesetzbuch (BauGB) einen unkomplizierten Tierartenwechsel. Wir führen ein einmaliges Prüf- und Zulassungsverfahren für neue Stallsysteme ein, um langfristigen Investitionsschutz sowie Rechts- und Planungssicherheit für die Landwirtschaft herzustellen. Die Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sollen im Bereich der landwirtschaftlichen Tierhaltung praxistauglich umgestaltet werden. Wir stellen die notwendigen Mittel für den tierwohlgerechten Stallbau auf Grundlage staatlicher Verträge dauerhaft bereit. Wir reformieren unter Einbeziehung der Beteiligten der gesamten Wertschöpfungskette das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz grundsätzlich, um es praxistauglich zu gestalten und auf das Tierwohl auszurichten. Wir werden das Tiergesundheitsrecht harmonisieren und praxistauglich gestalten. Wir werden die Tiergesundheitsstrategie unter Vernetzung der vorhandenen Datenbanken weiterentwickeln. Die Höchstsätze zur Entschädigung im Tierseuchenfall werden wir in angemessener Weise anpassen. Wir prüfen die Videoüberwachung auf Schlachthöfen. Wir werden den Tierschutz stärken und schaffen eine praxistaugliche Rechtsgrundlage für Kontrolle und Kennzeichnung von toten Tieren in Verarbeitungsbetrieben tierischer Nebenprodukte, verbieten den Handel mit Haus- und Heimtieren im

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öffentlichen Raum (unbeschadet Tierbörsen und -märkten) sowie anonym online. Zoologische Gärten sind wichtige Institutionen des Artenschutzes und der Bildung, deren Arbeit und Investitionen wir unterstützen. Zusätzliche Haltungsverbote in zoologischen Einrichtungen lehnen wir ab. Ebenso unterstützen wir Tierheime bei Investitionen. Pflanzenschutz Der effiziente Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist ein wichtiges Instrument der landwirtschaftlichen Erzeugung. Wir werden die Zulassungssituation von Pflanzenschutzmitteln verbessern und für transparente, schnelle und wissenschaftsbasierte Verfahren sowie Effizienz durch Verschlankung der behördlichen Zusammenarbeit sorgen. Gleichzeitig reduzieren wir den Umfang und das Risiko beim Pflanzenschutzmitteleinsatz, unter anderem durch Anreize für die Präzisionslandwirtschaft und integrierten Pflanzenschutz. Wasserstrategie Klimawandel, Trockenheit, Wasserknappheit sowie Starkregenereignisse und Hochwasser sind Herausforderungen in der Wasserwirtschaft. Deshalb setzen wir priorisierte Maßnahmen der nationalen Wasserstrategie um und entwickeln sie gemeinsam mit den Ländern vor dem Hintergrund des Klimawandels weiter. Wir wollen die Infrastruktur für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung fördern und sie langfristig preisstabil und bedarfsgerecht gestalten. Modellvorhaben und besonders energieeffiziente Anlagen wollen wir unterstützen. Wir fördern blau-grüne Infrastruktur, den Wasserrückhalt in der Fläche und die Grundwasserneubildung. Wir setzen unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten und der Verhältnismäßigkeit auf das Verursacherprinzip. Um notwendige länderübergreifende wasserwirtschaftliche Maßnahmen gegen Wassermangel für betroffene Flüsse (wie zum Beispiel die Spree) vorzubereiten, werden wir ein Bund-Länder-Gremium einrichten. Wir prüfen die bessere Finanzierung von notwendigen Infrastrukturmaßnahmen. BVVG-Flächen Die Regeln der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) für die Flächenverpachtung werden zeitnah überprüft. Zur Herstellung von Planungssicherheit bleiben bestehende Pachtverträge für ein weiteres Jahr wirksam. Die BVVG-Flächen werden an die Länder zur Verwaltung übertragen. EU-Bodengesetz Wir lehnen das EU-Bodengesetz ab, um weitere Belastungen zu verhindern. Umweltgenehmigungsrecht Wir werden das Umweltgenehmigungsrecht vereinfachen, Bürokratie abbauen und Verfahren beschleunigen – mit klaren Fristen und Typengenehmigungen. Zudem werden wir nach EU-Recht zulässige Spielräume für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nutzen und diese vereinfachen,

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unter anderem, indem wir Schwellenwerte für Vorhaben mit UVP-Pflicht anheben und eine Aussetzung der UVP-Vorprüfung für Änderungsgenehmigungen prüfen. Wir überprüfen das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz auf über Europarecht hinausgehende Punkte, die wir anpassen werden. Wir streben eine Fokussierung auf unmittelbare Betroffenheit bei Klage- und Beteiligungsrechten an. Wir verschlanken das Umwelt-Informationsgesetz. Moderne Landwirtschaft Wir erschließen die Chancen aus Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz und Bioökonomie. Wir wollen den praxistauglichen Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft ermöglichen, zum Beispiel bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln im Steillagenweinbau. Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) Um die ländliche Entwicklung sowie den Hochwasser- und Küstenschutz zu stärken, werden wir die finanziellen Mittel im Rahmen der GAK deutlich erhöhen. Wir achten auf die föderalen Zuständigkeiten und vereinbaren, dass Bundesförderprogramme im Einklang mit den Förderangeboten der GAK entwickelt werden. Fortbestehende Ursachen für Schwierigkeiten beim Mittelabruf in der GAK wollen wir zeitnah evaluieren. Wir prüfen eine Förderung der Mehrgefahrenversicherung aus Mitteln der GAK. Wir fördern vielfältig strukturierte Agrar-Kultur-Landschaften durch Blühflächen, Hecken, Feldgehölze und Grünstreifen und deren Vernetzung. Wir schaffen Anreize für naturverträgliche Agroforstsysteme. Wir prüfen ein Kulturlandschaftsprogramm zum Erhalt besonders sensibler Kulturlandschaften und fördern die Weidetierhaltung. Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) Wir setzen uns dafür ein, dass für die hohen Anforderungen an die GAP ein entsprechendes GAP- Budget im nächsten EU-Finanzrahmen vorzusehen ist. Wir wollen, dass die GAP ein eigenständiger Politikbereich bleibt, mit der ländlichen Entwicklung als integralem Bestandteil. Die GAP muss darüber hinaus in der ersten Säule einkommenswirksam, bürokratieärmer, transparenter und effizienter ausgestaltet werden. Wir werden dabei die Einkommensanreize für die Erbringung von Klima-, Umwelt- und Tierwohlleistungen deutlich steigern. Jung- und Neulandwirtinnen und -landwirte sollen stärker gefördert werden. Gleichwertigkeit von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft Für uns sind konventionelle und ökologische Landwirtschaft gleichwertige Bewirtschaftungsformen. Der Ökolandbau ist ein wichtiges Element einer nachhaltigen und klimaschonenden Landwirtschaft und ein wichtiger Innovationsmotor. Mit einer Biostrategie werden wir den Ausbau des Ökolandbaus deutlich stärken, indem wir die Mittel für die Forschung und Bildung für den Ökolandbau erhöhen, das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) und Nachfrageimpulse stärken, zum Beispiel durch

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Standards bei Gemeinschaftsverpflegungen. Gleichzeitig reduzieren wir Hindernisse bei Erhalt und Ausbau des Ökolandbaus. Wir werden das mit der EU-Kommission vereinbarte Monitoring im Düngegesetz verankern. Wir schaffen die Stoffstrombilanzverordnung ab. Wir schaffen ein Instrument, um zukünftig die besonders wasserschonend wirtschaftenden Betriebe in roten Gebieten von Auflagen zu befreien. Wir setzen uns für eine umfassende und ambitionierte EU-Eiweißstrategie ein und stärken den heimischen Anbau von Eiweißpflanzen, um den Import zu verringern. Wir fördern die Entwicklung und Markteinführung nachhaltiger alternativer Proteine. Faire Wettbewerbsbedingungen Wir unterstützen die Evaluierung und die Überarbeitung der Umsetzung der EU-Richtlinie über unfaire Handelspraktiken, um einen Wettbewerb mit fairen Erzeugerpreisen im Lebensmittelmarkt zu ermöglichen. Wir führen eine unabhängige und weisungsfreie Ombudsperson ein. Wir bekennen uns zu den hohen Standards unserer Landwirtschaft und werden uns daher im Rahmen neuer WTO- Verhandlungen für gleichwertige Spiegelklauseln bei Lebensmittelimporten einsetzen. Mit einer modernen Agrarexportstrategie werden wir insbesondere kleine und mittlere Unternehmen unterstützen, kaufkräftige Märkte zu erschließen und Agrarexporte nachhaltig zu steigern. Wir werden eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage sowie weitere finanzielle Anreize zur Wettbewerbsfähigkeit schaffen und ausbauen. Agrardiesel-Rückvergütung und alternative Kraftstoffe Wir werden die Agrardiesel-Rückvergütung vollständig wieder einführen. Wir wollen den Einsatz alternativer Kraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft von der Energiesteuer befreien. Bürokratieabbau Wir werden gemeinsam mit den Ländern und dem Berufsstand Agraranträge vereinheitlichen und vereinfachen und die Entwicklung von digitalen Anträgen in der Landwirtschaft vorantreiben. Die Bundesregierung wird sich auf EU-Ebene für eine Überprüfung der Berichtspflichten im Bereich der Kreislaufwirtschaft einsetzen und auf nationaler Ebene die Notwendigkeit und Angemessenheit von Berichtspflichten prüfen. Wir werden die Arbeit des bestehenden Bund-Länder-Gremiums fortführen, die 194 Vorschläge der Länder zum Bürokratierückbau neu bewerten und Bürokratie-Praxischecks einführen. Die Entbürokratisierung in der Land- und Forstwirtschaft darf dabei nicht zu einer Absenkung des Ambitionsniveaus im Umwelt- und Klimaschutzbereich führen. Wir werden das Agrarstatistikgesetz novellieren. Dies dient der Entlastung von Unternehmen, indem die ohnehin bei Behörden

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vorliegenden Daten auch für statistische Erhebungen nutzbar gemacht und damit Doppelmeldungen der Betriebe beendet werden. In Planungs- und Genehmigungsverfahren werden wir unter anderem Bagatellschwellen weiter gestalten. Wir werden die Genehmigungsverfahren bei Hochwasser- und Küstenschutz beschleunigen. Wir werden unnötige doppelte Meldungen und Aufzeichnungspflichten, wie beispielsweise im Bereich der Tierarzneidatenbank, abschaffen und Datenbanken zusammenführen. Unabhängig davon sind notwendige Daten weiterhin zu erheben, entbehrliche Berichte sollen zur Entlastung von Behörden und Wirtschaft abgeschafft oder, soweit sinnvoll, zusammengefasst und harmonisiert werden.

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2. Wirkungsvolle Entlastungen, stabile Finanzen, leistungsfähiger Staat

2.1. Haushalt, Finanzen und Steuern

Wachstum und Zusammenhalt sind die Leitlinien unserer Haushalts- und Finanzpolitik. Wir stärken Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und garantieren zugleich äußere, innere und soziale Sicherheit. Unternehmensteuer und Investitionen Wir werden einen Investitions-Booster in Form einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 einführen. Wir werden die Körperschaftssteuer in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt senken, beginnend mit dem 01.01.2028. Beide Entscheidungen werden in einem Gesetzgebungsverfahren gemeinsam abgeschlossen. Die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland unterliegt der Einkommensteuer. Um eine rechtsformneutrale Besteuerung zu ermöglichen, werden wir insbesondere das Optionsmodell nach § 1a Körperschaftsteuergesetz (KStG) und die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a Einkommensteuergesetz (EstG) wesentlich verbessern. Wir prüfen, ob ab dem Jahr 2027 die gewerblichen Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in den Geltungsbereich der Körperschaftsteuer fallen können. Einkommensteuer Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken. Wir werden die Schere zwischen der Entlastungswirkung der Kinderfreibeträge und dem Kindergeld schrittweise verringern. Durch eine gesetzliche Regelung stellen wir sicher, dass bei einer Erhöhung des Kinderfreibetrags auch eine adäquate Anhebung des Kindergelds erfolgt. Wir werden die finanzielle Situation von Alleinerziehenden durch Anhebung oder Weiterentwicklung des Alleinerziehenden-Entlastungsbetrags verbessern. Der Solidaritätszuschlag bleibt unverändert bestehen. Gewerbesteuer Kommunen können ihre Gewerbesteuerhebesätze im Rahmen der rechtlichen Vorgaben selbst festlegen, was aufgrund des niedrigen Mindesthebesatzes zu kommunalen Steuersatzgefällen führt. Dies kann für Unternehmen Anreize bieten, lediglich vorzugeben, dass sie ihre Geschäftstätigkeit in einer Kommune mit einem niedrigen Gewerbesteuerhebesatz ausüben. Wir werden alle zur Verfügung

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stehenden administrativen Maßnahmen ergreifen, um derartigen Scheinsitzverlegungen in Gewerbesteuer-Oasen wirksam zu begegnen. Der Gewerbesteuer-Mindesthebesatz wird von 200 auf 280 Prozent erhöht. Aussetzung Globale Mindeststeuer An der Mindeststeuer für große Konzerne halten wir fest. Wir unterstützen die Arbeiten auf internationaler Ebene für eine dauerhafte Vereinfachung der Mindeststeuer. Gleichzeitig beobachten wir die Auswirkungen auf die globale Steuerarchitektur durch internationale Divergenzen und werden uns auch auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass daraus keine Benachteiligung unserer Unternehmen im internationalen Wettbewerb resultiert. Steuerlicher Querverbund Wir passen den steuerlichen Rechtsrahmen für den Querverbund an, um den Fortbestand der kommunalen Daseinsvorsorge dauerhaft zu sichern. Steuerliche Anreize für Mehrarbeit Wer freiwillig mehr arbeiten will, soll mehr Netto vom Brutto haben. Wir stellen umgehend Überstundenzuschläge steuerfrei, die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen. Steuerliche Anreize für freiwilliges längeres Arbeiten Zusätzliche finanzielle Anreize sollen geschaffen werden, damit sich freiwilliges längeres Arbeiten mehr lohnt. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, wird sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten. Fehlanreize und Mitnahmeeffekte werden wir vermeiden. Wir prüfen dabei insbesondere die Nichtanwendbarkeit der Regelung bei Renteneintritten unterhalb der Altersgrenze für die Regelaltersrente, die Beschränkung der Regelung auf Einkommen aus sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und die Anwendung des Progressionsvorbehalts. Steuerliche Begünstigung von Prämien zur Ausweitung der Arbeitszeit Wir setzen Anreize zur Ausweitung der Arbeitszeit. Wenn Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit auf dauerhaft an Tarifverträgen orientierte Vollzeit zahlen, wird diese Prämie steuerlich begünstigt. Fehlanreize und Mitnahmeeffekte werden wir dabei vermeiden. Pendlerpauschale Wir werden die Pendlerpauschale zum 01.01.2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer dauerhaft erhöhen.

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Ehrenamt und Gemeinnützigkeit Wir werden die Übungsleiterpauschale auf 3.300 Euro und die Ehrenamtspauschale auf 960 Euro anheben. Wir werden die Freigrenze aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb für gemeinnützige Vereine auf 50.000 Euro erhöhen. Der Katalog der gemeinnützigen Zwecke wird modernisiert. Das Gemeinnützigkeitsrecht wird vereinfacht. Gemeinnützige Organisationen mit Einnahmen bis 100.000 Euro nehmen wir vom Erfordernis einer zeitnahen Mittelverwendung aus. Erzielen gemeinnützige Körperschaften aus wirtschaftlichen Tätigkeiten weniger als 50.000 Euro Einnahmen im Jahr, muss keine Sphärenaufteilung mehr erfolgen, ob diese Einnahmen aus einem Zweckbetrieb oder aus einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stammen. Finanztransaktionsteuer Wir unterstützen eine Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene. Umsatzsteuer in der Gastronomie Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie wird zum 01.01.2026 dauerhaft auf sieben Prozent reduziert. Stromsteuer Für schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro kWh werden wir in einem ersten Schritt die Stromsteuer für alle so schnell wie möglich auf das europäische Mindestmaß senken und die Übertragungsnetzentgelte reduzieren. Agrardiesel-Rückvergütung Wir werden die Agrardiesel-Rückvergütung vollständig wieder einführen. Steuerhinterziehung und -vermeidung Wir sind uns einig, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und ein wirksamer Steuervollzug für die Sicherung der Einnahmen und die Handlungsfähigkeit des Staates unerlässlich sind. Wir werden notwendige weitere gesetzliche Maßnahmen hierzu prüfen. Insbesondere werden wir im Kontext der Evaluation der bestehenden Registrierkassenpflichten etwaigen erkannten Defiziten Rechnung tragen. Um gegen Steueroasen wirksam vorgehen zu können, setzen wir uns außerdem für die konsequente Aufnahme unkooperativer Steuerhoheitsgebiete in die „Schwarze Liste“ der EU ein. Die Möglichkeiten zur Telefonüberwachung bei besonders schweren Fällen der bandenmäßigen Steuerhinterziehung sollen erweitert werden. Zur Vermeidung etwaiger unberechtigter Vergünstigungen bei der Dividendenbesteuerung („Cum- Cum-Geschäfte“) werden wir weitere Maßnahmen prüfen.

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Schließlich wollen wir zur Stärkung der evidenzbasierten Politikberatung die empirische Steuerforschung in Zusammenarbeit mit den Ländern in leistungsfähige Strukturen überführen. Finanzkontrolle Schwarzarbeit Wir stärken die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, um härter gegen diejenigen vorzugehen, die illegale Beschäftigung betreiben oder die schwarzarbeiten. Steuerbürokratie reduzieren Wir setzen uns für eine Steuervereinfachung durch Typisierungen, Vereinfachungen und Pauschalierungen ein, damit unser Steuersystem von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert wird. Dabei prüfen wir insbesondere eine Arbeitstagepauschale, in der wir Werbungskosten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusammenfassen können. Wir wollen auch die Besteuerung der Rentnerinnen und Rentner vereinfachen. Generell sollen diese Gruppen von Erklärungspflichten so weit als möglich entlastet werden. Wir werden bei jedem steuerrelevanten Gesetzgebungsverfahren auf Vereinfachung und Digitalisierbarkeit achten. Mit stärkerer Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz stärken wir die Finanzverwaltung. Einhergehend werden wir die digitale Abgabe von Steuererklärungen schrittweise verpflichtend machen. Für einfache Steuerfälle sollen vorausgefüllte und automatisierte Steuererklärungen sukzessive ausgeweitet werden. Ziel ist es auch, Körperschaften und Personengesellschaften sukzessive auf die Selbstveranlagung umzustellen. Riester-Rente Wir werden die bisherige Riester-Rente in ein neues Vorsorgeprodukt überführen, von bürokratischen Hemmnissen befreien und mit dem Verzicht auf zwingende Garantien sowie der Reduzierung der Verwaltungs-, Produkt- und Abschlusskosten reformieren. Wir prüfen eine Ausweitung des Kreises der Förderberechtigten. Wir wollen dieses neue Produkt mit einer möglichst einfachen staatlichen Förderung für Bezieherinnen und Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen begleiten. Kern der reformierten Riester-Rente wird ein Anlageprodukt sein, das es auch in Form eines Standardproduktes geben soll. Geldwäschebekämpfung und Zollfahndung Wir werden Geldwäsche und Finanzkriminalität entschieden bekämpfen. Dazu werden wir die Kompetenzen des Bundes im Bereich der Finanzkriminalität bündeln. Im Hinblick auf die nächste Prüfung der Financial Action Task Force (FATF) werden wir entscheidende Verbesserungen bei der Geldwäschebekämpfung vornehmen. Wir wollen insbesondere Austausch und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Bereich der Geldwäsche sowie mit nationalen und internationalen Organisationen, der EU und der europäischen

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Aufsichtsbehörde AMLA verbessern. Wir schließen Lücken im Transparenzregister. Sind ein oder mehrere wirtschaftlich Berechtigte nicht zu ermitteln, so dürfen Rechtsgeschäfte juristischer Personen, die den Betrag von 10.000 Euro netto überschreiten, von geldwäscherechtlich Verpflichteten nicht getätigt werden. Wir werden ein administratives, verfassungskonformes Vermögensermittlungsverfahren schaffen mit dem Ziel, verdächtige Vermögensgegenstände von erheblichem Wert sicherzustellen, bei denen Zweifel an einem legalen Erwerb nicht ausgeräumt werden können (Suspicious Wealth Order). Die bestehenden Vermögenseinziehungsinstrumente werden wir fortentwickeln und um ein Einziehungsverfahren für Vermögensgegenstände ungeklärter Herkunft erweitern. Kapitalmarktregulierung Wir nehmen einen leistungsfähigen Kapitalmarkt als ein industriepolitisches Ziel wahr. Wir wollen den Finanzplatz Deutschland stärken. Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und den europäischen Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen zu vollenden, engagieren wir uns für eine einheitliche europäische Finanzregulierung und verzichten in diesem Zusammenhang auch auf Goldplating. Wir setzen uns dafür ein, dass die EU-Kommission regelmäßig einen Bericht zur europäischen Finanzmarktregulierung erstellt, der die hiesige Regulierung mit der in großen Finanzplätzen außerhalb der EU im Lichte wachsender internationaler Divergenzen vergleicht und Handlungsoptionen im Hinblick auf die Resilienz und Stabilität, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Finanzmärkte entwickelt. Wir werden darauf achten, dass die Ergebnisse dieser Berichte bei künftigen Regulierungsinitiativen auf europäischer und nationaler Ebene angemessene Berücksichtigung finden. Wir werden im Kapitalmarktrecht einen rechtssicheren und europäisch wettbewerbsfähigen Rahmen für Investitionen von Fonds in Infrastruktur und Erneuerbare Energien schaffen. Dabei sind auch steuerrechtliche Regelungen zielgerichtet anzupassen. Rahmenbedingungen für Start-ups werden wir weiter verbessern. Dafür werden wir insbesondere die Verfügbarkeit von Wagniskapital durch bessere Beteiligungsmöglichkeiten institutioneller Investoren erhöhen. Bargeld, digitaler Euro und Akzeptanz digitaler Zahlungen Wir stellen sicher, dass jeder weiterhin selbst entscheiden kann, wie er bei Geschäften des Alltags bezahlt. Das Bargeld als gängige Zahlungsform erhalten wir. Wir setzen uns für echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr ein und wollen, dass grundsätzlich Bargeld und mindestens eine digitale Zahlungsoption schrittweise angeboten werden sollen. Wir unterstützen einen digitalen Euro, der sowohl im Groß- als auch im Einzelhandel einen echten Mehrwert liefert sowie das Bargeld ergänzt, die Privatsphäre der Verbraucherinnen und Verbraucher

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schützt, kostenfrei für Verbraucherinnen und Verbraucher nutzbar ist und die Finanzstabilität nicht beeinträchtigt. Altmittel nationale Bankenabgabe Wir werden die sogenannten Altmittel aus der früheren Bankenabgabe in Höhe von zwei Milliarden Euro gemeinsam mit der deutschen Kreditwirtschaft in einen Mittelstand-Fonds einbringen, der gehebelt bis zu zehn Milliarden Euro Eigen- und Fremdkapital für die digitale und klimaneutrale Transformation großer deutscher Mittelständler mit begrenztem Zugang zum Kapitalmarkt bereitstellt. Europäische Bankenunion Wir setzen uns für die Weiterentwicklung der europäischen Spar- und Investitionsunion beziehungsweise Banken- und Kapitalmarktunion ein, um die Wachstumsfinanzierung in Europa zu stärken und einen einheitlichen Finanzmarkt zu schaffen. Um unser Bankensystem aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken zu erhalten, berücksichtigen wir die Belange kleinerer Banken und Sparkassen bei Änderungen der Regulierung konsequent und stärken insgesamt den Banken- und Finanzstandort Deutschland. Dies gilt auch für die risikoadäquate Ausgestaltung eines europäischen Systems der Einlagensicherung, das die Erfordernisse unseres dreigliedrigen Bankensystems zwingend berücksichtigen muss. Eine vergemeinschaftete europäische Einlagensicherung (EDIS) ohne Vorbedingungen lehnen wir ab. Regulierung Kryptowerte, Grauer Kapitalmarkt und Schattenbanken Die Regulierung von Kryptowerten, des Grauen Kapitalmarkts und der Schattenbanken werden wir auf Lücken überprüfen und diese gegebenenfalls schließen. Basiskontenentgelte und Dispozinsen Wir prüfen, ob zur Durchsetzung angemessener marktüblicher Entgelte Kostendeckel für Basiskontenentgelte und Dispozinsen erforderlich sind oder an der bisherigen Rechtslage festgehalten werden sollte. Provisionen für Finanzberatung Die honorar- und provisionsbasierte Finanzberatung werden wir nebeneinander erhalten. Wir wollen prüfen, ob die Instrumente der Missstandsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht (BaFin) derzeit ausreichen, um Fehlanreize in der Finanzberatung zu verhindern. Reform Schuldenbremse Wir werden eine Expertenkommission unter Beteiligung des Deutschen Bundestages und der Länder einsetzen, die einen Vorschlag für eine Modernisierung der Schuldenbremse entwickelt, die dauerhaft

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zusätzliche Investitionen in die Stärkung unseres Landes ermöglicht. Auf dieser Grundlage wollen wir die Gesetzgebung bis Ende 2025 abschließen. Grundsätze der Haushaltspolitik – Solide Haushaltspolitik und allgemeiner Haushaltsvorbehalt für den gesamten Koalitionsvertrag Tragfähige Staatsfinanzen sind elementare Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Staat. Wir stehen für eine Haushalts- und Finanzpolitik, die die Grundlage für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft ist. Trotz der mit der Grundgesetzänderung vorgenommenen Maßnahmen steht der Bundeshaushalt weiter unter einem hohen Konsolidierungsdruck. Solide Finanzen sind auch ein Gebot der Generationengerechtigkeit. Folgende Leitlinien für eine zukunftsgerichtete Haushalts- und Finanzpolitik sind für uns bindend:

  1. Wir werden zum Top-Down-Verfahren durch die Vorgabe von Eckwerten (Kabinettbeschluss) im Rahmen der Haushaltsaufstellung zurückkehren.
    1. Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt. Es ist entscheidend, dass Haushaltskonsolidierung als gesamtstaatliche Aufgabe verstanden wird.
  2. Eine Überprüfung aller staatlich übernommenen Aufgaben hinsichtlich ihrer Notwendigkeit erachten wir als zwingend.
  3. Bei zusätzlichen Maßnahmen außerhalb des beschlossenen Finanzrahmens soll grundsätzlich eine vollständige und dauerhafte Gegenfinanzierung im jeweiligen Etat des Bundeshaushalts sichergestellt werden.
  4. Weitere Maßnahmen, auf die sich die Koalition über diesen Koalitionsvertrag hinaus einigt, können nur finanziert werden, wenn sich zusätzliche finanzielle Spielräume ergeben oder eine entsprechende unmittelbare, vollständige und dauerhafte Gegenfinanzierung sichergestellt ist.
  5. Wir werden noch im Jahr 2025 eine Aufgaben- und Ausgabenkritik mit folgenden Schwerpunkten beginnen: a) Alle Subventionen werden wir einer eingehenden Prüfung unterziehen. b) Wir wollen vor allem den Aufwuchs der konsumtiven Ausgabereste in den Einzelplänen wirksam eindämmen. c) Im Zuge von Digitalisierung und bei verstärktem Einsatz von Künstlicher Intelligenz gilt es mögliche Effizienzpotenziale zu heben. d) Wir wollen alle Förderprogramme auf ihre Zielgerichtetheit und Wirksamkeit hin überprüfen und die Förderkulisse insgesamt effektiver ausrichten.

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e) Wir werden das Zuwendungsrecht verschlanken und vereinheitlichen. f) Wir prüfen die Einführung eines ziel- und wirkungsorientierten Haushaltswesens. Sondervermögen Infrastruktur Eine funktionierende Infrastruktur ist die Basis für Wohlstand, gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Deutschland braucht deshalb einen Booster bei der Infrastruktur. Das betrifft Krankenhäuser und Schulen ebenso wie Brücken und Schienen. Mit dem Sondervermögen Infrastruktur werden wir unser Land in den kommenden Jahren systematisch modernisieren. Wir sind sicher: Deutschland kann seine Probleme aus eigener Kraft lösen. Diesen Beweis wollen wir als Koalition antreten. Wir wollen in den kommenden vier Jahren zeigen, dass Deutschland wieder nach vorne kommt. Die Schaffung eines 500 Milliarden Euro starken Sondervermögens für Infrastruktur und Klimaneutralität soll eine entscheidende Weichenstellung für eine langfristige, positive wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands sein. Sanieren, Bauen, Zukunft gestalten, das ist das Gebot der Stunde. Unser Ziel ist es, durch eine moderne intakte Infrastruktur eine deutliche Steigerung von Wachstum und Wertschöpfung in Deutschland zu erreichen. Aktuelle Zahlen zeigen: Investitionen in Infrastruktur können die Wertschöpfung im Verhältnis eins zu drei steigern, das heißt: Jeder investierte Euro in Infrastruktur lässt das Bruttoinlandsprodukt um fast drei Euro steigen. Wachstum ist dabei zwingende Voraussetzung, um Wohlstand in Deutschland zu erhalten und die durch die zusätzlichen Schulden steigenden Zinszahlungen nachhaltig tragen zu können. Es ist ein Gebot der Generationengerechtigkeit, verantwortungsvoll mit dem Geld umzugehen, Wachstum zu schaffen und Vertrauen in die Problemlösungskompetenz des Staates zurückzugewinnen. Dafür müssen wir besser werden und staatliche Entscheidungen, Prozesse und Strukturen modernisieren. Unser Ziel: Deutschland in neuer Geschwindigkeit zu neuer Stärke führen. Mit dem Errichtungsgesetz zum Sondervermögen werden wir klare Ziele und Investitionsfelder definieren, eine Erfolgskontrolle verknüpfen und wo möglich privates Kapital hebeln. Wir werden die Mittel im jährlichen Wirtschaftsplan sorgsam und umsichtig veranschlagen. Dabei ist für Länder und Kommunen, die einen Großteil der Investitionstätigkeit in Deutschland stemmen, ein Anteil von 100 Milliarden Euro vorgesehen. Weitere 100 Milliarden Euro werden schrittweise dem Klima- und Transformationsfonds zugeführt. Aus dem Bundesanteil des Sondervermögens werden in den Jahren 2025 bis 2029 Maßnahmen in Höhe von insgesamt rund 150 Milliarden Euro finanziert. Um die dringend benötigten Investitionen mit den Mitteln des zeitlich befristeten Sondervermögens Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen schnell zu tätigen, werden wir die Möglichkeiten zur

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Beschleunigung von Planung und Genehmigung, Beschaffung und Vergabe der Infrastrukturprojekte aus dem Sondervermögen ausschöpfen. Haushaltskonsolidierung Wir werden in dieser Legislaturperiode einen erheblichen Konsolidierungsbeitrag erbringen. Dieser besteht unter anderem aus: Reduzierung aller sächlichen Verwaltungsausgaben aller Einzelpläne (Sicherheitsbehörden ausgenommen) mit dem Ziel eines Abbaus von zehn Prozent bis 2029; Stellenabbau in der Bundesverwaltung um acht Prozent (zwei Prozent/Jahr) (Ausnahme für Sicherheitsbehörden); Reduzierung der Ausgaben für externe Berater in allen Einzelplänen; Halbierung der Beauftragten des Bundes; Einsparungen von insgesamt einer Milliarde Euro bei den Förderprogrammen im Bundeshaushalt insgesamt; Kürzung bei den freiwilligen Beiträgen zu internationalen Organisationen; Einsparung bei der ODA-Quote; Straffung, Konzentrierung und Kürzung von Förderprogrammen im Klima- und Transformationsfonds; Einsparungen beim Bürgergeld durch eine reformbedingt und zu erwartende bessere Arbeitsmarktintegration. Bei der Tabaksteuer schreiben wir den geltenden Aufwuchspfad über das Jahr 2026 hinaus fort. Wir erzielen darüber hinaus Mehreinnahmen durch eine Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die Einstellung weiterer Betriebsprüfer beim Bund sowie bessere IT und Maßnahmen zur Eindämmung von Umsatzsteuerbetrug. Sanierung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) Wir konzentrieren den Klima- und Transformationsfonds auf die zentralen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Wir werden die Effizienz der Mittelvergabe steigern und stärker an den Kriterien der CO2-Vermeidung und des sozialen Ausgleichs ausrichten. Wir werden die bestehenden sehr hohen pauschalen Kürzungsvorgaben auflösen und Kleinstprogramme mit perspektivisch weniger als 50 Millionen Euro Fördervolumen auslaufen lassen. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung geben wir an Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft zurück: durch eine spürbare Entlastung beim Strompreis und durch die Förderung von Investitionen in die Klimaneutralität. Wir führen dem KTF aus dem Sondervermögen jedes Jahr Mittel in Höhe von rund zehn Milliarden Euro zu. Alle Einnahmen stehen grundsätzlich dem Gesamthaushalt zur Verfügung.

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Parlamentarische Mitwirkungsrechte Wir wollen im Sinne des Bürokratieabbaus die Berichtspflichten der Ressorts an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages reduzieren. Aus vergangenen Legislaturperioden angeforderte Berichte sollen nur aufrechterhalten werden, wenn der Haushaltsausschuss dies ausdrücklich beschließt. Die parlamentarische Kontrolle und Steuerung von Gesellschaften des Bundes durch die Benennung von Mitgliedern des Deutschen Bundestages in deren Aufsichtsräten wollen wir sicherstellen. Dies gewährleistet eine engere Überwachung der finanziellen und operativen Risiken durch den Haushaltsgesetzgeber. Verschlankung Förderwesen Wir wollen eine Reform der Bundeshaushaltsordnung durchführen und im Zuge dessen das Förderwesen des Bundes effizienter und zielgerichteter ausstatten und vereinfachen. Wir sehen die Länder und Kommunen als Partner auf Augenhöhe. Als Zeichen der vertrauensvollen Zusammenarbeit der staatlichen Ebenen werden wir die Förderbedingungen erheblich entbürokratisieren und die Mittel zweckbezogen verausgaben. Ausufernde Förderbestimmungen, Zweckverwendungsnachweise und weitere Formalitäten werden wir deutlich reduzieren. Wir werden daher mehr Fördermittel pauschal zuweisen. Die Länder und Kommunen sichern zu, dass die Mittel im Sinn des Förderzwecks verwendet werden. Der Grundsatz „so viel wie nötig und so wenig wie möglich“ ist hierbei für uns leitend. Sondervermögen Wir wollen alle bestehenden Sondervermögen auf ihre Notwendigkeit hin überprüfen und gegebenenfalls in den Bundeshaushalt überführen. Das Sondervermögen „Aufbauhilfe 2021“ wird fortgeführt. Wir werden die versprochenen Hilfen vollumfänglich fortsetzen. Verteidigungsausgaben, Parlamentsbeteiligung, Umgang Ertüchtigungshilfe Mit der Ausnahme der Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des BIP von der Schuldenregel haben wir die Grundlage geschaffen, in einer veränderten internationalen Sicherheitsordnung dauerhaft mehr Verantwortung übernehmen zu können. Wir bekennen uns klar zu unserer Verantwortung in der NATO und zu einer starken europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Wir werden unsere internationalen Verpflichtungen umfänglich erfüllen. Wir schlagen ein Bundeswehrplanungsgesetz vor. Wir geben damit parlamentarisch einen fachgesetzlichen Rahmen für eine angemessene Ausstattung der Bundeswehr vor und schaffen die Grundlage für die Bereitstellung der entsprechenden Finanzmittel im Bundeshaushalt. Damit wollen wir auch Parlamentsrechte stärken. Bestehende Parlamentsrechte bleiben erhalten.

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Strategische Weiterentwicklung des Beteiligungsportfolios des Bundes Wir wollen Deutschland krisenfester sowie resilienter machen. Dazu wollen wir auch das Beteiligungsportfolio des Bundes strategisch weiterentwickeln. Mit einer übergeordneten Strategie für die Beteiligungspolitik des Bundes werden wir dafür den Rahmen setzen. Die Wahrung unserer Sicherheitsinteressen, die Krisenvorsorge und die Versorgungssicherheit sind hierbei für uns leitend. Auf dieser Basis wollen wir unter anderem die Möglichkeiten von strategischen staatlichen Beteiligungen im Rüstungsbereich und im Energiesektor prüfen. Bundesimmobilien Der Bund ist im Rahmen seiner Möglichkeiten bereit, die Länder und Kommunen auch weiterhin durch die vergünstigte Abgabe von nicht benötigten Grundstücken für Wohnungsbau und weitere öffentliche Zwecke zu unterstützen. Zukunftspakt Bund, Länder und Kommunen Mit einem Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen werden wir die finanzielle Handlungsfähigkeit stärken und eine umfassende Aufgaben- und Kostenkritik vornehmen. Wir erkennen die zentrale Rolle der Kommunen in der Umsetzung staatlicher Aufgaben an und setzen uns für eine faire Aufgaben- und Finanzierungsverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen ein. Dabei stellen wir sicher, dass kommunale Aufgaben angemessen ausgestattet werden und neue Verpflichtungen mit einer entsprechenden finanziellen Unterstützung einhergehen. Bei Gesetzen, die die Kommunen betreffen, prüfen wir ab sofort die Kommunalverträglichkeit mit Blick auf finanzielle und organisatorische Auswirkungen unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände. Bundesstaatlicher Finanzausgleich, kommunale Altschulden und AAÜG Zur Lösung der kommunalen Altschuldenproblematik wird sich der Bund in dieser Legislatur mit 250 Millionen Euro pro Jahr an Maßnahmen der Länder, die ihre Kommunen durch eine landesseitige Übernahme übermäßiger Kassenkredite entlasten, finanziell zur Hälfte beteiligen. Der Bund wird für den gleichen Zeitraum die Geberländer im bundesstaatlichen Finanzausgleich um 400 Millionen Euro pro Jahr entlasten. Diese Summe ist entsprechend des Anteils des jeweiligen Landes an den Gesamtnettozahlungen in den Finanzausgleich aufzuteilen und an dieses direkt zu leisten. Der Bund wird die ostdeutschen Bundesländer entlasten, indem er bei dem Gesetz zur Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (AAÜG) in der Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern weitere zehn Prozentpunkte übernimmt.

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2.2. Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung und moderne Justiz

Die Modernisierung braucht neue Impulse. Die Koalition will in den kommenden vier Jahren zeigen, dass Deutschland zurück ist. Dafür müssen wir in vielen Bereichen besser werden und staatliche Entscheidungen, Prozesse und Strukturen modernisieren. Wir wollen als Bundesregierung zeigen, dass es geht, und vorangehen. Wir wollen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unseren Staat stärken. Dafür braucht die Politik eine ernsthafte und konsequente Bereitschaft zu Reformen. Durch eine grundlegende Modernisierung, Verwaltungsreform, einen umfassenden Rückbau der Bürokratie, Ziel- und Wirkungsorientierung und durch eine verlässliche Justiz werden wir unseren Staat wieder leistungsfähig machen. Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft stellen wir in den Mittelpunkt unseres Handelns. Damit Investitionen wirken, werden wir das gesamte Staatshandeln mit Effizienzsteigerungen und Digitalisierung begleiten und dadurch eine Modernisierungsrendite erzielen. Staatsmodernisierung Deutschland braucht eine echte Staatsreform Grundlegende Strukturreformen sind eine Gelingensbedingung für den Erfolg unserer Regierung. Wir erarbeiten in 2025 eine ambitionierte Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung, durch die wir unter anderem die Bundesverwaltung ressortübergreifend modernisieren, einen Effizienzfonds einführen und unseren Staat insgesamt von den Bürgerinnen und Bürgern her denken. Dabei werden wir insbesondere Vorschläge der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ aufgreifen. Neues Leitbild für Regierung und Verwaltung Unsere Verwaltung soll vernetzt, effizient und leistungsfähig sowie niedrigschwellig und nutzerfreundlich für alle erreichbar sein. Dazu wollen wir Verwaltungsleistungen digitalisieren und barrierefrei anbieten. Im Mittelpunkt stehen dabei stets die Menschen und Unternehmen, denen wir als Partner und Ermöglicher begegnen wollen. Dazu braucht es einen Mentalitätswechsel. Digitale Verwaltung mit antraglosen Verfahren Verwaltungsprozesse müssen sich an Lebenslagen orientieren. Wir werden dabei zunehmend antragslos arbeiten. Etwa nach der Geburt eines Kindes sollen Eltern automatisch einen Kindergeldbescheid erhalten. Die Verwaltungsmodernisierung von Sozialleistungen werden wir generell zur Blaupause machen. Wir setzen auf konsequente Digitalisierung und „Digital-Only“: Verwaltungsleistungen sollen unkompliziert digital über eine zentrale Plattform („One-Stop-Shop“) ermöglicht werden, das heißt ohne Behördengang oder Schriftform. Jeder Bürger und jede Bürgerin erhält verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität. Wir werden die EUDI-Wallet für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bereitstellen, mit der Identifikation, Authentifizierung und Zahlungen ermöglicht werden. Wer den digitalen Weg nicht gehen will oder kann, erhält Hilfe vor Ort.

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Für Unternehmen, Selbstständige und Vereine schaffen wir spezifische Zugänge. Etwa Unternehmensgründungen wollen wir innerhalb von 24 Stunden möglich machen. Verwaltungskonsolidierung – Aufgabenkritik, Personaleinsparungen und Verwaltungsreform Wir stellen behördenübergreifend Aufgaben, Institutionen und Behörden auf den Prüfstand. Durch eine gesteuerte Aufgaben- und Ausgabenkritik werden wir politische Prioritäten besser setzen und die Arbeit der Bundesverwaltung effizienter organisieren. Wir müssen und wollen mit weniger Personal gute Arbeit machen. Wir werden den Personalbestand in der Ministerial- und Bundestagsverwaltung sowie in bestimmten nachgeordneten Behörden bis zum Jahr 2029 um mindestens acht Prozent reduzieren. Das ausgeuferte Beauftragtenwesen des Bundes reduzieren wir um rund 50 Prozent. Im Rahmen einer ressortübergreifenden Verwaltungsreform wollen wir die Rekordanzahl von mittlerweile über 950 Bundesbehörden durch Zusammenlegungen und durch einen Abbau von Redundanzen reduzieren. Bundesressorts sollen sich auf ministerielle Aufgaben konzentrieren. Auch die ministerielle Rechts- und Fachaufsicht wird modernisiert. Den Einsatz externer und kostenintensiver Berater werden wir durch bessere Steuerung auf das Minimum reduzieren. Ressortübergreifende Zusammenarbeit Wir werden Silodenken überwinden und das Ressortprinzip in unserer Zusammenarbeit neu interpretieren. Wir arbeiten durch Missionsorientierung in ressortübergreifenden Strategien und Aufgaben und folgen dem „Whole of Government-Ansatz“. Wir stärken interministerielle Projektteams, die Fachwissen bündeln und interdisziplinär arbeiten. Das Instrument der strategischen Vorausschau werden wir wirksam verankern. Gebündelte Service-Einheiten statt Doppelstrukturen Die Erledigung standardisierbarer Aufgaben wie Personal, IT, Datenschutz, Vergabe und Beschaffungen, Compliance sowie übergreifende Kommunikationsmaßnahmen werden wir in leistungsfähigen gebündelten Service-Einheiten zusammenfassen. Wir bündeln Personaldienstleistungen wie etwa Personalgewinnungsverfahren, Personalplanung, Personalentwicklung, Schaffung von Poollösungen und einheitliche Beurteilungsstandards für die Bundesverwaltung. Kulturwandel und moderne Führung Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind Stabilitätsanker des deutschen Staates. Wir werden eine moderne und wertschätzende Führungskultur etablieren und fördern zuständigkeitsübergreifendes Denken, Entscheidungsfreudigkeit und ein Ausschöpfen von Handlungsspielräumen. Wir führen durch Ziele und schaffen Freiräume. Dafür ist der Rückhalt der Führungskräfte unerlässlich. Wir werden ein ressortübergreifendes Programm zur Führungskräfte- entwicklung einführen und fördern Hospitationen zur Stärkung der Praxisorientierung.

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Öffentlichen Dienst attraktiver machen Wir sichern durch eine Fachkräfteoffensive die Qualität und Verlässlichkeit im öffentlichen Dienst. Dazu gehören für uns: mehr Frauen in Führungspositionen, flexiblere Arbeitszeitmodelle, bessere Möglichkeiten für Führen in Teilzeit und eine bessere Abbildung der Vielfalt unserer Gesellschaft in der öffentlichen Verwaltung. Modernisierung des öffentlichen Dienstrechts Das öffentliche Dienstrecht werden wir grundlegend reformieren. Die starren Einstiegs- und Qualifikationsvoraussetzungen für die Verwaltungslaufbahnen öffnen wir für andere Fachrichtungen und vereinfachen Laufbahnwechsel. Karrierewege und Vergütungsmodelle werden wir auf leistungsorientierte Komponenten, höhere Entscheidungsfreude und Beiträge zur Entbürokratisierung ausrichten, etwa durch Beurteilungskriterien wie „lösungsorientierte Vorgehensweise“ und „Ausschöpfung bestehender Beurteilungs- und Ermessensspielräume“. Dabei werden wir bei Führungspositionen behördenübergreifende oder verwaltungsexterne Erfahrungen stärker gewichten. Wir werden die Durchlässigkeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft verbessern. Wir führen innerhalb der Bundesverwaltung ein Verfahren zur Rotation von Personal zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der EU ein. Offeneres Datennutzungsverständnis der Verwaltung und Anwendung von KI Wir treten für ein offeneres und positiveres Datennutzungsverständnis ein. Wir wollen Daten zur strategischen Steuerung, Modellierung und Wirkungskontrolle bündeln und besser nutzen. Dazu stärken wir die Datenkompetenz und beseitigen bestehende Hindernisse. Verwaltungsprozesse werden wir automatisieren, beschleunigen und effizienter gestalten – insbesondere mit Künstlicher Intelligenz. Den Zugang zu und die Verknüpfung von relevanten Daten stellen wir sicher. Ziel- und wirkungsorientiertes Haushaltswesen Wir prüfen die Einführung eines ziel- und wirkungsorientierten Haushaltswesens. Gute Gesetzgebung Gesetze, Verordnungen und Regelungen, die nicht gemacht werden müssen, werden wir nicht machen. Gesetze, die ihren Zweck nicht oder nicht mehr erfüllen, werden wir streichen. Gute Gesetzgebung ist gründlich, integrativ und transparent. Unser Recht muss verständlich und digitaltauglich sein. Für uns gilt: Erst der Inhalt, dann die Paragrafen. Bereits in der Frühphase von Gesetzgebungsverfahren werden wir Praxischecks durchführen und Betroffene sowie Vollzugsexperten und -expertinnen aus Bund, Ländern und Kommunen mit angemessenen Fristen (in der Regel vier Wochen) beteiligen. Um den Wirkungsgrad von Gesetzen nachprüfbar zu machen, etablieren wir Erfolgsindikatoren, an deren Maßstab der spätere Gesetzesvollzug gemessen werden kann. Unsere Gesetzentwürfe enthalten eine

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Visualisierung von Organisationsstrukturen, Prozessabläufen und Wirkungsmodellen. Wir werden im Bundestag regelmäßig über die Umsetzung von geltenden Gesetzen beraten. Überbordende und wirkungslose Berichtspflichten werden wir streichen und wiederkehrende Berichte grundsätzlich der Diskontinuität unterstellen. Experimentierklauseln stärken Durch Öffnungs- und Experimentierklauseln in neuen und bestehenden Gesetzen sowie durch Reallabore und Abweichungsrechte werden wir die Innovationskraft Deutschlands fördern und unsere Gesetzgebung verbessern. Dies dient insbesondere der Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten von Bund, Ländern und Kommunen. Zur Vorbereitung eines „Bundesexperimentiergesetzes“ wollen wir unverzüglich nach Regierungsübernahme einen Ideenwettbewerb für Länder und Kommunen starten. Prozess einer Neuordnung der föderalen Beziehungen Mit einem Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen werden wir die finanzielle Handlungsfähigkeit stärken und eine umfassende Aufgaben- und Kostenkritik vornehmen. Unabhängig von dieser Initiative wird der Bund im Bereich der Digitalisierung für ausgewählte Aufgaben mit hohem Standardisierungs- und Automatisierungspotenzial Vollzugsverantwortung übernehmen. Dafür werden wir in Abstimmung mit den Ländern eine Änderung von Art. 91c GG auf den Weg bringen, damit der Bund digitale Verwaltungsverfahren und Standards regeln und IT-Systeme errichten, betreiben und zur Mitnutzung zur Verfügung stellen kann. Stärkung der repräsentativen Demokratie Wir wollen den Bundestag zu einem moderneren Gesetzgebungsorgan weiterentwickeln. Der Bundestag muss die Regierung und die Verwaltung effektiv kontrollieren können. Das Informationsfreiheitsgesetz in der bisherigen Form wollen wir mit einem Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger und Verwaltung reformieren. Ergänzend zur repräsentativen Demokratie setzen wir dialogische Beteiligungsformate wie zivilgesellschaftliche Bürgerräte des Deutschen Bundestages fort. Rechtsstaat in der Gesellschaft stärken Wir wollen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und die rechtsstaatlichen Werte stärker in unserer Gesellschaft verankern. Mit diesem Schwerpunkt wollen wir unter anderem die Bundeszentrale für politische Bildung sowie die politischen Stiftungen stärken und bekennen uns zur Stiftung Forum Recht in Karlsruhe und Leipzig. Bürokratierückbau Sofortprogramm für den Bürokratierückbau Im Rahmen eines nationalen „Sofortprogramms für den Bürokratierückbau“ werden wir bis Ende des Jahres 2025, insbesondere mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen, Verpflichtungen zur

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Bestellung von Betriebsbeauftragten abschaffen und den Schulungs-, Weiterbildungs- und Dokumentationsaufwand signifikant reduzieren. Darüber hinaus schaffen wir das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ab. Es wird ersetzt durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt. Die Berichtspflicht nach dem LkSG wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett. Die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten werden bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes, mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen, nicht sanktioniert. Wir unterstützen den „Omnibus“ der Kommission, um die umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der EU- Nachhaltigkeitsberichterstattung insbesondere für die mittelständische Wirtschaft deutlich zu reduzieren und zeitlich zu verschieben. Das Energieeffizienzgesetz und das Energiedienstleistungsgesetz werden novelliert und vereinfacht und auf EU-Recht zurückgeführt. Energieeffizienzziele dürfen die Flexibilität des Stromverbrauchs nicht behindern. Wir schaffen die Bonpflicht ab. Für Geschäfte mit einem jährlichen Umsatz von über 100.000 Euro führen wir ab dem 01.01.2027 eine Registrierkassenpflicht ein. Zudem werden wir zahlreiche bestehende Statistikpflichten aussetzen. Dazu werden wir insbesondere das Außenhandelsstatistikgesetz, das Gesetz über die Statistik im produzierenden Gewerbe und das Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetz überprüfen. Bei den fünf für die Wirtschaft aufwändigsten Statistiken werden wir nationale Übererfüllung von EU-Vorgaben vollständig beseitigen. Wir werden mindestens 20 Prozent der Verwaltungsvorschriften des Bundes abschaffen, um der Verwaltung wieder mehr Entscheidungsfreiraum zu geben. Infrastruktur-Zukunftsgesetz Zusätzlich haben wir den Anspruch, die wichtigen Vorhaben aus dem Sondervermögen schnell umzusetzen und brauchen dazu Deutschlandtempo für all diese Vorhaben. Um die dringenden Investitionsbedarfe schnell mit den Mitteln des zeitlich befristeten Sondervermögens Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen zu befriedigen, sollen die Möglichkeiten zur Beschleunigung von Planung und Genehmigung, Beschaffung und Vergabe der Infrastrukturprojekte aus dem Sondervermögen ausgeschöpft werden und in einem Infrastruktur-Zukunftsgesetz ambitioniert geregelt werden. Diese Vorhaben werden mit einem überragenden öffentlichen Interesse ausgestattet und damit auch rechtlich priorisiert. Dabei sollen insbesondere die Beschleunigungsregelungen des LNG- Beschleunigungsgesetzes als Vorbild dienen und Ausnahmen auf europäischer Ebene im Sinne der EU- Notfallverordnung für beschleunigten Ausbau zur Nutzung Erneuerbarer Energien geschaffen werden.

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Ferner prüfen wir, ob auch große Infrastrukturvorhaben außerhalb des Sondervermögens mit einem überragenden öffentlichen Interesse ausgestattet werden können. 25-Prozent-Abbauziel und Bürokratierückbaugesetze Wir werden die Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25 Prozent (rund 16 Milliarden Euro) reduzieren und den Erfüllungsaufwand für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung um mindestens zehn Milliarden Euro senken. Jedes Ressort trägt in eigener Verantwortung zu diesen Zielen unter anderem mindestens entsprechend seinem jeweiligen Verursachungsbeitrag bei und priorisiert nach Entlastungswirkung. Die Abbaumaßnahmen einzelner Ressorts werden wir in mindestens einem Bürokratierückbaugesetz pro Jahr bündeln. Die Umsetzung machen wir jährlich ressortscharf transparent. Unsere Ziele erreichen wir auch durch Erhöhung von Schwellenwerten, Ausweitung von Ermessensspielräumen, Pauschalierungen, Stichtagsregelungen, Genehmigungsfiktionen, Präklusionsregelungen und Bagatellvorbehalten. Zusätzlich soll ein fachrechtlicher Bürokratierückbau erfolgen. Relevante Standards aus den Bereichen Menschenrechte, Bürgerrechte, Verbraucherrechte, Arbeitnehmerrechte oder zur Verhinderung von Steuerbetrug werden wir nicht absenken. Stärkung der Bürokratiebremse Wir streichen die Ausnahmen der so genannten „One in, one out“-Regel und berücksichtigen den Aufwand aus EU-Vorgaben, den Aufwand für Bürgerinnen und Bürger und Verwaltung sowie den einmaligen Umstellungsaufwand, und entwickeln sie zu einer „One in, two out“-Regel fort. Normenkontrollrat stärken Wir holen den Nationalen Normenkontrollrat (NKR) und die Zuständigkeit für den nationalen und EU- Bürokratierückbau und bessere Rechtsetzung in das Bundeskanzleramt zurück. Für einen echten Mehrwehrt stellen wir ihn schlagkräftiger auf. Er soll auch die Bürokratielast durch untergesetzliche Vorschriften in den Blick nehmen können. In Gesetzgebungsverfahren soll er stärker einbezogen werden. Wir identifizieren Bürokratie Wir richten ein digitales Bürokratieportal ein, über das bürokratische Hemmnisse und Verbesserungsvorschläge mitgeteilt werden können. Zudem führt jedes Bundesministerium mehrere Praxischecks pro Jahr durch. Im Austausch mit Ländern, Kommunen, Sozialversicherungsträgern und sonstigen Normsetzern (zum Beispiel Selbstverwaltungskörperschaften) werden wir konkrete Vorschläge erarbeiten, um Bürokratie in (unter-)gesetzlichen Vorschriften auch jenseits der Bundesverwaltung zu reduzieren.

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Vertrauen statt Regulierung und Kontrolle Wir werden Dokumentationspflichten insbesondere für Handwerk, Einzelhandel, Landwirtschaft, Gastronomie und Hotellerie abbauen. Dazu setzen wir vermehrt auf Sanktionierung von Verstößen statt auf regelmäßige Nachweispflichten. Wir reduzieren Statistikpflichten, Datenerhebungen und Meldungen für Unternehmen. Zudem werden wir Doppelstrukturen bei Statistikämtern konsequent abbauen. Unbürokratische Förderlandschaft des Bundes Wir werden alle Förderprogramme des Bundes im Hinblick auf Zielgenauigkeit und Effizienz überprüfen. Antrags- und Nachweisverfahren werden wir vereinfachen und Antragsförderungen möglichst durch Pauschalen ersetzen. Fördermaßnahmen sollen zukünftig vollständig standardisiert und elektronisch bearbeitet werden können. Wir wollen dazu eine zentrale Förderplattform des Bundes einführen. Die Entscheidungen über Förderzusagen werden wir beschleunigen. Ehrenamt entbürokratisieren Wir bringen ein umfassendes Bürokratierückbaugesetz für Vereine und ehrenamtliches Engagement auf den Weg. Die Gemeinnützigkeitsprüfung für kleine Vereine werden wir vereinfachen und Sachspenden an gemeinnützige Organisationen möglichst weitgehend von der Mehrwertsteuer befreien. Wir sorgen dafür, dass ehrenamtliches Engagement Freude bereitet und mehr Anerkennung erfährt. Daher schaffen wir einen „Zukunftspakt Ehrenamt“. Wir werden die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale erhöhen. Wir erhöhen ebenso die Freigrenze für den ehrenamtlichen sowie wirtschaftlichen Geschäfts- und Zweckbetrieb, vereinfachen das Datenschutz-, Gemeinnützigkeits- , Vereins- und Zuwendungsrecht und verbessern das Haftungsprivileg. EU-Bürokratierückbau durch die Bundesregierung Wir wirken darauf hin, dass die von der EU-Ebene ausgehende Bürokratie umfassend und wirkungsorientiert zurückgebaut wird. Wir unterstützen die EU-Kommission beim Bürokratierückbau und fordern höhere Ambitionen (zum Beispiel „One in, two out“-Regelung, Reduzierung von Anpassungs- und Verwaltungskosten um mindestens 25 Prozent beziehungsweise 35 Prozent bei kleinen und mittleren Unternehmen. Die Bundesregierung wird sich bei jedem EU-Dossier für Bürokratierückbau und Bürokratievermeidung einsetzen und in den EU-Ratsarbeitsgruppen und Komitologieausschüssen eine aktive Rolle einnehmen. Unnötige Belastungen durch die europäische Ebene verhindern wir. Dazu gehört, dass die Entwaldungsverordnung (EUDR) durch die Einführung der „Null-Risiko-Variante“ keine Anwendung findet. Außerdem lehnen wir das EU-Bodengesetz ab, um weitere Belastungen zu verhindern. Darüber hinaus wollen wir überbordende Regulierungen für nachhaltige Investitionen (Taxonomie), Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), die Lieferkettensorgfaltspflicht (CSDDD), den CO2-

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Grenzausgleichsmechanismus (CBAM), Konfliktmineralien oder durch die unüberschaubare Menge delegierter Rechtsakte verhindern. Wir unterstützen das europäische Omnibusverfahren zur Lieferkettensorgfaltspflicht (CSDDD), zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), Taxonomie und CO2--

Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und setzen uns dabei für eine bürokratiearme Lösung insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen ein. Wir schaffen dabei Rechts- und Planungssicherheit und unterstützen die Unternehmen bei einer guten Rechtsumsetzung. Bürokratiearme EU-Recht-Umsetzung Bei der Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht schließen wir bürokratische Übererfüllung aus. Parallelregulierungen auf europäischer und nationaler Ebene lehnen wir ab. Moderne Justiz Pakt für den Rechtsstaat Wir werden mit einem neuen Pakt für den Rechtsstaat gemeinsam mit den Ländern die Justiz zukunftsfest machen. Er basiert auf drei Säulen: einer verbesserten Digitalisierung, einer Verschlankung und Beschleunigung von Verfahrensabläufen und einer personellen Stärkung. Nur durch eine Verbindung aller drei Elemente sichern wir die hohe Qualität der Rechtsprechung und ermöglichen schnelle Entscheidungen. Digitalisierung der Justiz Die Digitalisierung der Justiz führen wir konsequent fort. Im modernen digitalen Rechtsverkehr müssen Medienbrüche der Vergangenheit angehören. Gemeinsam mit den Ländern legen wir Standards für die Übermittlung von digitalen Dokumenten einschließlich von Behördenakten an Gerichte und Staatsanwaltschaften fest. Die Bundesjustizcloud setzen wir gemeinsam mit den Ländern um. Wir führen ein Justizportal mit Kommunikationsplattform, Vollstreckungsregister und weiteren Bürgerservices (zum Beispiel digitale Rechtsantragsstelle, Zugang zum digitalen Rechtsverkehr für Bürgerinnen und Bürger und kleine Unternehmen) ein. Wir ermöglichen die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Justiz. Zugang zum Recht Wir werden den Zugang zum Recht erleichtern und die Justiz in der Fläche festigen. Durch eine deutliche Erhöhung des Zuständigkeitsstreitwertes stärken wir die Amtsgerichte. Die Rechtsmittel- streitwerte werden wir erhöhen. Wir werden ein Online-Verfahren in der Zivilgerichtsbarkeit einführen. Effektivere Klagezustellungen innerhalb Europas wollen wir sicherstellen. Reformen des Verfahrensrechts Wir übersetzen die Verfahrensordnungen in das digitale Zeitalter, damit Verfahrensplattformen an die Stelle klassischer Akten treten und digitale Beweismittel aufnehmen können. Wir wollen

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Verfahrensdauern generell erheblich verkürzen, indem wir unter anderem den Zugang zu zweiten Tatsacheninstanzen begrenzen. Zudem schaffen wir Rechtsgrundlagen für Möglichkeiten der richterlichen Verfahrensstrukturierung, etwa durch frühzeitige Verfahrenskonferenzen oder Vorgaben zur Strukturierung des Parteivortrags. Präklusionsfristen weiten wir aus. Zur Modernisierung der Zivilprozessordnung greifen wir Impulse der Reformkommission „Zivilprozess der Zukunft“ auf, ergreifen weitere Maßnahmen zur Bewältigung von sogenannten Massenverfahren und stärken Schätzungs- und Pauschalierungsbefugnisse. Zur Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung und einer zügigen Verfahrensführung ist eine grundlegende Überarbeitung der Strafprozessordnung unumgänglich, weshalb wir eine Kommission aus Wissenschaft und Praxis unter Beteiligung der Länder einsetzen. Den Opferschutz im Strafprozess werden wir verbessern und erleichtern insbesondere die audiovisuelle Vernehmung von minderjährigen Zeugen. Auch die Verwaltungsgerichtsordnung werden wir novellieren und unter anderem einen vermehrten Einsatz von Einzelrichtern ermöglichen und die Einführung von Pilotverfahren prüfen. Verwaltungsgerichte sollen sich unter Beibehaltung des Amtsermittlungsgrundsatzes künftig stärker auf den vorgebrachten Parteivortrag und auf eine Rechtmäßigkeitsprüfung konzentrieren. Öffnungs- und Experimentierklauseln Wir stärken die Gestaltungsmöglichkeiten der Länder durch Öffnungs- und Experimentierklauseln im Bereich der Gerichtsorganisation, der Digitalisierung und der gerichtlichen Zuständigkeiten. Vereinfachung des Vergaberechts und strategisches Beschaffungsmanagement Wir werden uns dafür einsetzen, das Vergaberecht auf nationaler und europäischer Ebene für Lieferungen und Leistungen aller Art für Bund, Länder und Kommunen zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu digitalisieren. Für uns gilt der Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe. Wir werden das Vergaberecht auf sein Ziel einer wirtschaftlichen, diskriminierungs- und korruptionsfreien Beschaffung zurückführen. Wir schaffen sektorale Befreiungsmöglichkeiten vom Vergaberecht insbesondere in Fragen der nationalen Sicherheit und für Leitmärkte für emissionsarme Produkte in der Grundstoffindustrie mit einem Pionierfeld für die Deutsche Bahn. Wir streben für die Schwellenwerte für öffentliche Ausschreibungen im nationalen Recht eine Vereinheitlichung an und wollen sie insbesondere für Direktvergaben und freihändige Vergaben heraufsetzen. Wertgrenzen Direktaufträge Auf Bundesebene werden wir die Wertgrenze bei Direktaufträgen für Liefer- und Dienstleistungen auf 50.000 Euro und für Start-ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung auf 100.000 Euro erhöhen. Auch auf europäischer Ebene setzen wir uns für eine maßvolle Erhöhung der Schwellenwerte und für eine getrennte Betrachtung der Planungsleistungen ein.

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Öffentliches Beschaffungswesen Das öffentliche Beschaffungswesen werden wir systematisch optimieren. Wir werden ein strategisches Beschaffungsmanagement implementieren. Behörden sollen künftig auf Rahmenverträge anderer öffentlicher Dienststellen und auf zentrale Einkaufsplattformen zurückgreifen dürfen. Die Bestellplattform des Bundes (Kaufhaus des Bundes) machen wir zu einem digitalen Marktplatz für Bund, Länder und Kommunen und konsolidieren die Vergabeplattformen. Auch den IT-Einkauf des Bundes wollen wir zentral strategisch steuern, um Abhängigkeiten von monopolistischen Anbietern zu reduzieren und den Digitalstandort Deutschland zu stärken. Bieter sollen ihre Eignung möglichst bürokratiearm, digital und mittelstandsfreundlich nachweisen können, etwa durch geprüfte Systeme oder Eigenerklärungen. Wir werden die Vergabe öffentlicher Aufträge beschleunigen, indem die aufschiebende Wirkung der Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Vergabekammern zu den Oberlandesgerichten entfällt. Once-Only – keine Mehrfacherhebung von Daten Für uns gilt der „Once-Only“-Grundsatz. Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen sollen ihre Daten gegenüber dem Staat nur einmal angeben müssen. Dafür etablieren wir ein grundsätzliches Doppelerhebungsverbot und Verpflichtungen zum Datenaustausch innerhalb der Verwaltung. Die Registermodernisierung werden wir vorantreiben, indem wir Bundesregister vernetzen und auf souveränen Cloudplattformen in Fortsetzung der Deutschen Verwaltungscloud-Strategie zentral vorhalten. Datenschutz entbürokratisieren Wir reformieren die Datenschutzaufsicht und bündeln sie beim Bundesdatenschutzbeauftragten. Wir wollen unter Berücksichtigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und im Rahmen des europäischen Rechts Lösungen entwickeln, um im Datenschutzrecht aufwändige Einwilligungslösungen für eine komfortablere Nutzung staatlicher Serviceleistungen durch unbürokratische Widerspruchslösungen zu ersetzen. Die Datenschutzkonferenz (DSK) verankern wir im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), um gemeinsame Standards zu erarbeiten. Wir nutzen alle vorhandenen Spielräume der DSGVO, um beim Datenschutz für Kohärenz, einheitliche Auslegungen und Vereinfachungen für kleine und mittlere Unternehmen, Beschäftigte und das Ehrenamt zu sorgen. Auf europäischer Ebene wollen wir erreichen, dass nicht- kommerzielle Tätigkeiten (zum Beispiel in Vereinen), kleine und mittelständische Unternehmen und risikoarme Datenverarbeitungen (zum Beispiel Kundenlisten von Handwerkern) vom Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung ausgenommen werden. Im Interesse der Wirtschaft streben wir eine Bündelung der Zuständigkeiten und Kompetenzen bei der Bundesdatenschutzbeauftragten an. Sie soll dann Bundesbeauftragte für Datennutzung, Datenschutz und Informationsfreiheit sein.

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Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren Wir werden den Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung gemeinsam mit den Ländern in der ersten Hälfte der Legislaturperiode vollständig umsetzen und unter anderem für Industrievorhaben weiterentwickeln. Zudem werden wir Stichtagsregelungen erweitern, die Ausweitung von Präqualifizierungen prüfen und neue Rahmengenehmigungen schaffen. In allen Fachbereichen, in denen eine frühzeitige Genehmigung ohne irreparable Schäden praktikabel erfolgen kann, wollen wir die sogenannte Genehmigungsfiktion einführen. Wir wollen einen Vorrang öffentlicher Belange im Planungsrecht verankern (Privilegierung von Planungsvorhaben), insbesondere bei Projekten der Daseinsvorsorge. Für Einwände, die im Verwaltungsverfahren nicht rechtzeitig vorgebracht wurden, setzen wir uns für die Einführung der materiellen Präklusion sowie für eine entsprechende Klausel im EU-Recht ein. Vereinfachung InfrastrukturvorhabenDarüber hinaus wollen wir auf nationaler und EU-Ebene eine Reduzierung und Vereinfachung der materiellen Anforderungen an Infrastrukturvorhaben erreichen. Das Verbandsklagerecht vor Verwaltungsgerichten werden wir reformieren, straffen und auf die tatsächliche Betroffenheit ausrichten. Wir werden es bis auf das europarechtliche Mindestmaß absenken und durch Initiativen der Bundesregierung auf eine weitere internationale Reduzierung hinwirken. Zudem werden wir nach EU-Recht zulässige Spielräume für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nutzen und diese vereinfachen, unter anderem indem wir Schwellenwerte für Vorhaben mit UVP-Pflicht anheben und eine Aussetzung der UVP-Vorprüfung für Änderungsgenehmigungen prüfen. Der Ersatz maroder Infrastrukturen soll nur im Wege einer Plangenehmigung, nicht jedoch durch eine erneute Planfeststellung erfolgen. Unsere Blaupause: Verwaltungsmodernisierung für Sozialleistungen Die Administration von Sozialleistungen ist zu kompliziert. Gerade in schwierigen Lebenslagen haben Bürgerinnen und Bürger andere Sorgen als sich durch die Bürokratie zu quälen. Deshalb werden wir sozialrechtliche Grundlagen, Verfahren und Zuständigkeiten konsequent zusammenführen und vereinfachen und dazu bis Ende 2025 ein Konzept vorstellen.

2.3. Digitales

Deutschland – Digital. Souverän. Ambitioniert Unsere Digitalpolitik ist ausgerichtet auf Souveränität, Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt. Digitalpolitik ist Machtpolitik. Wir wollen ein digital souveränes Deutschland. Dazu werden wir digitale Abhängigkeiten abbauen, indem wir Schlüsseltechnologien entwickeln, Standards sichern, digitale

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Infrastrukturen schützen und ausbauen. Wir schaffen europäisch integrierte und resiliente Wertschöpfungsketten für Schlüsselindustrien, von Rohstoffen über Chips bis zu Hard- und Software. Digitalpolitik ist Wirtschaftspolitik Wir werden Deutschland auf die digitale Überholspur bringen, indem wir die Bedingungen für anwendungsorientierte Forschung, Gründung und Transfer verbessern. Damit erreichen wir, dass Wertschöpfung vermehrt in Deutschland und Europa stattfindet. Wir bauen Rechenkapazitäten aus, heben Datenschätze und werden attraktiver für Talente und IT-Spitzenkräfte. Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik Wir stärken digitale Kompetenzen, um allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und unsere Demokratie resilienter gegen Desinformation und Manipulation zu machen. Auch in der digitalen Welt schützen wir unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Die Menschen können sich auf einen digital souveränen und handlungsfähigen Staat verlassen. Deutschland digital, vernetzt und resilient Unser Leitbild: eine vorausschauende, vernetzte, leistungsfähige und nutzerzentrierte Verwaltung – zunehmend antragslos, lebenslagenorientiert und rein digital (digital only) mit gezielten Unterstützungsangeboten. Eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung und digitaltaugliche Gesetze sind dafür der Schlüssel. Ländern und Kommunen wird die Nutzung folgender Lösungen ermöglicht, die prioritär umgesetzt werden: Ein interoperabler und europäisch anschlussfähiger souveräner Deutschland-Stack integriert KI, Cloud-Dienste sowie Basiskomponenten. Bei dem Aufbau dieser Strukturen prüfen wir, ob europäische Anbieter bereits entsprechende Lösungsmodelle entwickelt haben. Nicht vertrauenswürdige Anbieter schließen wir künftig rechtssicher aus. Der Bund stärkt seine Kerninfrastruktur, wie Netze und Rechenzentren. Die Deutsche Verwaltungscloud (DVC) wird mit souveränen Standards realisiert, die Austauschbarkeit sichern und unkontrollierte Datenabflüsse verhindern. Wir setzen die Registermodernisierung um, schaffen den Zugang zur Verwaltung über die automatisch bereitgestellte Deutschland-ID und die sichere eID/EUDI-Wallet. Automatisierung und KI nutzen wir umfassend. Den Staat machen wir zum Ankerkunden für die digitale Wirtschaft und wollen vorrangig private IT-Dienstleister zur Stärkung der digitalen Souveränität nutzen. Um die EUDI-Wallet soll sich ein Ökosystem entwickeln. Wir sorgen für unsere digitale Souveränität Wir definieren Ebenen übergreifend offene Schnittstellen, offene Standards und treiben Open Source mit den privaten und öffentlichen Akteuren im europäischen Ökosystem gezielt voran, unter anderem mit dem Zentrum Digitale Souveränität (ZenDiS), der Sovereign Tech Agency, der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND). Dafür richten wir unser IT-Budget strategisch aus und definieren ambitionierte Ziele für Open Source. Wir verankern ein Datendoppelerhebungsverbot (Once-Only) und

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beseitigen Digitalisierungshemmnisse. Schriftformerfordernisse schaffen wir, wo immer möglich, mithilfe einer Generalklausel ab. Wir setzen auf datenbasierte Steuerung und Wirkungsorientierung, strategische Vorausschau, neue Formen der Zusammenarbeit und Personalgewinnung, offene Innovationen sowie eine Kultur, die für Experimentierfreude und Verantwortung steht. Mithilfe von Digitalisierung gestalten wir Gesetze vollzugsfreundlicher und verständlicher. Dazu gehören Praxistauglichkeitstests, die Visualisierung von Strukturen und Prozessen sowie eine digitale Umsetzung und einheitliche Begriffe. Resilienz stärken Die Resilienz unseres Landes stärken wir, indem wir die IT-Sicherheit verbessern, besonders bei kritischen Infrastrukturen, und robuste Wertschöpfungsketten aufbauen (unter anderem in der Chip- und Halbleitertechnik). Fähigkeiten und Produkte mit dem Ziel, Schutz im Cyberraum zu gewährleisten, gelten als Schlüsseltechnologien. Wir investieren in IT-Sicherheits- und anwendungsorientierte Resilienzforschung. Die öffentliche IT-Sicherheit wird durch Notfallmanagement und präventive Beratungsangebote für kleine und mittlere Unternehmen verbessert. Deutschland als Rechenzentrumsstandort Wir stärken den Rechenzentrumsstandort Deutschland als Leuchtturm Europas, indem wir Cluster und regionale sowie dezentrale Ansiedlungen unterstützen. Wir holen mindestens eine der europäischen „AI-Gigafactories“ nach Deutschland und treiben Edge-Computing voran. Durch eine Digitalisierungsoffensive bei Stromnetzbetreibern und mehr Transparenz über Netzanschlusskapazitäten erleichtern wir die Planung und Integration von Rechenzentren in das Stromnetz. Wir beschleunigen den Auf- und Ausbau von Rechenzentren, insbesondere auch in Ostdeutschland, und erleichtern den Betrieb durch praxisnahe Auslegung, gegebenenfalls Novellierung der betreffenden Vorschriften. Wir treiben die praxisnahe Umsetzung der Klimaneutralität voran und erleichtern zum Beispiel Abwärmenutzung zur Einspeisung in Fernwärmenetze. Digitale Infrastruktur Unsere digitalen Infrastrukturen bringen wir mit dem flächendeckenden Glasfaserausbau FTTH (bis in jede (Miet-)Wohnung) entscheidend voran. Es gilt „Markt vor Staat“. Förderprogramme für Mobilfunk- und Glasfaserausbau setzen wir ein, wo kein marktgetriebener Ausbau möglich ist. Dabei berücksichtigen wir den besonderen Förderbedarf von Ländern mit herausfordernder Topografie und Besiedlungsdichte. Die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) wird mindestens so lange weitergeführt, bis die bewilligten Förderprojekte abgeschlossen sind. Wir prüfen, wie wir die bei der MIG aufgebaute Kompetenz und Expertise langfristig dafür einsetzen, den flächendeckenden Mobilfunkausbau in bisher nicht beziehungsweise unterversorgten ländlichen Gebieten voranzubringen.

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Bei der Gigabitförderung schaffen wir eine auskömmliche Mittelausstattung. Wir werden schnellstmöglich ein wirksames Beschleunigungsgesetz einführen, das den Mobilfunk- und Glasfaserausbau als überragendes öffentliches Interesse definiert. Ausbauhindernisse und Bürokratie bauen wir konsequent ab, zum Beispiel durch Fiktionsregelungen. Um den Ausbau zu beschleunigen, führen wir digitale Antragsstrecken (zum Beispiel Breitbandportal) verbindlich ein. Mindestanforderungen an Breitbandanschlüsse erhöhen wir kontinuierlich. Wir streben ein Konzept für markt- und verbraucherfreundliche Migration von Kupfer- auf Glasfasernetze an. Das Monitoring der Planungs- und Ausbauprozesse vor Ort setzen wir fort. Für den Mobilfunkausbau halten wir an den hohen Versorgungsauflagen bei den Frequenzvergaben fest. Diese müssen anhand des tatsächlichen Nutzererlebnisses überprüft werden können. Wir werden den gesetzlichen Rahmen des Beirats der Bundesnetzagentur weiterentwickeln. Wir werden die Nutzung von Satellitentechnologie zur Mobilfunkversorgung unterstützen. Bei der Vergabe der UHF-Frequenzen setzen wir uns auf europäischer Ebene für eine Berücksichtigung aller berechtigten Interessen ein. Gesellschaft – digital kompetent, selbstbestimmt und inklusiv Der souveräne, sichere und kritische Umgang mit digitalen Tools und Medien steigert die Resilienz unserer Gesellschaft, die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Wir starten deshalb eine altersübergreifende digitale Kompetenzoffensive. Hierfür nutzen wir die Vielfalt von Start-ups, Wirtschaft, öffentlichen Bildungsträgern und Sozialverbänden, um innovative und nachhaltige Angebote für alle Bevölkerungsgruppen zu schaffen. In einer zunehmend vernetzten Welt gewährleisten wir allen die digitale Teilhabe und stärken die Barrierefreiheit. Wir bekämpfen Diskriminierung im digitalen Raum und schützen digitale Grundrechte. Grundsätzlich sichern wir die Vertraulichkeit privater Kommunikation und Anonymität im Netz. Wirtschaft – Wachstum von Morgen mit Daten und Künstlicher Intelligenz Wir wollen Deutschland zu einem starken Digitalstandort mit starkem digitalen Ökosystem entwickeln – vom Start-up über den Mittelstand bis hin zum Tech-Giganten. Wir unterstützen den Technologietransfer von Hochschulen in die Wirtschaft, von Start-ups in etablierte Unternehmen. Wir machen Deutschland attraktiv für internationale Talente, insbesondere IT-Fachkräfte und Forschende. Kultur der Datennutzung und des Datenteilens Wir wollen eine Kultur der Datennutzung und des Datenteilens, die Datenökonomie etabliert, auf Innovation setzt und Grund- und Freiheitsrechte schützt. Dafür beseitigen wir Rechtsunsicherheiten, heben Datenschätze, fördern Daten-Ökosysteme und setzen auf Datensouveränität. Wir schaffen die Grundlage, um Regelwerke, für die es sachgemäß ist, in einem Datengesetzbuch zusammenzufassen. Wir verfolgen den Grundsatz „public money, public data“ und gewährleisten dabei durch Datentreuhänder Vertrauen in Datenmanagement und hohe Datenqualität. Wo es möglich ist, schaffen

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wir einen Rechtsanspruch auf Open Data bei staatlichen Einrichtungen. Wir schaffen eine moderne Regelung für Mobilitäts-, Gesundheits- und Forschungsdaten. Dabei wahren wir alle berechtigten Interessen. Wir fördern die breite Anwendung von Privacy Enhancing Technologies. Reform des Datenschutzes Wir reformieren die Datenschutzaufsicht. Die Datenschutzkonferenz (DSK) verankern wir im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), um gemeinsame Standards zu erarbeiten. Wir nutzen alle vorhandenen Spielräume der DSGVO, um beim Datenschutz für Kohärenz, einheitliche Auslegungen und Vereinfachungen für kleine und mittlere Unternehmen, Beschäftigte und das Ehrenamt zu sorgen. Im Interesse der Wirtschaft streben wir eine Bündelung der Zuständigkeiten und Kompetenzen bei der Bundesdatenschutzbeauftragten an. Sie soll dann Bundesbeauftragte für Datennutzung, Datenschutz und Informationsfreiheit sein. Spitzenstandort für Zukunftstechnologien Wir stellen Deutschland als Spitzenstandort für digitale Zukunftstechnologien auf und stärken dadurch unsere Wettbewerbsfähigkeit und digitale Souveränität. Schlüsseltechnologien, wie Künstliche Intelligenz, Quanten, Robotik, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), Photonik sowie Mikro- und Nanoelektronik bieten enormes Potenzial für Transformation. Dabei setzen wir auf die in den Ländern bestehenden Technologiezentren und Innovationscluster auf. Mit der Förderung und Nutzung von Schlüsseltechnologien schaffen wir eine Verwaltungsrevolution, Wirtschaftswachstum und gesellschaftlichen Mehrwert. Wir setzen auf KI-Sprunginnovationen (zum Beispiel branchenspezifische KI- Sprachmodelle). Wir verbessern den Zugang zu Daten, Kapazitäten für Hochleistungsrechnen und wollen mehr Fachkräfte, insbesondere Frauen, für die IT-Branche gewinnen. Besonders kleine und mittlere Unternehmen und Start-ups unterstützen wir durch gezielte Angebote wie KI-Reallabore. Wir stärken den Transfer in neue Geschäftsmodelle und konkrete Anwendungsfelder, zum Beispiel industrielle Künstliche Intelligenz, Automobil und Gesundheit sowie soziale Innovationen. Wir wirken darauf hin, dass im Zuge der technischen und rechtlichen Spezifizierungen des AI-Acts Belastungen für die Wirtschaft abgebaut werden. Wir stellen sicher, dass die nationale Umsetzung des AI-Acts innovationsfreundlich und bürokratiearm erfolgt und die Marktaufsicht nicht zersplittert wird. Angesichts der dynamischen Entwicklung in diesem Bereich werden wir die europäische Digitalrechtsakte entsprechend anpassen. Unternehmen stellen wir eine zentrale Servicestelle zur Verfügung. Wir stellen eine angemessene Beteiligung der Zivilgesellschaft und Gewerkschaften sicher. Bei der Entwicklung von Schlüsseltechnologien unterstützen wir die ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit sowie AI Safety. Wir prüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Form Haftungsregeln mit Blick auf Künstliche Intelligenz auf europäischer Ebene angepasst werden müssen. Zum Ausbau der digitalen Resilienz stärken wir die EuroStack-Initiative.

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Stärkung der Raumfahrtindustrie Wir werden Deutschlands Raumfahrtindustrie stärken, eine resiliente Satelliteninfrastruktur, beispielsweise für Krisenkommunikation und Internetkonnektivität aufbauen und souveräne Kapazitäten zur Verbringung von Satelliten ins Weltall von Europa aus schaffen. Wir setzen uns für eine effizientere Organisation der europäischen Raumfahrtaktivitäten ein. Für die Wahrung der Sicherheit im Luftraum setzen wir die U-Space-Verordnung zügig um. Auch die Meere sehen wir als digitalen Chancenraum. Gemeinsam – starkes Deutschland mit EU- und internationalen Partnern Wir wollen einen EU-Rechtsrahmen aus einem Guss und setzen EU-Digitalrecht innovationsfreundlich und kohärent um. „Made in Europe“ soll eine globale Marke für digitale Sicherheit, Datensouveränität, Innovation und Fairness sein. Die EU-Plattformgesetze schützen Grundrechte, Nutzerinnen und Nutzer sowie fairen Wettbewerb. Wir werden sie konsequent durchsetzen, damit Plattformen strafbare Inhalte entfernen und systemische Risiken wie Desinformation aktiv angehen. Die Einführung einer verpflichtenden Identifizierung von Bots wird geprüft. Wir setzen uns für ein Verbot unlauterer Geschäftspraktiken wie Dark Patterns und süchtig machenden Designs ein. Die Entwicklung offener europäischer Plattformmodelle begrüßen wir. Wir streben digitalpolitische Kooperationsabkommen mit globalen Partnern, auch aus dem Globalen Süden, an. In VN-, Normierungs- und Standardisierungsgremien bringen wir uns aktiv ein. Wir setzen uns für den Erhalt des freien, fairen, neutralen und offenen Netzes ein. Das ist unsere Vision für ein digitales Zeitalter, in dem wir souverän, sicher und wettbewerbsfähig agieren – zum Wohl unserer Gesellschaft, zum Schutz demokratischer Werte und für Wachstum und Wohlstand. 2.4. Bildung, Forschung und Innovation Kinder und Jugendliche sollen ihr Potenzial unabhängig von ihrer Herkunft ausschöpfen können. Als rohstoffarmes Industrieland brauchen wir ein modernes Bildungssystem, das individuelle Bedarfe der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt und die Demokratie stärkt. Wir fördern Bildungsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Inklusion. Wir werden frühkindliche Bildung sowie Bildungsübergänge stärken und die Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss senken. Unser anerkanntes Aus- und Weiterbildungssystem sichert Wohlstand, Wachstum und Zukunftskompetenzen. Wir wollen auf allen Ebenen Maßnahmen besser abstimmen, Parallelstrukturen abbauen und Ressourcen verantwortlich steuern. Bildung, Forschung und Innovation sind der Schlüssel für die Zukunft unseres Landes. Wir sind stolz auf die herausragenden Leistungen, die die Wissenschaft in den Neuen Bundesländern, durch unsere

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gemeinsamen Investitionen erbringt. Wir wollen Deutschland fit machen und Bildung, Forschung und Innovation einen größeren Stellenwert in unserem Land geben. Dazu werden wir massiv investieren. Bund-Länder-Zusammenarbeit Wir bekennen uns zum Bildungsföderalismus. In diesem Rahmen wollen wir die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen mit gemeinsam getragenen, übergreifenden Bildungszielen verbessern und effizienter gestalten. In einer Kommission sollen Bund und Länder unter Einbeziehung der Kommunen insbesondere Vorschläge zur Entbürokratisierung, für die beschleunigte Umsetzung gemeinsamer Projekte und für konstruktive Kooperation vereinbaren. Unter Achtung der jeweiligen Zuständigkeiten wollen wir gemeinsam mit den Ländern für die nächste Dekade relevante und messbare Bildungsziele vereinbaren und eine datengestützte Schulentwicklung und das Bildungsverlaufsregister schaffen. Die Einführung einer zwischen den Ländern kompatiblen, datenschutzkonformen Schüler-ID unterstützen wir und ermöglichen die Verknüpfung mit der Bürger- ID. Die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit von Schule, Jugend- und Eingliederungshilfe stärken wir und verzahnen Bundeskompetenzen entlang der Bildungsbiografie organisatorisch und inhaltlich stärker. Startchancen-Programm und Multiprofessionalität Wir wollen die Zahl der Grundschulkinder, die die Mindeststandards im Lesen, Schreiben und Rechnen verfehlen, sowie die Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss deutlich reduzieren. Hierfür wollen wir unter anderem das Startchancen-Programm bürokratiearm weiterentwickeln, es auf weitere Schulen ausweiten und gewonnene Erfahrungen für das gesamte Schulsystem, auch für die multiprofessionelle Zusammenarbeit nutzen. DigitalPakt 2.0 Mit dem neuen DigitalPakt bauen wir die digitale Infrastruktur und verlässliche Administration aus. Wir bringen anwendungsorientierte Lehrkräftebildung, digitalisierungsbezogene Schul- und Unterrichtsentwicklung, selbst-adaptive, KI-gestützte Lernsysteme sowie digitalgestützte Vertretungskonzepte voran. Den Abrechnungszeitraum für angefangene länderübergreifende Maßnahmen verlängern wir um zwei Jahre. Bedürftige Kinder statten wir verlässlich mit Endgeräten aus. Demokratie- und Medienbildung Demokratiebildung, Medien- und Nachrichtenkompetenz stärken wir gemeinsam mit den Ländern. Dazu unterstützen wir bestehende Initiativen und das Bundesprogramm „Kultur macht stark“. Rassismus, Antisemitismus und Israelfeindlichkeit haben keinen Platz an Schulen und Hochschulen. Schulen sollen von Antisemitismusforschung stärker profitieren und Lehrkräfte sollen befähigt werden, Antisemitismus zu erkennen und dagegen vorzugehen. Die Auswirkungen von Bildschirmzeit und Social

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Media-Nutzung bewerten wir schnellstmöglich wissenschaftlich und erarbeiten ein Maßnahmenpaket zur Stärkung von Gesundheits- und Jugendmedienschutz. Schulsanierung Wir legen ein Investitionsprogramm auf, um bei der Sanierung und Substanzerhaltung von Schulen und der Schaffung neuer Kapazitäten zu unterstützen. Exzellente Lehrkräftebildung Für mehr Verlässlichkeit und Qualität im Schulsystem sowie bei der Personalgewinnung nutzen wir den Zukunftsvertrag Studium und Lehre und legen die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ neu auf. Bildungsforschung In der Bildungsforschung legen wir einen Schwerpunkt auf Bildungsübergänge, die Bildungsorganisations- und -implementierungsforschung und treiben den Transfer in die Praxis voran. Aus dem gemeinsamen Bildungsmonitoring sollen stärker Praxisempfehlungen abgeleitet werden. MINT, Unternehmerbildung und BNE Wir bauen die frühe MINT-Bildung sowie den Wettbewerb „Jugend forscht“ aus, unterstützen die Gründung von Schülerfirmen und „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE). Übergänge und Berufsorientierung Das Berufsorientierungsprogramm bauen wir aus, verzahnen es mit bestehenden Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit, von Ländern und Sozialpartnern und bauen Parallelstrukturen ab. Mit einer gemeinsamen Roadmap ermöglichen wir einen strukturierten, digital- und datengestützten Berufsorientierungsprozess. Mit den Ländern verankern wir Berufswahlkompetenz in den Schulen und stärken frühe Berufswegeplanung mit Jugendberufsagenturen und Berufsschulen. Für junge Menschen ohne berufliche Perspektive prüfen wir eine Pflicht, sich bei der Berufsberatung zu melden, und schaffen die gesetzlichen Grundlagen zur systematischen und datenschutzkonformen Datennutzung durch die Jugendberufsagenturen. Modernisierung Lernort Für gut ausgestattete Lernorte investieren wir in die Sanierung und Substanzerhaltung der berufsbildenden Schulen und überbetrieblichen Bildungsstätten. Den Pakt für berufliche Schulen entwickeln wir weiter. Qualitätsoffensive Wir evaluieren das Berufsbildungsgesetz im Jahr 2025 unter anderem im Hinblick auf die Mindestausbildungsvergütung und behalten uns entsprechende gesetzgeberische Anpassungen vor. Gemeinsam mit den Ländern schaffen wir mehr Transparenz zu den Rahmenbedingungen für

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praxisintegrierte dual Studierende. Auf Basis dieser Erkenntnisse prüfen wir, inwieweit tarifliche Lösungen für diese Gruppe ermöglicht werden können. Wir prüfen, die Beitragsvergünstigungen der Sozialversicherungen bei der Ausbildungsvergütung entsprechend dem Übergangsbereich oberhalb der Minijob-Grenze anzupassen. Gleichwertigkeit Mit der Verrechtlichung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR), ausschließlich als Instrument für Transparenz und höhere Durchlässigkeit im öffentlichen Dienst, stärken wir die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Internationale Mobilität, Erasmus+ sowie Begabtenförderung von Auszubildenden bauen wir aus. Die Allianz für Aus- und Weiterbildung führen wir fort. Anpassung Aus- und Fortbildungsordnungen Wir prüfen mit den Sozialpartnern regelmäßig und systematisch die Aus- und Fortbildungsordnungen und passen sie an neue Anforderungen zeitgemäß an. Aufstiege durch Fort- und Weiterbildung Mit einer Reform wollen wir das Aufstiegs-BAföG attraktiver und unbürokratischer machen. Wir werden in die Gebührenfreiheit der Aufstiegsfortbildung einsteigen, Unterstützungsinstrumente für Teilzeitmaßnahmen schrittweise erweitern und eine zweite Aufstiegsfortbildung auf gleicher Fortbildungsstufe zunächst für Mangelberufe förderfähig machen. Stärkung Beschäftigungsfähigkeit Wir stärken modulare, abschlussorientierte Weiterbildungen. Die große Zahl an Personen über 25 Jahre ohne Berufsabschluss wollen wir durch abschlussorientierte Teilqualifikationen nachhaltig in den Arbeitsmarkt integrieren. Wir unterstützen die Sozialpartner bei der untergesetzlichen Definition von Standards und Prozessabläufen zur Entwicklung von Teilqualifikationen im Rahmen des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung. Mit einem Förderprogramm führen wir einen Validierungszuschuss ein. Weiterbildungsoffensive Wir legen einen Digitalpakt Weiterbildung und ein Förderprogramm zur digitalen Teilhabe auf. Das Fernunterrichtsschutzgesetz (USG) modernisieren wir. Die Nationale Weiterbildungsstrategie setzen wir mit einem Schwerpunkt auf stärkere Standardisierung und Transparenz von Zertifikaten fort. Hochschulen stärken wir als Weiterbildungsorte und unterstützen die betriebliche Weiterbildung, unter anderem durch Weiterbildungsmentoren. Lebensbegleitendes Lernen entwickeln wir transparenter weiter.

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Grundbildung Aufbauend auf der AlphaDekade stärken wir mit den Ländern die Strukturen und Netzwerke. Wir legen zusätzliche Schwerpunkte auf Demokratie-, Gesundheits- und digitale Grundbildung.Berufsqualifikationen Es gilt bürokratische Hürden einzureißen, etwa durch eine konsequente Digitalisierung sowie Zentralisierung der Prozesse und eine beschleunigte Anerkennung der Berufsqualifikation. Berufssprachkurse bauen wir aus. Wir erleichtern die Prozesse durch eine bessere Arbeitgeberbeteiligung. Wir setzen uns für einheitliche Anerkennungsverfahren innerhalb von acht Wochen ein. Wir werden die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung für Personen mit ausländischen Berufsqualifikationen bei der Bundesagentur für Arbeit verstetigen. Wissenschaft Wissenschaftsfreiheit Wir erhalten Deutschland in Zeiten globaler Polarisierung als attraktives Zielland und sicheren Hafen der Wissenschaftsfreiheit für Forschende aus aller Welt. Mit einem „1.000 Köpfe-Programm“ werden wir internationale Talente gewinnen. Förderentscheidungen folgen wissenschaftsgeleiteten Kriterien. Wissenschaftlich relevante Datenbestände, deren Existenz bedroht sind, wollen wir weltweit sichern und zugänglich halten. Karrierewege in der Wissenschaft Wir verbessern die Arbeitsbedingungen für Forschende, Lehrende und Studierende nachhaltig, machen Karrierewege verlässlicher und bilden dies in der Förderung des Bundes ab. Wir novellieren das Wissenschaftszeitvertragsgesetz bis Mitte 2026. Mindestvertragslaufzeiten vor und nach der Promotion werden wir einführen und Schutzklauseln auf Drittmittelbefristungen ausweiten. Mit einer Mittelbau-Strategie straffen wir die Projektförderung, sorgen grundsätzlich für längere Programmlaufzeiten, setzen Anreize für Departmentstrukturen und zur Entwicklung von Stellenprofilen. Wir bauen das Tenure-Track-Programm aus und verbessern die Rahmenbedingungen für mehr Dauerstellen. Wir wollen den Anteil von Frauen an wissenschaftlichen Führungspositionen weiter erhöhen – wir unterstützen das Kaskadenmodell und verstärken das Professorinnenprogramm. Wir gestalten die Regelungen zur Arbeitszeiterfassung an Hochschulen rechtssicher und praktikabel. Wir schaffen eine Regelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), die Arbeitsverhältnisse während eines Studiums vom Anschlussverbot ausnimmt. Wissenschaftskommunikation und -verbreitung Wissenschaftskommunikation muss fester Bestandteil von Wissenschaft und Forschungsförderung sein. Wir setzen im Rahmen des PFI und im Akademienprogramm hier ein Ziel. Wir gründen eine

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unabhängige Stiftung für Wissenschaftskommunikation und -journalismus. Zur wissenschaftsbasierten Faktenvermittlung sind Forschungsmuseen wichtig. Studienfinanzierung Wir wollen das BAföG in einer großen Novelle modernisieren. Die Wohnkostenpauschale erhöhen wir zum Wintersemester 2026/27 einmalig auf 440 Euro pro Monat und überprüfen diese regelmäßig. Die Freibeträge werden dynamisiert. Den Grundbedarf für Studierende passen wir in zwei Schritten (hälftig zum Wintersemester 2027/28 und 2028/29) dauerhaft an das Grundsicherungsniveau an. Der Grundbedarf für Schülerinnen und Schüler wird in gleichem prozentualem Umfang erhöht. Die Darlehensdeckelung bleibt unverändert. Den BAföG-Bezug wollen wir weiter vereinfachen, digitalisieren und beschleunigen. Die jährlichen Folgeanträge wollen wir vereinfachen, den Antrag für die Studienstarthilfe wollen wir in den BAföG-Antrag integrieren. Die Hinzuverdienstgrenze bleibt an die Minijobgrenze gekoppelt. Den Gesetzesvollzug für das Auslands-BAföG wollen wir beschleunigen und zentral im Bundesverwaltungsamt verankern. Beim KfW-Studienkredit als Ergänzung in besonderen Situationen setzen wir uns für faire Konditionen ein und stellen auch ein Produkt mit Zinsbindung zur Verfügung. Begabtenförderung und Stipendien Wir stärken Begabtenförderwerke und die Stiftung Begabtenförderung Berufliche Bildung und heben die Förderung deutlich an. Dabei sind bei allen Instrumenten die vollständige Digitalisierung und Vereinfachung des Antragsprozesses wichtig. Stipendien müssen in Art und Umfang ausgebaut und möglichst unbürokratisch vergeben werden. Hochschulsanierung und -modernisierung Wir legen eine Schnellbauinitiative von Bund und Ländern zur Modernisierung, energetischen Sanierung und digitalen Ertüchtigung von Hochschulen und Universitätskliniken, inklusive Mensen und Cafeterien als befristetes Investitionsprogramm auf. Studium und Lehre Wir stärken Studium und Lehre systematisch und dynamisieren den „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ auch über 2028 hinaus. Die Stiftung „Innovation in der Hochschullehre“ wird auf Basis der Evaluationsergebnisse weiterentwickelt. Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Die DFG-Programmpauschalen werden wir für Neuanträge auf 30 Prozent anheben. Die Hälfte der Anhebung erbringt die DFG. Die andere Hälfte übernehmen Bund und Länder zu gleichen Teilen.

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Universitätsmedizin Um Profilbildung in der Hochschulmedizin zu stärken, Verbundforschung anzuregen und Translation zu fördern, wollen wir aus den bestehenden und im Aufbau befindlichen Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung unter Einbeziehung der Helmholtz-Gemeinschaft eine Spitzeninitiative der Hochschulmedizin formen und deren Förderung verstärken. Es braucht mehr klinische Forschung durch Bund und Länder zur Bekämpfung der großen Volkskrankheiten. Das Netzwerk Universitätsmedizin verstetigen wir mit allen Akteuren. Wir tragen die Ziele des Masterplans Medizinstudium weiter. Voraussetzung ist eine Verständigung über Ausgestaltung und Finanzierung in einer Bund-Länder- Kommission. Die Vorhaltepauschalen für die Universitätsmedizin sollen sich an den realen Kosten orientieren. Die Universitätsmedizin soll beim Transformationsfonds angemessen berücksichtigt werden. Exzellenzstrategie Die Exzellenzstrategie werden wir in den Förderlinien Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten für eine mögliche Förderperiode ab 2030 grundlegend evaluieren. Internationalisierung Wir werden die Mittel von Deutschem Akademischen Austauschdienst (DAAD), Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) sowie der Max Weber Stiftung ressortübergreifend kontinuierlich verstärken, damit sie ihre Programme wieder ausbauen können. Wir setzen uns für eine Fortsetzung von Erasmus+ ein, den Anteil beruflich Qualifizierter werden wir weiter steigern. Wir vereinfachen die Visa-Vergabe für Fachkräfte aus der Wissenschaft und Studierende. Strukturreformen Wir hebeln Forschungsmittel mit Dritten. Wir bündeln Forschungsförderung des Bundes. Die Ressortforschung ist davon ausgenommen. Wir bauen Bürokratie zurück und denken Prozesse von Grund auf neu. Wir unterstützen die außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AuF) dabei, sich komplementärer und effizienter aufzustellen. Forschung muss in der gesamten Bandbreite, von Grundlagen bis Anwendung, gedacht werden. Durch Hub-Strukturen wollen wir Innovationsräume schaffen. Diese sollen Forschungsinfrastrukturen und Forschungsaktivitäten standort- und akteursübergreifend zu Ökosystemen vernetzen. Forschungs- und Innovationsförderung Wir starten eine Hightech Agenda für Deutschland unter Einbindung der Länder. Wir wollen dazu in definierten Missionen technologieoffene Innovationsökosysteme und Forschungsfelder organisieren und fördern mit klaren Zielen und Meilensteinen und unter Einbeziehung von universitären und außeruniversitären Akteuren, Industrie und Start-ups. Neben Förderprogrammen wird der Staat auch

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als Ankerkunde tätig. Wir priorisieren für die Hightech Agenda in einem ersten Schritt die Forschungs- und Innovationsförderung des Bundes auf folgende Schlüsseltechnologien: • Künstliche Intelligenz: Wir starten eine KI-Offensive mit einem 100.000-GPU-Programm (AI- Gigafactory). Wir stellen eine exzellente Infrastruktur bereit, die Forschung und Hochschulen durch den Auf- und Ausbau von Hoch- und Höchstleistungsrechenzentren den Zugang zu entsprechenden Rechnerinfrastrukturen ermöglicht. Wir wollen im Verbund KI-Spitzenzentren errichten. • Quantentechnologien: Wir bauen das nationale Quantenökosystem aus. Leistungsfähige Quantensysteme machen wir in der Fläche verfügbar und sorgen für die beschleunigte Entwicklung von mindestens zwei Quantenhöchstleistungsrechnern im Wettbewerb. • Mikroelektronik: Wir stärken den Mikroelektronikstandort Deutschland und denken dabei Forschung, Fachkräfte und Fertigung zusammen – wir bauen ein Kompetenzzentrum für Chipdesign auf. • Biotechnologie: Wir fördern die Entwicklung neuer Wirkstoffe und Therapien durch die lebenswissenschaftliche, molekularbiologische und pharmazeutische Forschung sowie die Agrar- /Ernährungswissenschaften und Biodiversitätsforschung. Wir schaffen eine Nationale Biobank als Grundlage für Präventions-, Präzisions- und personalisierte Medizin. • Fusion und klimaneutrale Energieerzeugung: Wir bringen neuartige Klimatechnologien voran. Wir bauen die Forschung im Bereich Photovoltaik, Windenergie, Geothermie, Wasserstoff sowie Speichertechnologien wie zum Beispiel Batterien aus. Wir wollen die Fusionsforschung stärker fördern. Unser Ziel ist: Der erste Fusionsreaktor der Welt soll in Deutschland stehen. • Klimaneutrale Mobilität: Wir intensivieren unsere Forschungsaktivitäten für die Dekarbonisierung der bodengebundenen Mobilität sowie der Schiff- und Luftfahrt. Der verlässliche Auf- und Ausbau der Batterieforschung über die Kompetenzcluster spielt ebenso wie die vernetzte Mobilität eine zentrale Rolle. Strategische Forschungsfelder • Gesundheitsforschung: Wir stärken die Gesundheitsforschung auch mit Fokus auf personalisierte Medizin. Den strategischen Ansatz bei der Gen- und Zelltherapie führen wir fort. Wir unterstützen die Bemühungen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zur Gründung von Außenstellen, um so den Zugang zu Innovationen und Forschung flächendeckend zu verbessern. Wir bauen im Bereich der onkologischen Forschung und klinischen Versorgung relevante Netzwerke aus (DKTK, NCT). Wir fördern Forschung zu Frauengesundheit und postinfektiösen Erkrankungen (Long COVID, ME/CFS und PostVac). • Meeres-, Klima- und Nachhaltigkeitsforschung: Wir erneuern die deutsche Forschungsflotte und verstetigen die Deutsche Allianz Meeresforschung. Wir stärken die Forschung zu Klimawandel,

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Klimafolgen und Klimaanpassung sowie zu klimarelevanten Ökosystemen wie Wäldern, Küsten, Mooren, Hochgebirgen und zur Kreislaufwirtschaft. • Geistes- und Sozialwissenschaften: Wir stärken die Förderung von Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften, vor allem die Erinnerungskultur, politische Bildung und Demokratieforschung sowie die Sozialpolitikforschung. Wir entwickeln ein Kompetenznetzwerk für jüdische Gegenwartsforschung und stärken die Antisemitismusforschung. • Sicherheits- und Verteidigungsforschung sowie Dual-Use: Wir bauen die Friedens- und Konfliktforschung sowie Regionalforschung (zum Beispiel zu Osteuropa, China, USA) aus und schaffen eine Förderkulisse für Sicherheits- und Verteidigungsforschung einschließlich Cybersicherheit und sicherer Infrastrukturen, um Kooperation von Hochschulen und außeruniversitärer Forschung mit Bundeswehr und Unternehmen gezielter zu ermöglichen. • Luft- und Raumfahrt: Wir starten eine Offensive für Luft- und Raumfahrt und bringen Spitzenforschung und Kommerzialisierung erfolgreich zusammen. Wir errichten eine Nationale Hyperloop Referenzstrecke. Stärkung und Beschleunigung des Transfers Wir schaffen eine Dachmarke „Initiative Forschung & Anwendung“ mit drei Säulen: (1) Die Programme ZIM, IGF und INNO-KOM, (2) „Transferbooster“ mit den Transfer-Programmen des BMBF inklusive DATI- Pilot unter Konsortialführerschaft der HAW, (3) „Deutsche Anwendungsforschungsgemeinschaft“ (DAFG) mit den Programmen „Forschen an HAW“ und „FH Personal“. Die DAFG soll perspektivisch in den Pakt für Forschung und Innovation (PFI) aufgenommen werden. Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) müssen angemessen am Förderaufkommen der DFG beteiligt werden. Wir bauen die Förderprogramme WIR, RUBIN und T!Raum aus. Wir fördern soziale Innovationen und nutzen dafür Gelder aus nachrichtenlosen Konten in einem revolvierenden Fonds. Innovationsfreiheitsgesetz Wir geben der Forschung mehr Freiheit und entfesseln sie von kleinteiliger Förderbürokratie. Wir schaffen Bereichsausnahmen für Forschung unter anderem im Umsatzsteuergesetz und identifizieren weitere Bereiche etwa im Vergaberecht. Wir werden Antragslogiken, Nachweiserfordernisse und Regularien entschlacken und Entscheidungen beschleunigen. Hierzu gehören zum Beispiel eine flexiblere Bewirtschaftung von Projektmitteln und Verschlankung der Steuerungssystematik der Projektträger. Wir regulieren die Fusionskraftwerke außerhalb des Atomrechts. Wir führen eine zeitgemäße Regelung von Zell- und Gentherapien in der Forschung ein. Wir schaffen ein eigenständiges Gesetz für wissenschaftliche Tierversuche. Wir erleichtern die Datennutzung (BDSG) und werden ein Forschungsdatengesetz noch dieses Jahr vorlegen. Wir legen eine nationale IP-Strategie (geistiges Eigentum) vor. Wir ermöglichen Ausgründungen in 24 Stunden und führen dazu an Hochschulen und Forschungseinrichtungen verbindlich standardisierte Ausgründungsverträge ein, die insbesondere

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Nutzungsrechte von geistigem Eigentum gegen einen marktüblichen Anteil ermöglichen. Wir wollen Gemeinnützigkeitsschranken entlang aller Transferpfade reduzieren. Wir stellen sicher, dass die Agentur SPRIND weiterhin wissensgetriebene Sprunginnovationen fördert. Das Besserstellungsverbot für gemeinnützige Forschungseinrichtungen flexibilisieren wir und novellieren dazu das Wissenschaftsfreiheitsgesetz. Entrepreneurship Wir setzen uns für eine neue Gründerkultur an Forschungseinrichtungen ein. Wir schaffen einen Zukunftsfonds II mit starkem Fokus auf Ausgründungen und Wachstum im Deep-Tech-Bereich und Biotech. Im Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) ergänzen wir Entrepreneurship Education als weiteres Ziel. Verlässlichkeit und Planbarkeit der Forschungsförderung Wirtschaft und Staat sollen bis 2030 jährlich mindestens 3,5 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung aufwenden. Wir werden bis 2028 die Weichen für eine dynamisierte Fortschreibung des PFI stellen. Damit schaffen wir Planungssicherheit für die Leibnitz-Gemeinschaft, Helmholtz- Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Bei der steuerlichen Forschungszulage heben wir den Fördersatz und die Bemessungsgrundlage deutlich an und vereinfachen das Verfahren. Großen Forschungsmaßnahmen des Strukturwandels eröffnen wir ab 2029 die bewährten Rahmenbedingungen der Regelfinanzierung der Forschungsförderung. Investitionen in die Forschungsinfrastruktur Deutschland soll die erforderlichen Investitionen der FIS-Roadmap tätigen und sich damit in der EU erfolgreich einbringen. Wir entwickeln die FIS-Roadmap kontinuierlich weiter. Wir werden die Aktivitäten für die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) verstetigen. Wir beteiligen uns am Wettbewerb um einen Gravitationswellendetektor. Wir setzen mit einer Bund-Länder-Initiative im Forschungsbau Impulse, unter Einschluss strukturschwacher Regionen. Wir stärken das Forschungsbauprogramm nach Art. 91b Grundgesetz und bilden darin Anforderungen an Klimaschutz und Nachhaltigkeit ab. Europäische und internationale Zusammenarbeit Wir setzen uns für ein eigenständiges, starkes EU-Forschungsrahmenprogramm und einen weiterhin unabhängigen European Research Council (ERC) ein. Wir unterstützen nicht erfolgreiche Projekte bei Wiedereinreichung eines vom ERC als exzellent bewerteten Antrags. Wir wollen das Weimarer Dreieck um eine Wissenschaftsplattform erweitern und die Wissenschaftsbeziehungen in der EU, insbesondere mit Mittel- und Osteuropa, ausbauen. Etablierte Instrumente wie die Wissenschaftskonferenz „Building Bridges for the Next Generation“ unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten, stärken wir.

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Resilienz des Wissenschaftssystems Wir stärken die Forschungssicherheit, entwickeln gemeinsam mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen Leitlinien für den Umgang in sensiblen internationalen Kontexten und verbessern die Beratungsinfrastruktur. Wir bauen die Forschung zu Desinformationsaktivitäten aus und entwickeln ein Kompetenznetzwerk für unabhängige Chinawissenschaften.

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3. Sicheres Zusammenleben, Migration und Integration

3.1 Innen

Wir begegnen den multiplen Bedrohungen von außen und im Innern mit einer Zeitenwende in der Inneren Sicherheit. Mit gestärkten Sicherheits-, Zivil- und Katastrophenschutzbehörden, zeitgemäßen digitalen Befugnissen, neuen Fähigkeiten und ausreichend Personal starten wir eine Sicherheitsoffensive und nutzen dabei auch die neuen Finanzierungsinstrumente zugunsten von Bund und Ländern. Wir werden die europa- und verfassungsrechtlichen Spielräume ausschöpfen, um ein Höchstmaß an Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Das Spannungsverhältnis zwischen sicherheitspolitischen Erfordernissen und datenschutzrechtlichen Vorgaben muss deshalb neu austariert werden. Das verlangt auch Sensibilität bei den Sicherheitsbehörden. Diese verdienen die Unterstützung und das Vertrauen von Politik und Gesellschaft. Leistungsfähige Sicherheitsbehörden Befugnisse der Sicherheitsbehörden Wir führen eine verhältnismäßige und europa- und verfassungsrechtskonforme dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern ein, um diese einem Anschlussinhaber zuordnen zu können. Im Rahmen ihrer begrenzten Zuständigkeit ermöglichen wir der Bundespolizei zur Bekämpfung schwerer Straftaten die Quellen-TKÜ ohne Zugriff auf retrograd gespeicherte Daten. Für bestimmte Zwecke sollen unsere Sicherheitsbehörden, unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben und digitaler Souveränität, die automatisierte Datenrecherche und -analyse sowie den nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten, auch mittels Künstlicher Intelligenz, vornehmen können. Wir erlauben zu Strafverfolgungszwecken den Einsatz von automatisierten Kennzeichenlesesystemen im Aufzeichnungsmodus. Kooperation von Sicherheitsbehörden Den Datenaustausch unter den Sicherheitsbehörden (insbesondere P20, Verbundspeicherung) sowie mit zivilen Behörden verbessern wir grundlegend. Der Bund trägt seinen Anteil an einer auskömmlichen Finanzierung. Zur Verhinderung weiterer Gewalttaten, wie in der jüngsten Vergangenheit, wollen wir die frühzeitige Erkennung entsprechender Risikopotenziale bei Personen mit psychischen Auffälligkeiten sicherstellen. Hierzu führen wir eine gemeinsame Risikobewertung und ein integriertes behördenübergreifendes Risikomanagement ein.

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Wir drängen auf eine echte Europäische Sicherheitsunion. Stärkung von Sicherheitsbehörden Wir stärken das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz, insbesondere in der Bekämpfung von Cyberkriminalität, Spionage und Sabotage. Wir vertrauen der Bundespolizei und schaffen für sie ein modernes Bundespolizeigesetz mit zeitgemäßen rechtlichen Grundlagen. Der Bund finanziert seinen zugesagten Anteil an den Fähigkeiten der Bereitschaftspolizeien der Länder. Zur Stärkung unserer nationalen Souveränität und der operativen Fähigkeiten unserer Nachrichtendienste, und um mit der Leistungsfähigkeit relevanter europäischer Partnerdienste wieder Schritt zu halten, streben wir eine grundlegende verfassungskonforme, systematische Novellierung des Rechts der Nachrichtendienste des Bundes an, einschließlich der rechtlichen Rahmenbedingungen für einen effektiven und effizienten Datenaustausch zwischen den Diensten und anderen Behörden (Ausweitung von Übermittlungsbefugnissen und Prüfung von Löschfristen). Wir sorgen für effektivere Kontrollstrukturen und zielgerichtetere Kontrollen nach den jeweiligen Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts, auch durch den Deutschen Bundestag. Kampf gegen Organisierte Kriminalität, Banden- und sogenannte Clankriminalität Wir verschärfen den Kampf gegen Organisierte Kriminalität und gegen Banden- und sogenannte Clankriminalität durch eine vollständige Beweislastumkehr beim Einziehen von Vermögen unklarer Herkunft. Waffenrecht Wir bekämpfen illegalen Waffenbesitz und evaluieren unter Einbeziehung aller Betroffenen und Experten das Waffenrecht umfassend und entwickeln es bis 2026 fort, unter den Maßgaben, • es praxisorientierter und anwenderfreundlicher zu machen und die Verhältnismäßigkeit zu wahren, • die Verfahren effektiver und digitaler zu machen und die Dauer wesentlich zu reduzieren und • noch zuverlässiger sicherzustellen, dass insbesondere Extremisten oder Menschen mit ernsthaften psychischen Erkrankungen nicht legal Waffen besitzen. Kampf gegen hybride Bedrohung, „Pakt für Bevölkerungsschutz“ Wir werden Deutschland und seine Bevölkerung gegen jede Form hybrider und konventioneller Bedrohung resilienter machen. Dazu stärken wir die Fähigkeiten im Bereich der Cybersicherheit, des Zivil- und Katastrophenschutzes sowie der zivilen Verteidigung. Cybersicherheit Wir entwickeln die Nationale Cybersicherheitsstrategie mit dem Ziel einer klaren Rollen- und Aufgabenverteilung fort, stärken das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und bauen es zu einer Zentralstelle für Fragen der Informations- und Cybersicherheit aus. Wir härten unsere

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Kommunikationsnetze, insbesondere für die Krisen- und VS-Kommunikation. Das Nationale Cyber- Abwehrzentrum entwickeln wir fort und intensivieren den Informationsaustausch. Im Rahmen des verfassungsrechtlich Möglichen bauen wir unsere Fähigkeiten zur aktiven Cyberabwehr aus. Wir werden im Rahmen der Umsetzung der NIS-2-Richtlinie das BSI-Gesetz novellieren. Ein Schwerpunkt bei den Nachrichtendiensten wird die stärkere gemeinsame Ausrichtung auf den Cyber- und Informationsraum sein, auch durch die Schaffung einer neuen spezialisierten technischen Zentralstelle unter Einbeziehung von ZITiS. Zivil- und Katastrophenschutz Wir werden den Zivilschutz und den ergänzenden Katastrophenschutz des Bundes stärken und die neuen Finanzierunginstrumente für die Gesamtverteidigung von Bund und Ländern nutzen. Wir stärken das BBK als zentrale Stelle und das THW als operative Einsatzorganisation und sorgen mit einem „Pakt für den Bevölkerungsschutz“ für nachhaltige Investitionen in Fähigkeiten und Ausstattung und erhöhen das Bewusstsein für Selbstschutz durch eine zeitgemäße Behördenkommunikation. Zivile Verteidigung Durch eine Änderung der Rechtslage in der Zivilen Verteidigung ermöglichen wir Handlungsfähigkeit bereits vor dem Spannungs- und Verteidigungsfall. Die Gesamtverteidigung und insbesondere die Umsetzung des OPLAN Deutschland wird als militärische und zivile Aufgabe auf Ebene der Bundesregierung gemeinsam gesteuert und koordiniert. Die Zusammenarbeit zwischen Sicherheits- , Zivilschutzbehörden und Bundeswehr bauen wir aus. Wir beschließen zeitnah ein gutes KRITIS- Dachgesetz. Drohnendetektion und -abwehr Der Bund schafft die rechtlichen, technischen und finanziellen Voraussetzungen für eine wirksame Drohnendetektion und -abwehr auch durch die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. Digitalfunk BOS Der Digitalfunk BOS erhält eine bessere Finanzierung und einen eigenen UHF-Frequenzbereich. Demokratische Resilienz Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Funktionsfähigkeit unseres Staates ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Die Koalitionsparteien sind sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung bewusst. Was die Feinde der Demokratie angeht, gilt der Grundsatz „Null Toleranz“. Es ist die gesamtstaatliche und gesellschaftliche Verantwortung, jedweder Destabilisierung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entgegenzuwirken und dabei auch unsere Sicherheitsbehörden nicht allein zu lassen.

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Wir schützen die demokratische Integrität unserer Parlamente, des öffentlichen Dienstes und der Justiz. Wir wollen eine rechtliche Grundlage für die Bundestagspolizei schaffen. Wir werden das Gesetz zur Beschleunigung der Disziplinarverfahren und seine Auswirkungen im Jahr 2027 evaluieren und es gegebenenfalls ändern. Für einen besseren Schutz unter anderem von Mandatsträgern, Rettungs- und Einsatzkräften sowie Polizisten werden wir das Melderecht überarbeiten. Wir treten allen verfassungsfeindlichen Bestrebungen und jedweder Gewalt mit derselben Entschlossenheit und Konsequenz entgegen – ob Rechtsextremismus, Islamismus, auslandsbezogenem Extremismus oder Linksextremismus. Wir setzen uns in der EU dafür ein, radikalisierungsfördernde Algorithmen im Digital Services Act (DAS) stärker zu regulieren. Mit Vereinen und Verbänden, die von ausländischen Regierungen oder mit ihnen verbundenen Organisationen gesteuert werden und die beziehungsweise deren Mitglieder oder Strukturen von Verfassungsschutzämtern beobachtet werden, wird es keine Zusammenarbeit geben. Wir führen eine Pflicht zur Offenlegung der Finanzierung dieser Vereine und Verbände ein und überwachen diese. Wir bekämpfen die Ausbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts und rechtsextremistischer Strukturen in unserer Gesellschaft systematisch und mit aller Entschlossenheit. Der Polarisierung und Destabilisierung unserer demokratischen Gesellschaft und Werteordnung durch Rechtspopulisten und -extremisten setzen wir eine Politik der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der Vielfalt, Toleranz und Humanität entgegen. Wir schaffen ein NSU-Dokumentationszentrum in Nürnberg. Wir werden den Islamismus bekämpfen und erarbeiten dafür einen Bund-Länder-Aktionsplan. Wir entwickeln die „Task Force Islamismusprävention“ fort zu einem ständigen Gremium im Bundesinnenministerium, das sich umfassend mit diesem Phänomenbereich beschäftigt und den Aktionsplan begleitet. Wir entwickeln mit den Ländern eine Strategie zur konsequenten Verfolgung und Bekämpfung linksextremistisch motivierter Straftaten und Strukturen. Deutschland trägt eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens. Das Existenzrecht Israels ist deutsche Staatsräson. Die Sicherheit jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger muss im digitalen wie im öffentlichen Raum, auch an unseren Schulen und Hochschulen, gewährleistet sein. Wir fördern die Vielfalt des jüdischen Lebens in Deutschland und stellen sicher, dass keine Organisationen und Projekte finanziell gefördert werden, die Antisemitismus verbreiten oder das Existenzrecht Israels in Frage stellen. Wir bekennen uns zu Schutz und Förderung der in Deutschland lebenden nationalen Minderheiten. Das kulturelle und geschichtliche Erbe der Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler sowie der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa sowie den Folgestaaten der Sowjetunion ist Teil der gesamtdeutschen Geschichte. Wir werden die Förderung der deutschen Minderheiten in Mittel-

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und Osteuropa und den nichteuropäischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion fortführen und den Dialog mit den Herkunftsstaaten vertrauensvoll ausbauen. Der Förderung der deutschen Minderheit in der Ukraine kommt wegen des russischen Angriffskrieges und des möglichen EU-Beitritts der Ukraine eine besondere Bedeutung zu. Wir halten an der Aufnahme der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz fest. Die gesetzlichen Grundlagen für die Aufnahme werden wir auf ihre Praktikabilität und Aktualität überprüfen und dabei auch die Lebenswirklichkeit der Menschen in den Herkunftsgebieten in den Blick nehmen. Für die nach dem 31.12.1992 geborenen und in den Aussiedlungsgebieten lebenden deutschstämmigen Personen werden wir die Möglichkeiten des Zuzugs nach Deutschland prüfen. Wir stärken das Amt des Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und führen die Zuständigkeiten für Heimatvertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler sowie deutsche Minderheiten wieder im Bundesinnenministerium zusammen. Das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa verbleibt in Oldenburg. Kirchen und Religionsgemeinschaften leisten einen unverzichtbaren Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Gemeinwohl. Wir fördern den interreligiösen Dialog und schützen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit.

3.2 Recht

Zivilrecht Elementarschadenversicherung Wir führen ein, dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten wird, und im Bestandsgeschäft sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden. Dabei prüfen wir, ob dieses Modell mit einer Opt-Out-Lösung zu versehen ist. Um eine langfristige Rückversicherbarkeit sicherzustellen, führen wir eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden ein. Die Versicherungsbedingungen werden weitgehend reguliert. Wir prüfen, wie Planungsträger in den Ländern für ihre Verantwortung bei der Bauleitplanung in besonders schadensgefährdeten Gebieten sensibilisiert werden können und konkretisieren die Staatshaftungsregeln der planenden Körperschaften, die neue Baugebiete in bisher unbesiedelten Arealen trotz dieser Risiken ausweisen. Die Belange der Mieterinnen und Mieter haben wir dabei im Blick. Smart Contracts Die Geltendmachung von Entschädigungs- oder Ausgleichszahlungen soll – wenn die relevanten Daten auf Grund von Buchung über eine App oder online dem Anbieter bereits vorliegen – digital über

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weitestgehend vorausgefüllte Formulare möglich werden. In einfach gelagerten Fällen, etwa bei Erstattung von Ticketpreisen, soll die Auszahlung automatisiert erfolgen. Abbau von Formerfordernissen Die Formvorschriften §§ 126 ff. im Bürgerlichen Gesetzbuch werden wir reformieren, neu strukturieren, vereinfachen und wo erforderlich an die neuen technischen Möglichkeiten anpassen. Reform des AGB-Rechts Wir werden das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) reformieren, um sicherzustellen, dass sich große Kapitalgesellschaften nach § 267 Absatz 3 HGB, wenn sie untereinander Verträge unter Verwendung der AGB schließen, darauf verlassen können, dass das im Rahmen der Privatautonomie Vereinbarte auch von den Gerichten anerkannt wird. Bauträgervertragsrecht Wir prüfen, wie wir Verbraucher beim Immobilienkauf besser vor Insolvenz des Bauträgers schützen. Ticketzweitmarkt Wir wollen den Ticketzweitmarkt für Sport- und Kulturveranstaltungen stärker regulieren, um Verbraucher vor überhöhten Preisen, Intransparenz und betrügerischen Verkaufspraktiken zu schützen und Veranstalter besser in die Lage zu versetzen, sich gegen unlauteres Verhalten von Ticketspekulanten zur Wehr zu setzen. Dazu wollen wir insbesondere Preisobergrenzen ermöglichen, Transparenz über den Preis und die Verkäufer der Tickets herstellen und Plattformen dazu verpflichten, gemeldete Falschangaben nach dem „notice and takedown“-Prinzip zu entfernen und dafür ein Meldesystem vorzuhalten. Verbraucherschutz Wir schützen Verbraucherinnen und Verbraucher umfassend und führen deshalb eine allgemeine Bestätigungslösung für telefonisch angebahnte Dauerschuldverhältnisse ein. Wir setzen uns auf europäischer Ebene für Verbraucherinteressen im digitalen Raum und insbesondere für die Schließung von Schutzlücken im Verbraucherrecht ein. Unser Ziel ist, dass digitale Angebote schon „by design“ und „by default“ verbraucherfreundlich gestaltet werden. Inkasso Wir evaluieren die Inkasso-Reform von 2021 und gehen gegen fortbestehenden Missbrauch vor. Reform der Betreuervergütung Wir werden das Betreuervergütungsgesetz zeitnah evaluieren und eine nachhaltige, leistungs- und verantwortungsgerechte Reform der Vergütungsstruktur verabschieden.

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Wirtschaftsrecht und Gesellschaftsrecht Beschlussmängelrecht Wir reformieren das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht zur Stärkung der Rechtssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland und dämmen dabei Missbrauchsmöglichkeiten ein. Gesellschaft mit gebundenem Vermögen und Reform des Genossenschaftsrechts Wir modernisieren das Recht der Genossenschaften und wollen eine neue, eigenständige Rechtsform „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ einführen. Merkmale dieser Rechtsform sind die unabänderliche Vermögensbindung und die Teilhabe nach mitgliedschaftlicher Logik ohne steuerliche Privilegierungen oder Diskriminierungen. Umsetzung der SLAPP-Richtlinie Wir setzen die SLAPP-Richtlinie zeitnah um, um zu verhindern, dass unser Rechtsstaat und unsere Justiz zur Einschüchterung, zum Beispiel von Journalisten sowie zivilgesellschaftlich Engagierten, missbraucht werden. Urheberrecht Im Urheberrecht sorgen wir für einen fairen Ausgleich der Interessen aller Akteure – Kreative, Wirtschaft, und Nutzer. Urheber müssen für die Nutzung ihrer bei der Entwicklung generativer KI notwendigerweise verwendeten Werke angemessen vergütet werden. Im digitalen Musikmarkt verpflichten wir Streamingplattformen, Kreative angemessen an den Einnahmen zu beteiligen. Wir sorgen für mehr Transparenz und Nachverfolgbarkeit bei der Nutzung kreativer Inhalte, insbesondere durch ein unabdingbares Recht auf eine regelgerechte Abrechnungsprüfung. Wir prüfen, wie die Verfahren und Vergütungen bei der Lizenzvergabe der Verwertungsgesellschaften wie der GEMA unter Wahrung der berechtigten Urheberinteressen praxisgerecht an die Belange von ehrenamtlichen und anderen nicht-kommerziellen Veranstaltern von zum Beispiel Weihnachtsmärkten oder Sommerfesten in Kindergärten angepasst werden können. Strafprozessrecht Ermittlungsbefugnisse (§§ 100a ff. StPO) Wir müssen unseren Ermittlern die notwendigen Ermittlungsbefugnisse zur Verfügung stellen. Daher weiten wir die Straftatenkataloge der §§ 100a ff. StPO soweit erforderlich aus. Unter anderem entfristen wir die Telefonüberwachung beim Wohnungseinbruchsdiebstahl und passen die §§ 100a, 100b StPO dahingehend an, dass keine Katalogtat als Vortat von Geldwäschestraftaten erforderlich ist. Die Funkzellenabfrage wollen wir wieder umfassender ermöglichen.

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Terrorismusbekämpfung Um Terrorangriffe auch mit Alltagsgegenständen bereits im Vorfeld der Tat besser verfolgen zu können, weiten wir insbesondere den Anwendungsbereich von § 89a StGB auf den Fall aus, dass der Täter bei der Tat keinen Sprengstoff, sondern Gegenstände wie ein Messer oder einen PKW benutzen will. Weitere Ermittlungsbefugnisse Die Sicherheitsbehörden sollen in einer zunehmend digitalisierten Welt zeitgemäße, digitale Befugnisse erhalten, um den heutigen sicherheitspolitischen Herausforderungen begegnen zu können. Die Sicherheitsbehörden sollen für bestimmte Zwecke eine Befugnis zur Vornahme einer automatisierten (KI-basierten) Datenanalyse erhalten. Unter bestimmten, eng definierten Voraussetzungen bei schweren Straftaten, wollen wir den Strafverfolgungsbehörden eine retrograde biometrische Fernidentifizierung zur Identifizierung von Täterinnen und Tätern ermöglichen. Zur nachträglichen Identifikation von mutmaßlichen Tätern wollen wie eine Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten. Das Bundeskriminalamt soll eine Rechtsgrundlage für das Testen und Trainieren von IT-Produkten erhalten. Cannabis Im Herbst 2025 führen wir eine ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis durch. Strafrecht Schutz von Rettungskräften und Polizisten Wir verschärfen den strafrechtlichen Schutz von Einsatz- und Rettungskräften, Polizisten sowie Angehörigen der Gesundheitsberufe und prüfen einen erweiterten Schutz für Kommunalpolitiker sowie für das Allgemeinwohl Tätige. § 99 StGB Für § 99 Abs. 1 StGB wird ein (Regel-)Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe eingeführt und in einem neuen Absatz 2 für unbenannte minder schwere Fälle ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorgesehen. Umweltkriminalität Umweltkriminalität ist eines der wichtigsten Betätigungsfelder für die Organisierte Kriminalität und bedroht unsere Lebensgrundlagen. In einem Nationalen Aktionsplan verständigen wir uns auf Ziele und Maßnahmen für eine verstärkte Bekämpfung von Umweltkriminalität. Wir setzen uns für eine verstärkte europäische und internationale Zusammenarbeit ein.

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Strafrechtliche Vermögensabschöpfung Wir regeln, dass beim Einziehen von Vermögen unklarer Herkunft künftig eine vollständige Beweislastumkehr gilt, und setzen die Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Optimierung des Rechts der Vermögensabschöpfung um. Cyberstrafrecht, Deepfakes, Strafbarkeit Plattformbetreiber und Hackerparagraph Wir reformieren das Cyberstrafrecht und schließen Strafbarkeitslücken, zum Beispiel bei bildbasierter sexualisierter Gewalt. Dabei erfassen wir auch Deep Fakes und schließen Lücken bei deren Zugänglichmachung gegenüber Dritten. Wir verschärfen die Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Plattformen, insbesondere bei systemischen Mängeln bei der Entfernung strafbarer Inhalte. Wir werden im Computerstrafrecht Rechtssicherheit für IT-Sicherheitsforschung schaffen, wobei wir Missbrauchsmöglichkeiten verhindern. Modernisierung des Strafrechts Wir entwickeln das StGB weiter und prüfen auch, welche Vorschriften überflüssig sind und gestrichen werden können. Antisemitische Straftaten und Volksverhetzung Im Rahmen der Resilienzstärkung unserer Demokratie regeln wir den Entzug des passiven Wahlrechts bei mehrfacher Verurteilung wegen Volksverhetzung. Wir wollen Terrorismus, Antisemitismus, Hass und Hetze noch intensiver bekämpfen und dazu insbesondere den Tatbestand der Volksverhetzung verschärfen. Wir prüfen, inwiefern eine Strafbarkeit für Amtsträger und Soldaten, die im Zusammenhang mit der Dienstausübung antisemitische und extremistische Hetze in geschlossenen Chatgruppen teilen, eingeführt werden kann. Völkerrecht Wir wollen ein starkes Zeichen für das Völkerrecht und gegen Aggression setzen, und die bestehende Zuständigkeitslücke zum Verbrechen der Aggression im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs schließen. Bekämpfung von illegalem Glücksspiel Wir verbessern gemeinsam mit den Ländern die Bekämpfung von illegalem Glücksspiel. Familienrecht Familienrechtsreform Bei Reformen des Familienrechts und Familienverfahrensrechts werden wir uns vom Wohl des Kindes leiten lassen. Häusliche Gewalt stellt eine Kindeswohlgefährdung dar und ist daher zulasten des Gewalttäters im Sorge- und Umgangsrecht maßgeblich zu berücksichtigen. Bei künftigen Änderungen

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im Unterhaltsrecht stellen wir sicher, dass diese nicht zulasten der Kinder oder hauptlasttragenden Eltern gehen und eine stärkere Verzahnung des Unterhaltsrechts mit dem Steuer- und Sozialrecht beinhalten. Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung Wir werden missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen wirksam unterbinden. Namensrecht Wir strukturieren und vereinfachen das Namensrecht. Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen und schutzbedürftige Personen und Stärkung von Frauenrechten Gewalt gegen Frauen Wir wollen Gewaltkriminalität bekämpfen und insbesondere Frauen besser schützen. Deshalb verbessern wir den strafrechtlichen Schutz von Frauen und besonders verletzlichen Personen wie Kindern, gebrechlichen Menschen und Menschen mit Behinderung durch ein neues Qualifikationsmerkmal bei den Tatbeständen von Mord und prüfen dies bei gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub. Wir verschärfen den Tatbestand der Nachstellung und den Strafrahmen für Zuwiderhandlungen nach dem Gewaltschutzgesetz und schaffen bundeseinheitliche Rechtsgrundlagen im Gewaltschutzgesetz für die gerichtliche Anordnung der elektronischen Fußfessel nach dem sogenannten Spanischen Modell und für verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für Täter. Die Verwendung von GPS-Trackern nehmen wir im Stalking-Paragraphen auf. Hersteller von Tracking-Apps sollen verpflichtet werden, das Einverständnis der Gerätebesitzerinnen und -besitzer regelmäßig abzufragen. Wir prüfen, inwieweit angesichts der gestiegenen Gewaltkriminalität und der Gefährlichkeit gefährliche Körperverletzungen mittels einer Waffe oder eines Messers beziehungsweise mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung künftig als Verbrechen geahndet werden können. Für Gruppenvergewaltigungen wollen wir den Strafrahmen grundsätzlich erhöhen, insbesondere bei gemeinschaftlicher Tatbegehung, bei Vergewaltigung und bei Herbeiführung einer Schwangerschaft. Zur Schließung von Strafbarkeitslücken prüfen wir, inwieweit der strafrechtliche Schutz für gezielte, offensichtlich unerwünschte und erhebliche verbale und nicht-körperliche sexuelle Belästigungen erweitert werden kann. Digitales Gewaltschutzgesetz Wir schaffen ein umfassendes Digitales Gewaltschutzgesetz, um die Rechtsstellung Betroffener zu verbessern und die Sperrung auch anonymer Hass-Accounts mit strafbaren Inhalten zu ermöglichen. Plattformen sollen Schnittstellen zu Strafverfolgungsbehörden bereitstellen, damit relevante Daten

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automatisiert und schnell abgerufen werden können. Aus Gründen des Opfer- und Zeugenschutzes prüfen wir, inwieweit bei Akteneinsichtsgesuchen im Strafverfahren auf die Angabe von Wohn- oder Aufenthaltsanschrift bei bestimmten Delikten verzichtet werden kann. Jugendstrafrecht Der gestiegenen Kinder- und Jugendkriminalität wollen wir entgegenwirken. Sowohl für die Opfer als auch die Täter ist es wichtig, dass die Taten angemessen aufgearbeitet werden. Zu den Ursachen der gestiegenen Kinder- und Jugendgewalt werden wir eine Studie in Auftrag geben, die auch gesetzgeberische Handlungsoptionen erfasst. Rechtspolitischer Reformbedarf im Infektionsschutzgesetz (IfSG) Aufgrund des insbesondere in rechtspolitischer und verfassungsrechtlicher Hinsicht bestehenden Reformbedarfes werden wir das Infektionsschutzgesetz in Zusammenarbeit mit den Ländern überarbeiten. AGG-Reform Benachteiligungen und Diskriminierungen sind Gift für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb stärken und verbessern wir den Diskriminierungsschutz. Staatshaftung Wir prüfen die Einführung eines Staatshaftungsgesetzes.

3.3 Migration und Integration

Deutschland ist ein weltoffenes Land und wird es auch bleiben. Wir stehen zu unserer humanitären Verantwortung. Das Grundrecht auf Asyl bleibt unangetastet. Wir wollen Integration ermöglichen. Wir wollen ein einwanderungsfreundliches Land bleiben und eine qualifizierte Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt attraktiv machen. Deutschland schlägt dabei einen anderen, konsequenteren Kurs in der Migrationspolitik ein. Die Anreize, in die Sozialsysteme einzuwandern, müssen deutlich reduziert werden. Wir werden Migration ordnen und steuern und die irreguläre Migration wirksam zurückdrängen. Deshalb werden wir unter anderem das Ziel der „Begrenzung“ der Migration zusätzlich zur „Steuerung“ wieder ausdrücklich in das Aufenthaltsgesetz aufnehmen. Dadurch werden wir auch unsere Kommunen entlasten.

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Legale Zugangswege Freiwillige Aufnahmeprogramme beenden Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme soweit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen. Familiennachzug aussetzen Wir setzen den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten befristet für zwei Jahre aus. Härtefälle bleiben hiervon unberührt. Danach prüfen wir, ob eine weitere Aussetzung der zuletzt gültigen Kontingentlösung im Rahmen der Migrationslage notwendig und möglich ist. Migrationsabkommen Zudem werden wir verstärkt Migrationsabkommen abschließen, um legale Zuwanderung zu steuern und die Rücknahmebereitschaft sicherzustellen. Wir werden die Zahl der Migrations- bzw. Rückführungsabkommen mit den relevanten Herkunftsstaaten fortlaufend erweitern. Westbalkan-Regelung begrenzen Reguläre Migration nach Deutschland im Rahmen der sogenannten Westbalkan-Regelung werden wir auf 25.000 Personen pro Jahr begrenzen. Begrenzung der Migration Zurückweisung an den Staatsgrenzen Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen. Wir wollen alle rechtsstaatlichen Maßnahmen ergreifen, um die irreguläre Migration zu reduzieren. Die Grenzkontrollen zu allen deutschen Grenzen sind fortzusetzen bis zu einem funktionierenden Außengrenzschutz und der Erfüllung der bestehenden Dublin- und GEAS-Regelungen durch die Europäische Gemeinschaft. Deshalb werden wir die europäische Grenzschutzagentur Frontex beim Grenzschutz und bei Rückführungen stärken. Liste der sicheren Herkunftsstaaten erweitern Wir werden die Liste der sicheren Herkunftsstaaten erweitern und dazu auch die Möglichkeiten der GEAS-Reform ausschöpfen. Wir beginnen mit der Einstufung von Algerien, Indien, Marokko und Tunesien. Eine entsprechende Einstufung weiterer sicherer Herkunftsstaaten prüfen wir fortlaufend. Insbesondere Staaten, deren Anerkennungsquote seit mindestens fünf Jahren unter fünf Prozent liegt, werden als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Dabei wollen wir insbesondere die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten durch Rechtsverordnung der Bundesregierung ermöglichen.

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GEAS-Reform umsetzen Wir werden GEAS noch in diesem Jahr ins nationale Recht umsetzen und es auf europäischer Ebene weiterentwickeln. Verbindungselement Auf europäischer Ebene ergreifen wir mit Blick auf Debatten um das Konzept der sicheren Drittstaaten eine Initiative zur Streichung des Verbindungselements, um Rückführungen und Verbringungen zu ermöglichen. Ausweisung und Rückführung Ausweisung Wir haben in den letzten Jahren in Deutschland schwer erträgliche Taten und Äußerungen zur Kenntnis nehmen müssen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt erheblich belastet oder gar beschädigt haben und deshalb auch zu gesetzlichen Änderungen auch im Ausweisungsrecht geführt haben. Wer den Aufenthalt in Deutschland missbraucht, indem er hier nicht unerheblich straffällig wird oder gewalttätige Stellvertreterkonflikte auf deutschem Boden austrägt, dessen Aufenthalt muss beendet werden. Künftig muss daher gelten: Bei schweren Straftaten führt die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zu einer Regelausweisung. Dies gilt insbesondere bei Straftaten gegen Leib und Leben, gegen die sexuelle Selbstbestimmung, bei Volksverhetzung, bei antisemitisch motivierten Straftaten sowie bei Widerstand und einem tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamte. Wir prüfen Änderungsbedarf bei Ausweisung auch bei öffentlicher Aufforderung zur Abschaffung der freiheitlich- demokratischen Grundordnung. Rückführungsoffensive starten und Herkunftsländer in die Pflicht nehmen Abgelehnte Asylbewerber müssen unser Land wieder verlassen. Wir wollen die freiwillige Rückkehr besser unterstützen, indem wir Anreize und die Rückkehrberatung stärken. Wenn dies nicht freiwillig geschieht, muss die Ausreisepflicht staatlich durchgesetzt werden. Dies erfolgt mit einem kohärenten Ansatz der Bundesregierung, um mit allen Politikfeldern eine bessere Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer zu erreichen, einschließlich der Visa-Vergabe, Entwicklungszusammenarbeit, Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Die Bundesregierung wird umfassende gesetzliche Regelungen erarbeiten, um die Zahl der Rückführungen zu steigern. Dabei nehmen wir auch die Sekundärmigration in den Blick. Den verpflichtend beigestellten Rechtsbeistand vor der Durchsetzung der Abschiebung schaffen wir dabei ab. Die Bundespolizei soll die Kompetenz erhalten, für ausreisepflichtige Ausländer vorübergehende Haft oder Ausreisegewahrsam zu beantragen, um ihre Abschiebung sicherzustellen. Wir wollen eine Möglichkeit für einen dauerhaften Ausreisearrest für ausreisepflichtige Gefährder und Täter schwerer Straftaten nach Haftverbüßung schaffen, bis die freiwillige Ausreise oder Abschiebung erfolgt. Wir werden zudem alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Kapazitäten für die Abschiebehaft

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deutlich zu erhöhen und dafür sorgen, die Möglichkeiten für Haft und Gewahrsam praxisnäher auszugestalten. Die Möglichkeiten zur Aberkennung des Schutzstatus bei Straftätern wollen wir konsequenter anwenden. Der Bund soll die Länder auch weiterhin bei der Beschaffung von Reisepapieren und der Umsetzung von Rückführungen unterstützen und diese Unterstützung weiter ausbauen. Wir zentralisieren beim Bund die Zuständigkeit für die Durchführung aller Überstellungen nach der Dublin- beziehungsweise der Asyl-Migrationsmanagementverordnung und steigern so deren Anzahl. Wir prüfen gemeinsam mit den Ländern die Einrichtung von durch den Bund betriebenen Bundesausreisezentren mit dem Ziel der Beschleunigung von Ausreisen. Flugunternehmen werden wir zur Beförderung bei Rückführungen verpflichten. Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben – beginnend mit Straftätern und Gefährdern. Leistungen für Ausreisepflichtige Wir sorgen für eine konsequente Umsetzung der bestehenden Anspruchseinschränkungen im Leistungsrecht. Integration fördern Deutschland als Einwanderungsland ist geprägt von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Wir wollen den sozialen Zusammenhalt stärken. Dabei kommt ehrenamtlichen Organisationen und Initiativen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte eine besondere Rolle zu, da sie Brücken bauen und den Zugang zu gesellschaftlichen Angeboten erleichtern. Integration muss weiterhin gefördert, aber intensiver als bisher eingefordert werden. Durch effiziente und zielgerichtete Angebote wollen wir bessere Startchancen für Bleibeberechtigte schaffen. Die Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) wird fortgeführt und auskömmlich finanziert. Ergänzend verbessern wir die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen bei der Integration. Wir wollen mehr in Integration investieren, Integrationskurse fortsetzen, die Sprach-Kitas wieder einführen, das Startchancen-Programm fortsetzen und auf Kitas ausweiten. Damit sorgen wir für eine Integration von Anfang an. Eine verpflichtende Integrationsvereinbarung soll künftig Rechte und Pflichten definieren. Die Integrationsvereinbarungen erwerbsloser Schutzberechtigter sollen konkrete Schritte zur Arbeitsmarktintegration (insbesondere Aufnahme einer integrativen Tätigkeit oder Ausbildung) enthalten. Dafür sollen sie sich auch an den bestehenden und gegebenenfalls neu zu schaffenden Instrumenten des SGB II orientieren. Die Wohnsitzregelung entwickeln wir fort. Wir wollen zum einen geflüchtete Frauen besser vor Gewalt schützen. Für Opfer häuslicher Gewalt wollen wir Erleichterungen bei Residenzpflicht und Wohnsitzauflage schaffen. Zum anderen werden wir die übrigen Ausnahmetatbestände reduzieren, damit die Wohnsitzregelung wieder zur Regel wird und nicht die Ausnahme bleibt.

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Der Bund wird die Länder und darüber die Kommunen weiterhin bei der Unterbringung von Asylsuchenden finanziell unterstützen. Bleiberechte Für geduldete Ausländer, die gut integriert sind, die über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen und durch ein bestehendes, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis seit zwölf Monaten ihren Lebensunterhalt überwiegend sichern, deren Identität geklärt ist, die nicht straffällig geworden sind (analog § 60d Absatz 1 Nr. 7 Aufenthaltsgesetz) und die sich zum 31.12.2024 seit mindestens vier Jahren ununterbrochen in Deutschland aufgehalten haben sowie die Voraussetzungen von §§ 25a, b Aufenthaltsgesetz noch nicht erfüllen, werden wir einen befristeten Aufenthaltstitel schaffen. Die weitere Ausgestaltung bleibt dem Gesetzgebungsverfahren vorbehalten. Die Regelung tritt zum 31.12.2027 außer Kraft. Beschleunigen, digitalisieren und entlasten Beschleunigung von Asylverfahren, insbesondere von Gerichtsverfahren Wir werden die Digitalisierung der Migrationsverwaltung gemeinsam mit den Ländern mit Nachdruck fortführen, das Ausländerzentralregister ausbauen und den Datenaustausch verbessern. Ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Digitalisierung der Migrationsverwaltung werden wir zügig umsetzen. Wir wollen insbesondere das Aufenthaltsgesetz redaktionell überarbeiten und entbürokratisieren, um die Rechtsanwendung für alle zu vereinfachen. Wir setzen auf eine deutliche Beschleunigung der Asylverfahren – sowohl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch bei verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Dabei werden wir auch die Rechtsmittelzüge in den Blick nehmen und ermöglichen die Einrichtung von besonderen Verwaltungsgerichten für Asylrechtssachen. Aus dem „Amtsermittlungsgrundsatz“ muss im Asylrecht der „Beibringungsgrundsatz“ werden. Nach einer Ausweisung oder einer Abschiebung soll grundsätzlich ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden. Unabhängige Asylverfahrensberatung Die behördenunabhängige Asylverfahrensberatung werden wir ergebnisoffen evaluieren. Staatsangehörigkeitsrecht Wir schaffen die „Turboeinbürgerung“ nach drei Jahren ab. Darüber hinaus halten wir an der Reform des Staatsbürgerschaftsrecht fest. Rechtskreiswechsel Flüchtlinge mit Aufenthaltsrecht nach der Massenzustrom-Richtlinie, die nach dem 01.04.2025 eingereist sind, sollen wieder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, sofern sie bedürftig sind. Die Bedürftigkeit muss durch konsequente und bundesweit einheitliche

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Vermögensprüfungen nachgewiesen werden. Der Bund wird die hierdurch bei den Ländern und Kommunen entstehenden Mehrkosten tragen.

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4. Starker Zusammenhalt, standfeste Demokratie

4.1. Familien, Frauen, Jugend, Senioren und Demokratie

Wir stellen Familien in den Mittelpunkt, sorgen für gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, stärken die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen, unterstützen Seniorinnen und Senioren und verteidigen unsere Demokratie. Sprachförderung, Startchancen und Kita-Qualität Für gutes Aufwachsen und Chancengerechtigkeit für alle Kinder in Deutschland werden wir die verpflichtende Teilnahme aller Vierjährigen an einer flächendeckenden, mit den Ländern vereinbarten Diagnostik des Sprach- und Entwicklungsstands einführen. Bei ermitteltem Förderbedarf erwarten wir von den Ländern geeignete, verpflichtende Fördermaßnahmen und -konzepte. Dafür führen wir ein Qualitätsentwicklungsgesetz (QEG) ein und lösen das KiTa-Qualitätsgesetz ab. Im Rahmen des QEG wollen wir eine zusätzliche Förderung für Sprach-Kitas und Startchancen-Kitas integrieren. Dafür entwickeln wir das Konzept der Sprach-Kitas weiter. Die Startchancen-Kitas wollen wir nach den bereits in den Ländern entwickelten Sozialindizes bürokratiearm fördern, insbesondere mit einem Chancenbudget. Eine verlässliche Kinderbetreuung setzt mehr Fachkräfte voraus. Dabei unterstützt der Bund die Länder im Rahmen des KiTa-Qualitätsgesetzes bereits jetzt. Wir wollen die duale Ausbildung für Erzieherberufe unter Beibehaltung des anerkannten Qualifikationsrahmens einführen. Die Anwerbung internationaler Fachkräfte für Kitas wollen wir beschleunigen, vereinfachen und ausweiten. Investitionen in Krippen und Kitas Kinder brauchen moderne und gut ausgestattete Räume, denn die Basis des Bildungserfolgs wird bereits in Krippen und Kitas gelegt. Wir werden in Neubau, Ausbau, Sanierung und Modernisierung (etwa für Inklusion, Arbeitsschutz, Ausstattung und Digitalisierung) investieren, um frühkindliche Bildung zu ermöglichen. Ganztag Den Ganztagsausbau treiben wir voran. Wir halten am Ausbauziel für die Ganztagsbetreuung in der Grundschule fest. Dafür werden wir bürokratische Hürden abbauen. Der Rechtsanspruch soll deutschlandweit mit einer Qualitätsentwicklung perspektivisch verbunden sein. Bei der Umsetzung vor Ort eröffnen wir den Kommunen mehr Gestaltungsspielräume. Angebote der anerkannten freien Träger der Jugendarbeit sollen zur Erfüllung des Rechtsanspruchs herangezogen werden können und in ihrer Rolle gestärkt werden. Wir verlängern das laufende Investitionsprogramm um zwei Jahre und erhöhen die Investitionsmittel für den Ganztag.

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Elterngeld Wir entwickeln das Elterngeld weiter, indem wir mehr Anreize für mehr Partnerschaftlichkeit, insbesondere mehr Väterbeteiligung in alleiniger Verantwortung setzen. Das erreichen wir beispielsweise durch erhöhte Lohnersatzraten und veränderte Anzahl und Aufteilung der Bezugsmonate des Elterngeldes. Insbesondere mit Blick auf die Zeit nach der Geburt wollen wir Familien unterstützen und tragen langfristig zu einer gerechteren Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit bei. Wir wollen die Einkommensgrenze sowie den Mindest- und Höchstbetrag spürbar anheben. Bei Selbstständigen werden wir die Berechnungsgrundlage für das Elterngeld flexibilisieren. Wir stärken die Rechte von Pflegeeltern und führen für sie ein Elterngeld ein. Unser Ziel ist eine konsequente Ende-zu-Ende-Digitalisierung beim Elterngeld. Frühe Hilfen Die Frühen Hilfen als wirkungsvolle und zielgenaue Präventionsmaßnahme zur Unterstützung, Begleitung und Beratung von Familien ab der Schwangerschaft stocken wir im Rahmen der Bundesstiftung Frühe Hilfen auf und erproben modellhaft, wie sie auf Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren ausgeweitet werden können. Bildungs- und Teilhabepaket Wir wollen dafür sorgen, dass alle Kinder mit Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) das kostenlose Mittagessen in Kita und Schule auch erhalten. Dafür sollten die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten, beispielsweise über einen Sammelantrag der Schule, vollumfänglich und flächendeckend ausgeschöpft werden. In Startchancen-Kitas und -Schulen wollen wir modellhaft ein bürokratiearmes BuT-Budget für das Mittagessen erproben. Damit erreichen wir auch mehr Familien mit geringen Erwerbseinkommen, die Anspruch auf Kinderzuschlag oder Wohngeld haben. Kinderzuschlag und Teilhabe-App Wir wollen den Kinderzuschlag weiterentwickeln und vereinfachen. Dazu werden wir Abbruchkanten vermeiden und Regelungen zur Abschmelzung und Einkommensanrechnung für Familien günstiger gestalten. Der Kinderzuschlag soll Ende-zu-Ende digitalisiert werden. Die dazu notwendigen Regelungen zur Datenübermittlung und Datennutzung werden wir schaffen. In Deutschland ist etwa jedes fünfte Kind armutsgefährdet. Um eine bessere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erreichen, werden wir die Idee weiterverfolgen, Kindern über eine Teilhabe-App einen unbürokratischen Zugang zu besonderen schulischen Angeboten sowie Sport- , Musik-, Kultur- und sonstigen Freizeitangeboten zu ermöglichen. Wir wollen ein übergreifendes digitales Portal für alle Familienleistungen, damit Familien einfach und unbürokratisch erfahren, welche

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Leistungen ihnen konkret zustehen und wie sie diese bekommen. Wir werden dabei die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz nutzen, um Familien hilfreiche digitale Services bereit zu stellen. Unterhaltsvorschuss Wir werden in einem ersten Schritt säumige Unterhaltsschuldner durch härtere Strafen sanktionieren, zum Beispiel durch Führerscheinentzug, und so die Rückgriffquote beim Unterhaltsvorschuss erhöhen. Wir werden die Auskunftspflicht für Unterhaltsschuldner im Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) verschärfen, insbesondere durch die Einführung der unterjährigen Auskunftspflicht. Wir werden die Pfändungsfreigrenzen für Unterhaltsschuldner überprüfen. In einem nächsten Schritt wollen wir Alleinerziehende und deren Kinder besser unterstützen, indem wir das Kindergeld nur hälftig auf den Unterhaltsvorschuss anrechnen. Kinder- und Jugendschutz Wir stärken den Kinder- und Jugendschutz. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit werden wir weiter verbessern. Wir wollen sicherstellen, dass sich Kinder und Jugendliche in der digitalen Welt sicher bewegen können. Dazu werden wir eine Expertenkommission einsetzen, um eine Strategie „Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt“ zu erarbeiten und die Umsetzung ressort- und Ebenen übergreifend zu begleiten. Insbesondere Eltern sollen durch gezielte Wissensvermittlung gestärkt werden. Plattformbetreiber und Anbieter werden wir in die Pflicht nehmen, den digitalen Kinder- und Jugendschutz wirksam umzusetzen. Wir setzen uns für verpflichtende Altersverifikationen und sichere Voreinstellungen für Kinder und Jugendliche bei digitalen Endgeräten und Angeboten ein. Den Fonds Sexueller Missbrauch und das damit verbundene Ergänzende Hilfesystem führen wir unter Beteiligung des Betroffenenrats fort. Wir begleiten eng die Umsetzung des UBSKM-Gesetzes (Unabhängige Beauftragte für Sexuellen Kindesmissbrauch) in Zusammenarbeit mit Ländern, Trägern und Einrichtungen, insbesondere im Hinblick auf das Akteneinsichtsrecht und die Pflicht der Institutionen zur Aufarbeitung und Umsetzung von Schutzkonzepten. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass auch gewerbliche und gemeinnützige Anbieter außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe Schutzkonzepte entwickeln und umsetzen. Wir werden eine Bundesförderung von Childhood-Häusern etablieren. Damit werden regionale, interdisziplinäre und ambulante Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche geschaffen, die körperliche Gewalt oder sexuellen Missbrauch erfahren haben. Kinder- und Jugendplan Wir werden den Kinder- und Jugendplan des Bundes weiterentwickeln. Den Kinder- und Jugendplan als zentrales Finanzierungsinstrument für die Kinder- und Jugendarbeit wollen wir in einem ersten Schritt um zehn Prozent besser ausstatten und anschließend die Finanzierung dynamisieren. Wir veranstalten einen nationalen Kinder- und Jugendgipfel, um jungen Menschen Gelegenheit zu geben, ihre Anliegen zu artikulieren, mit Politikerinnen und Politikern zu diskutieren und Schwerpunkte für künftige Kinder-

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und Jugendpolitik vorzuschlagen. In Orte der Jugendarbeit, Jugendfreizeit- und außerschulische Jugendbildungseinrichtungen, Familienzentren oder andere Einrichtungen der Familienbildung soll investiert werden. Mentale Gesundheit Wir entwickeln eine Strategie „Mentale Gesundheit für junge Menschen“ mit den Schwerpunkten Prävention und Früherkennung psychischer Erkrankungen, insbesondere durch Aufklärung und niedrigschwellige Beratung von Eltern sowie Fortbildung von Pädagogen und Fachkräften. Unser Ziel ist es, die Bereiche Bildung, Jugendhilfe und Gesundheit besser miteinander zu verzahnen. Experimentierklauseln ermöglichen wir. Wir unterstützen die Aufarbeitung der Misshandlungen von Kindern bei Kuraufenthalten zwischen 1950 und 1990 durch die „Initiative Verschickungskinder“. Inklusive Kinder- und Jugendhilfe Das Ziel der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe durch Reduzierung der Schnittstellen soll weiterverfolgt werden, um den betroffenen Familien den Zugang zu Leistungen zu erleichtern und die Behörden zu entlasten. Wir werden zeitnah beginnen, gemeinsam mit Ländern und Kommunen unter Einbeziehung des umfangreichen Beteiligungsprozesses eine für sie umsetzbare Lösung zu erarbeiten. Gleichstellungsstrategie Um Gleichstellung schneller zu erreichen, führen wir die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie weiter. Wir möchten die interministerielle Zusammenarbeit der Bundesregierung optimieren. Die Bundesstiftung Gleichstellung ist für uns eine wichtige Säule. Gleichstellungspolitische Akteure werden wir weiterhin unterstützen. Frauen sind in der Politik, insbesondere auf kommunaler Ebene, immer noch unterrepräsentiert. Wir verstetigen den Helene-Weber-Preis. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleichberechtigt und respektvoll miteinander leben – im Beruf, in der Familie und in der Politik. Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit für Frauen und Männer bis 2030 verwirklichen. Dazu werden wir die EU-Transparenzrichtlinie bürokratiearm in nationales Recht umsetzen. Wir werden eine Kommission einsetzen, die bis Ende 2025 dazu Vorschläge macht. Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren soll dann unverzüglich eingeleitet werden. Wir wollen strukturelle Benachteiligungen für Frauen im Alltag beseitigen und dafür sorgen, dass unbezahlte Arbeit, wie Kinderbetreuung und Pflege, fairer verteilt wird. Unser Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Medien, in Politik und Parlamenten. Führungspositionen-Gesetz Das Gesetz hat zu messbaren Verbesserungen geführt. An diese Entwicklung knüpfen wir an. Der Bund muss weiter mit gutem Beispiel voran gehen. Dort wo Unterrepräsentanz herrscht, bessern wir nach.

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Dazu soll Führung in Teilzeit in der Bundesverwaltung weiter ausgebaut werden. Um den Anteil von Frauen in Führungspositionen von Bundesunternehmen weiter zu erhöhen, werden wir weitere gesetzliche Schritte prüfen. Wir werden sicherstellen, dass Verstöße gegen die Vorgaben zu Zielgrößen – sei es durch das Fehlen von Zielgrößen oder Fristen oder durch unzureichende Begründungen bei einer Zielgröße von Null – künftig konsequent und spürbar sanktioniert werden. Wir wollen die Repräsentation Ostdeutscher in Führungspositionen und Entscheidungsgremien in allen Bereichen weiter verbessern. Das Bundeskonzept zur Steigerung des Anteils an Ostdeutschen in Führungspositionen der Bundesverwaltung schreiben wir fort und setzen es konsequent um. Müttergenesungswerk Das Müttergenesungswerk wollen wir langfristig absichern. Wir unterstützen den Ausbau, Neubau und die Sanierung von Mutter-Kind-Kliniken. Mutterschutz für Selbstständige Wir wollen einen Mutterschutz für Selbstständige analog zu den Mutterschutzfristen für Beschäftigte einführen. Dafür prüfen wir zeitnah umlagefinanzierte und andere geeignet Finanzierungsmodelle. Darüber hinaus entwickeln wir gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft Konzepte für die Absicherung der betroffenen Betriebe. Wir werden eine Aufklärungskampagne zum Mutterschutz umsetzen. Versorgungslage bei Schwangerschaftsabbrüchen Wir wollen Frauen, die ungewollt schwanger werden, in dieser sensiblen Lage umfassend unterstützen, um das ungeborene Leben bestmöglich zu schützen. Für Frauen in Konfliktsituationen wollen wir den Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung ermöglichen. Wir erweitern dabei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung über die heutigen Regelungen hinaus. Zudem werden wir die medizinische Weiterbildung stärken. Verhütungsmittel Für uns gehört der Zugang zu Verhütungsmitteln zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Deswegen prüfen wir die Möglichkeit einer kostenlosen Abgabe von ärztlich verordneten Verhütungsmitteln für Frauen um weitere zwei Jahre bis zum 24. Lebensjahr. Kinderwunsch Wir werden ungewollt kinderlose Paare auch weiterhin unterstützen und die Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ fortführen und ausbauen.

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Gewaltschutzstrategie Gewaltfreiheit ist ein Menschenrecht. In Umsetzung der Istanbul-Konvention und der EU- Gewaltschutzrichtlinie begleiten wir eng die Umsetzung des Gewalthilfegesetzes und entwickeln die Gewaltschutzstrategie des Bundes zu einem Nationalen Aktionsplan fort. Wir ergreifen weitere Schutzmaßnahmen für betroffene Frauen: Die Präventions-, Aufklärungs- und Täterarbeit verstärken wir und stärken die Koordinierungsstelle Geschlechtsspezifische Gewalt in ihrer Arbeit. Die anonyme Spurensicherung soll es Betroffenen ermöglichen, dass Spuren ohne Strafanzeige gesichert werden können. Prostituiertenschutzgesetz Deutschland ist zu einer Drehscheibe beim Menschenhandel geworden. Die Opfer sind fast ausnahmslos Frauen. Im Lichte der Evaluationsergebnisse zum Prostituiertenschutzgesetz werden wir mit Unterstützung einer unabhängigen Experten-Kommission bei Bedarf nachbessern. Seniorenpolitik Seniorenpolitik ist für uns eine Querschnittsaufgabe. In einer Zeit tiefgreifenden Wandels bringen ältere Menschen wichtige Ressourcen ein, um eine für alle lebenswerte Zukunft mitzugestalten. Wir werden die gesellschaftliche Teilhabe von älteren Menschen stärken und digitale Teilhabebarrieren durch Unterstützungsprogramme wie den „Digitalpakt Alter“ weiter abbauen. Altersdiskriminierung wirken wir entgegen. Dazu gehören Aufklärungs- und Bildungsmaßnahmen sowie altersfreundliche Arbeitsmodelle und klare Regelungen, um Diskriminierung im Berufsalltag entgegenzutreten. Die Mehrgenerationenhäuser werden wir als wichtige generationenübergreifende Begegnungsorte weiter fördern. Um Wohnorte für gutes Altern zu schaffen, fördern wir modellhaft die Entwicklung innovativer und beispielgebender Konzepte für generationenübergreifende und gemeinschaftliche Wohnformen. Die Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen wollen wir verbessern. Hierzu werden wir die gesetzlichen Regelungen anpassen und die Nationale Demenzstrategie fortführen. Pflege von Angehörigen Wir streben an, das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz zusammenzuführen, die Freistellungsansprüche flexibler zu machen und den Kreis der Angehörigen zu erweitern. Wir prüfen, wie perspektivisch ein Familienpflegegeld eingeführt werden kann. Demokratiebildung und demokratische Teilhabe Vor dem Hintergrund unserer Geschichte sind wir stolz auf die demokratischen Institutionen und Aushandlungsprozesse in unserem Land. Sie sind die Grundlage unseres Zusammenlebens und müssen von früher Kindheit an erlernt werden.

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Mit Sorge sehen wir das Erstarken des Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit als Angriffe auf unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und auf das friedliche und respektvolle Miteinander. Wir sind überzeugt, dass wir verstärkt in die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie investieren müssen. Wir unterstreichen die Bedeutung gemeinnütziger Organisationen, engagierter Vereine und zivilgesellschaftlicher Akteure als zentrale Säulen unserer Gesellschaft. Die Unterstützung von Projekten zur demokratischen Teilhabe durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ setzen wir fort. Wir werden eine unabhängige Überprüfung dieses Programms in Bezug auf Zielerreichung und Wirkung veranlassen. Auf Basis der Ergebnisse prüfen wir weitere Maßnahmen für rechtssichere, altersunabhängige Arbeit gegen Extremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Wir stellen weiterhin die Verfassungstreue geförderter Projekte sicher. Antidiskriminierungsstelle des Bundes Die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle wird fortgesetzt. Wir werden den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus aufbauend auf einer wissenschaftsbasierten Rassismus-Definition neu auflegen, um Rassismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen zu bekämpfen. Geschlechtliche Vielfalt Wir verpflichten uns weiterhin, queeres Leben vor Diskriminierung zu schützen. Es muss für alle Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung selbstverständlich sein, gleichberechtigt, diskriminierungs- und gewaltfrei leben zu können. Dazu wollen wir mit entsprechenden Maßnahmen das Bewusstsein schaffen, sensibilisieren und den Zusammenhalt und das Miteinander stärken. Selbstbestimmungsgesetz Wir werden das Gesetz über die Selbstbestimmung im Bezug auf den Geschlechtseintrag bis spätestens 31. Juli 2026 evaluieren. Wir wahren die Rechte von trans- und intersexuellen Personen. Bei der Evaluation legen wir einen besonderen Fokus auf die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, die Fristsetzungen zum Wechsel des Geschlechtseintrags sowie den wirksamen Schutz von Frauen. Im Rahmen der Namensrechtsreform nehmen wir die bessere Nachverfolgbarkeit aller Personen bei berechtigtem öffentlichem Interesse bei Namensänderungen in den Blick. Freiwilligendienste Wir stärken die Freiwilligendienste, stellen die überjährige Finanzierung sicher und bauen die Strukturen und Plätze sukzessive aus. Wir wollen einen Freiwilligendienst Bevölkerungsschutz implementieren, in den wir Modellprojekte des freiwilligen Handwerksjahres gemeinsam mit den Handwerkskammern integrieren. Wir wollen es Jugendlichen ermöglichen, sich unabhängig vom Geldbeutel der Eltern für einen Freiwilligendienst zu entscheiden. Wir wollen die Wohlfahrtsverbände bedarfsgerecht ausstatten.

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Einsamkeit Die Einsamkeitsstrategie werden wir weiter fortschreiben und die Arbeit bestehender Netzwerke unterstützen. Wir werden die Datenerhebung und Forschung zum Thema Einsamkeit insbesondere im Bereich der Kinder und Jugendlichen verbessern, um zielgenaue Maßnahmen zur Bekämpfung der zunehmenden Einsamkeit vom Kindesalter bis zu den Senioren zu entwickeln. Psychosoziale Zentren Auch als Beitrag zu mehr Sicherheit und Integration unterstützen wir weiter die Psychosozialen Zentren.

4.2. Gesundheit und Pflege

Wir wollen eine gute, bedarfsgerechte und bezahlbare medizinische und pflegerische Versorgung für die Menschen im ganzen Land sichern. Dafür wagen wir tiefgreifende strukturelle Reformen, stabilisieren die Beiträge, sorgen für einen schnelleren Zugang zu Terminen und verbessern die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen. Stabilisierung der Beitragssätze Hohe Defizite prägen derzeit die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung. Die Einnahmeentwicklung bleibt deutlich hinter der Entwicklung der Ausgaben zurück. Die Beitragssätze steigen. Ziel ist es, die Finanzsituation zu stabilisieren und eine weitere Belastung für die Beitragszahlerinnen und -zahler zu vermeiden. Hierzu setzen wir auf ein Gesamtpaket aus strukturellen Anpassungen und kurzfristigen Maßnahmen. Ziel ist es, die seit Jahren steigende Ausgabendynamik zu stoppen und die strukturelle Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen zu schließen. Wir wollen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auch langfristig stabilisieren und zugleich eine hohe Qualität und ein hohes Niveau der Leistungen sichern. Wir wollen die Einnahmen durch ein höheres Beschäftigungsniveau vergrößern und die Kosten auf der Ausgabenseite reduzieren. Für diese Aufgabe werden wir eine Kommission unter Beteiligung von Expertinnen und Experten und Sozialpartnern einrichten. Wir wollen, dass die Kommission die gesundheitspolitischen Vorhaben dieses Koalitionsvertrags in der Gesamtwirkung betrachtet und bis zum Frühjahr 2027 Ableitungen trifft und konkrete weitere Maßnahmen vorschlägt.

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Prävention Krankheitsvermeidung, Gesundheitsförderung und Prävention spielen für uns eine wichtige Rolle. Wir sprechen Menschen, insbesondere Kinder, zielgruppenspezifisch, strukturiert und niederschwellig an. Die bestehenden U-Untersuchungen werden erweitert und das Einladewesen für alle weiterentwickelt. Wir stärken freiwillige Angebote auf kommunaler Ebene, die vulnerable Gruppen in den Blick nehmen. Einsamkeit, ihre Auswirkung und der Umgang damit, rücken wir in den Fokus. Wir beseitigen Hürden zugunsten eines besseren Datenaustausches im Rahmen des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes. Wir prüfen, wie wir nach dem Ende des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in gemeinsamer Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen den ÖGD weiterhin unterstützen können. Ambulante Versorgung Die ambulante Versorgung verbessern wir gezielt, indem wir Wartezeiten verringern, das Personal in ärztlichen Praxen entlasten und den Zugang zu Fachärztinnen und Fachärzten bedarfsgerecht und strukturierter gestalten. Die telefonische Krankschreibung werden wir so verändern, dass Missbrauch zukünftig ausgeschlossen ist (zum Beispiel Ausschluss der Online-Krankschreibung durch private Online-Plattformen). Zu einer möglichst zielgerichteten Versorgung der Patientinnen und Patienten und für eine schnellere Terminvergabe setzen wir auf ein verbindliches Primärarztsystem bei freier Arztwahl durch Haus- und Kinderärzte in der Hausarztzentrierten Versorgung und im Kollektivvertrag. Ausnahmen gelten bei der Augenheilkunde und der Gynäkologie. Für Patientinnen und Patienten mit einer spezifischen schweren chronischen Erkrankung werden wir geeignete Lösungen erarbeiten (zum Beispiel Jahresüberweisungen oder Fachinternist als steuernder Primärarzt im Einzelfall). Die Primärärztinnen und Primärärzte oder die von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) betriebene Rufnummer 116 117 stellen den medizinisch notwendigen Bedarf für einen Facharzttermin fest und legen den dafür notwendigen Zeitkorridor (Termingarantie) fest. Wir verpflichten die KV, diese Termine zu vermitteln. Gelingt dies nicht, wird der Facharztzugang im Krankenhaus ambulant für diese Patientinnen und Patienten ermöglicht. Zudem schaffen wir die flächendeckende Möglichkeit einer strukturierten Ersteinschätzung über digitale Wege in Verbindung mit Telemedizin. Wir stärken die sektorenübergreifende Versorgung. Im Zuge dessen entwickeln wir sektorenunabhängige Fallpauschalen (Hybrid-DRGs) weiter und ermöglichen sie umfassend. Damit verschränken wir Angebote im ambulanten und stationären Bereich.

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Wir erlassen ein Gesetz zur Regulierung investorenbetriebener Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ-Regulierungsgesetz), das Transparenz über die Eigentümerstruktur sowie die systemgerechte Verwendung der Beitragsmittel sicherstellt. Wir verändern das Honorarsystem im ärztlichen Bereich mit dem Ziel, die Anzahl nicht bedarfsgerechter Arztkontakte zu reduzieren (Jahrespauschalen). Durch Flexibilisierung des Quartalsbezugs ermöglichen wir neuen Patientinnen und Patienten einen besseren Zugang und die Vergütung von Praxis-Patienten-Kontakten. Wir stärken die Kompetenzen der Gesundheitsberufe in der Praxis. Wir ermöglichen, dass mehr Ärztinnen und Ärzte ihre Weiterbildung in der Allgemeinmedizin in einer Arztpraxis absolvieren können (zwei pro Weiterbilder) und bauen die Kapazitäten der Weiterbildungsstellen für Kinderärztinnen und Kinderärzte aus. Wir stärken die Länderbeteiligung in den Zulassungsausschüssen über eine ausschlaggebende Stimme und ermöglichen eine kleinteiligere Bedarfsplanung. Wir schaffen einen Fairnessausgleich zwischen über- und unterversorgten Gebieten: Wir prüfen eine Entbudgetierung von Fachärztinnen und Fachärzten in unterversorgten Gebieten. Dort können universitäre Lehrpraxen vereinfacht ausgebracht werden. Außerdem gibt es in (drohend) unterversorgten Gebieten Zuschläge zum, in überversorgten Gebieten (größer 120 Prozent) Abschläge vom Honorar. Dabei definieren wir auch den Versorgungsauftrag und ermöglichen den Ländern, die Bedarfsplanung für Zahnärztinnen und Zahnärzte selbst vorzunehmen. Wir schaffen eine gesetzliche Regelung, die die Sozialversicherungsfreiheit von Ärztinnen und Ärzten im Bereitschaftsdienst der Krankenversicherung ermöglicht und bringen Gesetze zur Notfall- und Rettungsdienstreform auf den Weg. Bei medizinischen Behandlungen stärken wir Patientinnen und Patienten gegenüber den Behandelnden. Wir entwickeln das Hospiz- und Palliativgesetz im Sinne der sorgenden Gemeinschaften weiter und tragen den besonderen Bedürfnissen von Eltern von Sternenkindern Rechnung. Apotheken Die Vor-Ort-Apotheken sind häufig erste Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung. Das Fremdbesitzverbot bekräftigen wir und stärken insbesondere Apotheken im ländlichen Raum. Wir bauen Strukturen in den Vor-Ort-Apotheken für Präventionsleistungen aus, erleichtern die Abgabe und den Austausch von Arzneimitteln und entlasten sie von Bürokratie und Dokumentationspflichten. Nullretaxationen aus formalen Gründen schaffen wir ab. Das Skonti-Verbot heben wir auf. Wir erhöhen das Apothekenpackungsfixum einmalig auf 9,50 Euro. In Abhängigkeit vom Versorgungsgrad kann es insbesondere für ländliche Apotheken in einem Korridor bis zu 11 Euro betragen. Künftig wird die Vergütung zwischen den Apothekerinnen und Apothekern und dem GKV-Spitzenverband

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ausgehandelt. Auch vereinheitlichen wir die Vorgaben für Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken, insbesondere bei der Einhaltung von Kühlketten und Nachweispflichten. Den Apothekerberuf entwickeln wir zu einem Heilberuf weiter. Gesundheitswirtschaft Wir stärken die industrielle Gesundheitswirtschaft, insbesondere die pharmazeutische Industrie und Medizintechnik, als Leitwirtschaft. Der Pharmadialog und die Pharmastrategie werden fortgesetzt. Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) entwickeln wir mit Blick auf die „Leitplanken“ und auf personalisierte Medizin weiter. Dabei ermöglichen wir den Zugang zu innovativen Therapien und Arzneien und stellen gleichzeitig eine nachhaltig tragbare Finanzierung sicher. Die Versorgungssicherheit stärken wir durch Rückverlagerung von Produktionsstandorten für kritische Arzneimittel und Medizinprodukte nach Deutschland und Europa. Krankenhauslandschaft Wir entwickeln eine qualitative, bedarfsgerechte und praxistaugliche Krankenhauslandschaft aufbauend auf der Krankenhausreform der letzten Legislaturperiode fort und regeln dies gesetzlich bis zum Sommer 2025. Wir ermöglichen den Ländern zur Sicherstellung der Grund- (Innere, Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe) und Notfallversorgung der Menschen besonders im ländlichen Raum Ausnahmen und erweiterte Kooperationen. Die Lücke bei den Sofort-Transformationskosten aus den Jahren 2022 und 2023 sowie den bisher für die GKV vorgesehenen Anteil für den Transformationsfonds für Krankenhäuser finanzieren wir aus dem Sondervermögen Infrastruktur. Die Definition der Fachkrankenhäuser überarbeiten wir mit dem Ziel, dass die in den Ländern bestehenden und für die Versorgung relevanten Fachkliniken erhalten bleiben können. Das System der belegärztlichen Versorgung erhalten und verbessern wir ohne Einbußen in der Qualität der Leistungserbringung. Die Zuweisung der Leistungsgruppen erfolgt zum 01.01.2027 auf Basis der 60 NRW-Leistungsgruppen zuzüglich der speziellen Traumatologie. Der InEK-Grouper zu diesen Leistungsgruppen wird zur Abrechnung verwendet und die Leistungsgruppen bleiben bis zur Evaluation erhalten. Die bis zum 01.01.2027 geltenden Zwischenfristen zur Umsetzung der Krankenhausreform werden angepasst. Dort, wo es medizinisch sinnvoll ist, werden die Leistungsgruppen in Bezug auf ihre Leistungs- und/oder Qualitätsvorgaben verändert. Dies gilt in gleicher Weise für die Anrechenbarkeit der Ärztinnen und Ärzte pro Leistungsgruppe. Als Vollzeitäquivalent gelten 38,5 Stunden. Die Konvergenzphase wird von zwei auf drei Jahre verlängert. Das Jahr 2027 wird dabei für alle Krankenhäuser erlösneutral ausgestaltet, um die neuen Vergütungsregeln und die Wirkung der Vorhaltefinanzierung transparent aufzuzeigen und

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gegebenenfalls nachzujustieren. Anschließend führen wir die Vorhaltevergütung in zwei Schritten ein. In den Bundesländern, die bis zum 31.12.2024 die Leistungsgruppen zugewiesen haben, bleiben diese rechtswirksam und werden als Basis für die Vergütung ab 2026 genutzt. Diese Übergangsregelung gilt längstens bis zum 31.12.2030 und führt zu keiner Schlechterstellung. Pflegereform und Bund-Länder-Kommission Die Bewältigung der stetig wachsenden Herausforderungen in der Pflege und für die Pflegeversicherung ist eine Generationenaufgabe. Auch dieser Herausforderung wollen wir mit einem Mix aus kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen begegnen. Die strukturellen langfristigen Herausforderungen werden mit einer großen Pflegereform angehen. Ziele der Reform sind, die nachhaltige Finanzierung und Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung zu sichern sowie eine Stärkung der ambulanten und häuslichen Pflege. Ferner wollen wir damit gewährleisten, dass Leistungen der Pflegeversicherung von den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen einfach und bürokratiearm in Anspruch genommen werden können. Die Grundlagen der Reform soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Ministerebene unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände erarbeiten. Zum Arbeitsauftrag der Kommission gehört insbesondere die Prüfung von: • Leistungsumfang, Ausdifferenzierung der Leistungsarten, • Bündelung und Fokussierung der Leistungen, • Möglichkeiten zur Stärkung der pflegenden Angehörigen, • Schaffung von Angeboten für pflegerische Akutsituationen, • Stärkung der sektorübergreifenden pflegerischen Versorgung und Übernahme von Modellprojekten (wie zum Beispiel „stambulant“) in die Regelversorgung, • Anreize für eigenverantwortliche Vorsorge, • Nachhaltigkeitsfaktoren (wie beispielsweise die Einführung einer Karenzzeit), • Verortung versicherungsfremder Leistungen wie die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige und die Ausbildungsumlage, • Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile. Die Kommission legt ihre Ergebnisse noch 2025 vor. Kurzfristig bringen wir Gesetze zur Pflegekompetenz, Pflegeassistenz und zur Einführung der „Advanced Practice Nurse“ auf den Weg und sichern den sogenannten „kleinen Versorgungsvertrag“ rechtlich ab.

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Bürokratieabbau im Gesundheitswesen Unser Gesundheitssystem lebt von hochqualifizierten Fachkräften, die täglich Verantwortung für Menschen tragen. Wir verringern Dokumentationspflichten und Kontrolldichten durch ein Bürokratieentlastungsgesetz im Gesundheitswesen massiv, etablieren eine Vertrauenskultur und stärken die Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Professionen, statt sie mit Bürokratie aus Gesetzgebung und Selbstverwaltung zu lähmen. Alle Gesetze in diesem Bereich werden wir einem Praxis-Check unterziehen. Wir überprüfen Datenschutzvorschriften und alle Berichts- und Dokumentationspflichten insbesondere im SGB XI auf ihre zwingende Notwendigkeit. Berichts- und Dokumentationspflichten, die aufgrund der Coronapandemie eingeführt wurden, schaffen wir ab, ohne die Vorsorge für zukünftige Pandemien zu gefährden. Wir wollen eine KI-unterstützte Behandlungs- und Pflegedokumentation ermöglichen und streben ein konsequent vereinfachtes und digitales Berichtswesen an. Wir führen eine Bagatellgrenze von 300 Euro bei der Regressprüfung niedergelassener Ärztinnen und Ärzte ein. Entsprechende Regelungen werden wir auch für andere Leistungserbringerinnen und -erbringer treffen. Die Verschreibung und Abrechnung von Heil- und Hilfsmitteln gegenüber den Krankenkassen vereinfachen wir wesentlich. Wir senken die Prüfquote bei Krankenhäusern erheblich. Das Prüfergebnis der Stichproben wird sodann auf 100 Prozent hochgerechnet. Ist eine Prüfung regelhaft nicht auffällig, sind die Prüffrequenzen anzupassen. Die Aufgaben der Kontrollinstanzen in der Pflege (Medizinischer Dienst und Heimaufsicht) verschränken wir und bauen Doppelstrukturen ab. Krankenkassen verpflichten wir, vollständig gemeinsame Vertrags- und Verwaltungsprozesse zu entwickeln. Alle sozialversicherungsrechtlichen oder selbstverwaltenden Körperschaften des öffentlichen Rechts im Gesundheitswesen, die aus dem Beitragsaufkommen finanziert werden, sollen die gleiche Gehaltsstruktur abbilden, die für die Mitarbeitenden der niedergelassenen Ärzteschaft, der Krankenhäuser und des öffentlichen Gesundheitsdienstes gelten. Künftig sollen sich die Gehälter der gesetzlichen Krankenkassen, des Medizinischen Dienstes und weiterer Akteure am Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) orientieren. Mit diesen Maßnahmen schaffen wir Strukturveränderungen mit erheblichem Einsparpotenzial. Digitalisierung Für die Zukunft der Gesundheitsversorgung nutzen wir die Chancen der Digitalisierung. Noch 2025 rollen wir die elektronische Patientenakte stufenweise aus, von einer bundesweiten Testphase zu einer verpflichtenden sanktionsbewehrten Nutzung. Wir vereinfachen den Austausch zwischen den Versicherungsträgern und den Ärztinnen und Ärzten. Doppeldokumentationen vermeiden wir.

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Rahmenbedingungen und Honorierung für Videosprechstunden, Telemonitoring und Telepharmazie verbessern wir, um die Versorgung flächendeckend sicherzustellen. Die Gematik GmbH entwickeln wir zu einer modernen Agentur weiter, um im Bereich der Digitalisierung Akteure besser zu vernetzen. Alle Anbieter von Software- und IT-Lösungen im Bereich Gesundheit und Pflege müssen bis 2027 einen verlustfreien, unkomplizierten, digitalen Datenaustausch auf Basis einheitlich definierter Standards sicherstellen. Gesundheitsforschung und zielgruppengerechte Versorgung Zur besseren Datennutzung setzen wir ein Registergesetz auf und verbessern die Datennutzung beim Forschungsdatenzentrum Gesundheit. Gleichzeitig ist der Schutz von sensiblen Gesundheitsdaten unabdingbar. Deshalb wirken wir auf eine konsequente Ahndung von Verstößen hin. Wir machen Deutschland zu einem Spitzenstandort für die Gesundheitsforschung und klinische Studien. In der klinischen Forschung bauen wir Hürden ab und harmonisieren Regelungen mit anderen EU-Staaten, zum Beispiel in der CAR-T-Zelltherapie. Die Rahmenbedingungen für Labore der Sicherheitsstufe S 1 vereinfachen wir. Wir unterstützen den Verbund der deutschen Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger (STAKOB) bei seiner hervorragenden Arbeit und investieren in diesem Kontext in ein länderübergreifendes Behandlungszentrum für Infektionskrankheiten in Mitteldeutschland. Medizinische Vorsorge, Behandlung und Forschung gestalten wir geschlechts- und diversitätssensibel (inklusive queere Menschen) aus und berücksichtigen dabei die speziellen Bedürfnisse in jedem Lebensabschnitt aller Geschlechter, zum Beispiel Geburt und Wechseljahre, sowie spezifische Krankheitsbilder wie Endometriose, Brust- und Prostatakrebs. Zugang zur Grundversorgung, insbesondere in der Gynäkologie, Geburtshilfe und Hebammenversorgung sichern wir flächendeckend. Bei der Kinderwunschbehandlung muss die anteilige Eigenfinanzierung der künstlichen Befruchtung für Betroffene angemessen und verlässlich sein. Wir entwickeln das Gesundheitswesen und die Pflegeversorgung barrierefrei und inklusiv weiter. Psychotherapie Durch niedrigschwellige Online-Beratung in der Psychotherapie und digitale Gesundheitsanwendungen stärken wir Prävention sowie Versorgung in der Fläche und in Akutsituationen. Wir passen Vergütungsstrukturen an, um eine bedarfsgerechte Versorgung mit Blick zum Beispiel auf die Kurzzeittherapie zu ermöglichen. Wir führen eine Notversorgung durch Psychotherapeuten ein und setzen das Suizidpräventionsgesetz um. Zur besseren psychosomatischen Grundversorgung durch Hausärzte schaffen wir deren Regresse ab und setzen psychosomatische Institutsambulanzen wohnortnah um. Die Bedarfsplanung passen wir im Hinblick auf Kinder und

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Jugendliche und auf die Verbesserung der Versorgung im ländlichen Raum an und stellen die Weiterbildungsfinanzierung in der Psychotherapie sicher. Ziel ist eine bessere Versorgung und die Stärkung der Resilienz unserer Kinder und Jugendlichen. Auswirkungen der Corona-Pandemie Wir ergreifen weitere Maßnahmen, um die gesundheitliche Situation von Betroffenen seltener Erkrankungen, zum Beispiel durch Ausbau und Stärkung von digital vernetzten Zentren zu verbessern. An myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom, Long- und PostCOVID und PostVac erkrankte Menschen brauchen weiter unsere Unterstützung. Wir stärken hierzu Versorgung und Forschung. Wir werden die Corona-Pandemie umfassend im Rahmen einer Enquete-Kommission aufarbeiten, insbesondere um daraus Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse abzuleiten. Organspende Wir wollen die Zahl von Organ- und Gewebespenden deutlich erhöhen und dafür die Voraussetzungen verbessern. Aufklärung und Bereitschaft sollen gefördert werden. Krisenfeste Versorgung Wir schaffen gesetzliche Rahmenbedingen für den Gesundheitssektor und den Rettungsdienst im Zivilschutz- sowie Verteidigungs- und Bündnisfall mit abgestimmter Koordinierung und eindeutigen Zuständigkeiten. Wir investieren in die energetische Sanierung und Digitalisierung für die Krankenhaus-, Hochschulklinik- und Pflegeinfrastruktur. Globale Gesundheit Globale Gesundheit stärkt Sicherheit, Wohlstand und Resilienz. Deutschland bringt gezielt Gesundheitsexpertise in die globale Politik ein. Dazu gehören Reformen bei WHO und UNAIDS, verstärkte Sekundierungen und mehr deutsche Expertise in Schlüsselpositionen. Gemeinsam mit unseren Partnern dämmen wir den Ausbruch und die Ausbreitung von Krankheiten im Globalen Süden ein. Forschung zu antimikrobiellen Resistenzen und eine nachhaltigere Gesundheitsfinanzierung treiben wir voran. Sucht und Prävention Wir nehmen das zunehmende Problem der Suchtabhängigkeit – auch von neuen synthetischen Drogen – ernst. Um den Folgen entgegenzuwirken, die von Gesundheitsgefährdung bis Gewaltbereitschaft und Verwahrlosung reichen können, erarbeiten wir in einer gemeinsamen Kraftanstrengung auch mit Suchtprävention, -hilfe und Substitutionsmedizin gebündelte Maßnahmen. Wir ergreifen geeignete Präventionsmaßnahmen, um insbesondere Kinder und Jugendliche vor Alltagssüchten zu schützen. Eine Regelung zur Abgabe von Lachgas und GHB/GBL (sogenannte KO-Tropfen) legen wir vor.

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Gesundheitsberufe Wir erhöhen die Wertschätzung und Attraktivität der Gesundheitsberufe. Wir ermöglichen den kompetenzorientierten Fachpersonaleinsatz und die eigenständige Heilkundeausübung. Dazu gehört eine geeignete Personalbemessung im Krankenhaus und in der Pflege. Wir stärken die Eigenverantwortung in der Pflege und werten deren Selbstverwaltung auf, etwa durch einen festen Sitz mit einem Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Wir erwirken geeignete Maßnahmen zur Reduktion der Unterschiede zwischen Leiharbeitnehmern und der Stammbelegschaft. Mehrkosten zur Schaffung von Springerpools sowie entsprechende Vergütungen für das Personal werden ausgeglichen. Die Weiterqualifizierung von berufserfahrenen Pflegefachkräften durch das DQR-Anerkennungsverfahren vereinfachen wir mittels Kompetenzfeststellungsverfahren der zuständigen Praxisanleitungen. Wir wollen eine Vergütungsstruktur im Praktischen Jahr (PJ) modernisieren, die mindestens dem BAföG-Satz entspricht und wollen eine gerechte und einheitliche Fehlzeitenregelung schaffen. Die Kenntnisprüfung wird unter anderem mit einer stärkeren sprachlichen Komponente verbessert und vorrangiger Zugang für die Anerkennung der Ausbildung ausländischer Ärzte. Die Berufsgesetze für Ergo- und Physiotherapie sowie Logopädie reformieren wir zügig und zukunftsfest. Eine ausschließliche Voll-Akademisierung lehnen wir ab. Die Osteopathie regeln wir berufsgesetzlich. Wir unterstützen Forschung und Versorgung zu Naturheilkunde und Integrativer Medizin zur Präventionsförderung.

4.3. Kommunen, Sport und Ehrenamt

Der funktionierende Staat fängt auf kommunaler Ebene an. Wir wollen, dass unsere Kommunen auch in Zukunft lebenswert und leistungsfähig sind. Allerdings ist die Lage der Kommunen ernst und spitzt sich finanziell zu. Insbesondere die Ausgaben für Personal, Bürokratie und Soziales treiben ihr Defizit an – sie steigen deutlich schneller als die Investitionsausgaben. Die Kommunen brauchen Handlungsperspektiven – sowohl finanziell als auch im Hinblick auf die Umsetzungsfähigkeit der ihnen übertragenen Aufgaben. Wir werden die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Kommunen verbessern. Kommunalpolitik muss schneller, einfacher und unbürokratischer werden können. Das Vertrauen in den Staat und der gesellschaftliche Zusammenhalt werden gestärkt, wenn die Funktionsfähigkeit der Kommunen gewährleistet ist. Zukunftspakt Bund, Länder und Kommunen Mit einem Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen werden wir die finanzielle Handlungsfähigkeit stärken und eine umfassende Aufgaben- und Kostenkritik vornehmen.

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Veranlassungskonnexität Wir orientieren uns am Grundsatz der Veranlassungskonnexität – „Wer bestellt, bezahlt“, das gilt auch für Verwaltungs- und Personalaufwände. Wer eine Leistung veranlasst oder ausweitet, muss für ihre Finanzierung aufkommen. Das heißt, wenn Bundesgesetze oder andere Maßnahmen des Bundes bei den Ländern und Kommunen zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen führen, muss sichergestellt werden, dass die Mittel bei der ausführenden Ebene ankommen. Kommunale Einnahmen Es braucht eine grundsätzliche und systematische Verbesserung der Kommunalfinanzen jenseits von Förderprogrammen. Wir wollen eine Verstetigung und Verlässlichkeit der kommunalen Einnahmen und mehr kommunale finanzielle Autonomie und Gestaltungsmöglichkeiten. Im Falle einer Weiterentwicklung der Gewerbesteuer sichern wir die Einnahmen der Kommunen. Entlastung von Kommunen Wir wollen eine deutliche Entlastung der Kommunen erreichen und werden gemeinsam mit den Ländern und in Abstimmung mit den Kommunen Lösungen erarbeiten, um die Ausgabendynamik zu durchbrechen. Dabei werden wir auch Verwaltungsverfahren verbessern, um Bürokratie abzubauen und kommunale Kosten zu senken. Es bedarf eines Monitorings unter Einbeziehung der Kommunalen Spitzenverbände zur Anpassung der Standards, auch im Hinblick auf Überregulierung und zeitgemäße Umsetzbarkeit. Wo sinnvoll und möglich, wollen wir mehr Flexibilität und Spielräume vor Ort schaffen, ohne das gesetzgeberische Ziel zu konterkarieren. Förderung von Schulen Die Unterstützung von Schulen durch multiprofessionelle Teams stärkt die individuelle Förderung des einzelnen Kindes und damit den Schulerfolg. Individuelle Leistungen der Sozialgesetzbücher, die der Förderung in der Schule dienen, werden wir für die Zusammenfassung zu pauschalierten und strukturierten Unterstützungsleistungen an Schulen öffnen (Pooling). Zudem werden wir den Abschluss der Evaluation des Angehörigenentlastungsgesetz bis Ende 2025 vorziehen, um schneller zu prüfen, ob eine Beweislastumkehr einzuführen ist. Wir werden keine neuen Aufgaben, Standards und Rechtspflichten auf die Kommunen übertragen. Kommunale Förderprogrammstruktur Wir evaluieren und konzentrieren die kommunale Förderprogrammstruktur und optimieren sie mit Blick auf Ziel und Wirkung. Wir vereinfachen die Beantragung und Umsetzung, reduzieren die Nachweispflicht und ermöglichen den vorzeitigen Maßnahmenbeginn. Dies muss zukünftig komplett digital erfolgen. Wir reduzieren den Kontrollaufwand durch risikoorientierte Stichprobenverfahren. Die

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dadurch frei werdenden Mittel werden über einen geeigneten Schlüssel innerhalb der bestehenden verfassungsrechtlichen Finanzbezüge direkt an die Kommunen pauschal ausgekehrt. Zivil-, Bevölkerungs- und Katastrophenschutz Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern, um Kommunen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben im Bereich Zivil-, Bevölkerungs- und Katastrophenschutz zu unterstützen. Auf Grundlage des Operationsplans Deutschland sorgen wir im Zusammenspiel mit den Ländern dort für die notwendigen Investitionen und dauerhafte Finanzierung. Zudem stärken wir die Resilienz der Kommunen, indem wir die (Daten-)Sicherheit kritischer Infrastrukturen erhöhen. Sichere Kommunen Unser gemeinsames Leitbild ist die „sichere Kommune“. Das betrifft auch die Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum. Wir setzen uns für eine Harmonisierung der Sicherheitsvorschriften von Bund, Ländern und Kommunen ein. Innenstädte Unsere Innenstädte haben eine hohe Lebensqualität. Deshalb gilt es die zunehmenden Leerstände in Innenstädten effektiv anzugehen. Dafür werden wir uns auf europäischer Ebene für die Fortsetzung der Förderung aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) analog zu den erfolgreichen Programmen „Resiliente Innenstädte“ und „Perspektive Innenstadt!“ einsetzen. Gleichwertige Lebensverhältnisse Wir bekennen uns ausdrücklich zum verfassungsrechtlichen Auftrag, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu fördern und zu erhalten. Wir stellen die auskömmliche Finanzierung und Absicherung der notwendigen gesundheitlichen Versorgungsstrukturen in der Stadt und auf dem Land sicher. Besonders wichtig ist, dass kurzfristig eine Soforthilfe für versorgungsnotwendige Krankenhäuser als Überbrückung bis zum Inkrafttreten der Krankenhausreform geschaffen wird. Sicherer öffentlicher Personennahverkehr Wir wollen einen zuverlässigen, sicheren, sauberen und digitalisierten ÖPNV mit einer attraktiven Preis- und Tarifgestaltung in Stadt und Land. Kommunale Unternehmen Kommunale Unternehmen sind das Rückgrat der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wir setzen uns auf EU- Ebene dafür ein, dass sie unter den KMU-Begriff fallen, damit beispielsweise die Nachhaltigkeitsberichtspflicht entfällt. Wir werden dafür sorgen, dass der Netzausbau und der Ausbau der Erneuerbaren Energien besser aufeinander abgestimmt werden. Bei der kommunalen Wärmeplanung muss von Beginn an die Umsetzbarkeit berücksichtigt werden. Da es um Investitionen

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über Jahrzehnte geht, brauchen Kommunen und Energieversorger Planungssicherheit und einen attraktiven Investitionsrahmen. Digitale Verwaltung Wir streben eine voll digitalisierte Verwaltung an. Ein digitales Bürgerkonto soll den Zugang zu Behördendienstleistungen erleichtern. Dazu harmonisieren alle staatlichen Ebenen ihre Verfahrensabläufe. Wir ermöglichen die vollständige digitale Beibringung von Unterlagen und Willenserklärungen grundsätzlich ohne persönliches Erscheinen. Sport Sport soll Spaß und Lust auf Leistung machen. Er hält gesund, vermittelt Werte und gibt unserer Gesellschaft den nötigen Zusammenhalt. Er hat eine enorme Bedeutung für Integration und Inklusion ebenso wie für Prävention, Gesundheitsförderung und Rehabilitation. Deshalb wollen wir ihn mit zielgerichteten Maßnahmen stärken – in der Spitze und in der Breite. Wir treten entschieden gegen Doping, Manipulation sowie jede Form von Gewalt und Missbrauch ein. Für uns steht Sport für Fairness, Integrität und Miteinander. Sportgroßveranstaltungen, Olympische und Paralympische Spiele Wir unterstützen nachdrücklich unter der Wahrung der Autonomie des Sports eine deutsche Bewerbung für die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele und befürworten insbesondere hinsichtlich der Auswahl der Wettkampfstätten, die Spiele zu einem Fest für ganz Deutschland zu machen. Die Bewerbung wird eingebettet in die „Nationale Strategie Sportgroßveranstaltungen“, die gemeinsam mit den Sportverbänden fortgesetzt wird. Ziel ist die ausreichende finanzielle Unterstützung von Sportgroßveranstaltungen wie beispielsweise der World Games in Karlsruhe 2029 sowie die Unterstützung von Bewerbungen, unter anderem für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften, Nordische Ski-Weltmeisterschaften sowie die Frauenfußball- Europameisterschaft. Den Organisationskostenzuschuss des Bundes werden wir daher erhöhen. „Jugend trainiert für Olympia & Paralympics“ und die Bundesjugendspiele sind wichtige Institutionen, um Kinder und Jugendliche für den Leistungssport zu begeistern und an den Wettbewerbsgedanken heranzuführen. Spitzensportförderung Die Spitzensportförderung benötigt einen Paradigmenwechsel, um Deutschland als Sportnation international wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Wir werden die Förderung effizienter, flexibler und weniger bürokratisch gestalten und zielen dabei auf eine Professionalisierung, Externalisierung und eine stärkere Digitalisierung. Dabei orientieren wir uns an den bereits eingeleiteten Prozessen, tragen der Hoheit des Haushaltsgesetzgebers Rechnung und richten eine effektive und erfolgsorientierte Steuerung des Spitzensports ein. Bestandteile der Reform sollen die Verbesserung

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von Rahmenbedingungen der Athletinnen und Athleten durch eine verbesserte soziale Absicherung und die Unterstützung der dualen Karriere sowie eine wettbewerbsfähige Struktur der Olympia- und Bundesstützpunkte sein. Die international erfolgreichen Sportfördergruppen von Bundeswehr, Bundespolizei und Zoll dienen als Vorbild und sollen ausgebaut werden. Wir werden die Prämien für gewonnene Medaillen steuerrechtlich freistellen. Traineroffensive Der Trainerberuf muss attraktiver werden. Wir wollen die gut ausgebildeten Trainerinnen und Trainer in Deutschland halten. Wir stoßen daher eine „Traineroffensive“ an, die eine klar verbesserte Vergütung sowie deutlich verbesserte arbeitsrechtliche Bedingungen, auch im Hinblick auf die duale Karriere, beinhaltet. Modernisierung von Sportstätten Wir helfen Ländern, Kommunen und Vereinen nach Bedarf bei der Modernisierung und Sanierung von Sportstätten. Dafür stellen wir mindestens eine Milliarde Euro zur Verfügung. Wir wollen die Schwimmfähigkeit der Menschen in unserem Land verbessern. Deshalb werden wir neben Sporthallen vor allem Schwimmbäder – einschließlich mobiler Schwimmcontainer – fördern. Aber auch Sportplätze sollen förderfähig sein. Die Schaffung von Barrierefreiheit, Energieeffizienz und die Verbesserung der interkommunalen Zusammenarbeit werden hierbei besonders berücksichtigt. Wichtig ist zudem die Prüfung der Sportanlagenlärmschutzverordnung und gegebenenfalls deren Anpassung. Sportwissenschaften Sportliche Spitzenleistung erfordert eine exzellente Sportwissenschaft. Wir werden diese daher stärken und das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) sowie das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in die institutionelle Förderung aufnehmen. Darüber hinaus werden wir die Digitalisierung im Leistungssport vorantreiben. Sport und Lebensrealitäten Um Athletinnen im Leistungssport gleiche Chancen zu ermöglichen, erkennen wir ihre Lebensrealitäten an – etwa durch die Verankerung von Mutterschutz sowie die Förderung von geschlechtsspezifischem Training und Forschung. Die Sichtbarkeit des Frauensports wollen wir stärken. Sport und Inklusion Zu viele Menschen werden durch den Sport nicht erreicht. Daher setzen wir uns für Inklusion ein, damit mehr Menschen Sport treiben können. Wir werden den Behindertensportverband und die Special Olympics weiter unterstützen. Für benachteiligte Familien werden wir den Zugang zu Sportangeboten verbessern.

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Sport frei von Gewalt und Missbrauch Wir setzen uns auf allen Ebenen entschieden für einen Sport frei von Belästigung, Gewalt und Missbrauch ein. Deshalb führen wir den Aufbau des Zentrums Safe Sport für den Spitzensport fort und nutzen Synergien für den Breitensport. Es soll ein abgestimmtes Zuständigkeitssystem zwischen dem organisierten Sport und dem Zentrum geben. Ein Bundesprogramm gegen Extremismus und Antisemitismus im Sport wird fortgeführt. Wir unterstützen weiterhin die erfolgreiche Arbeit von Makkabi Deutschland. Opfer des DDR-Zwangsdopings Die Opfer des DDR-Zwangsdopings verdienen Unterstützung und benötigen weiterhin unsere Hilfe. Deshalb werden wir das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz so ergänzen, dass es auch die Fälle des systematischen Dopings in der DDR grundsätzlich erfasst. E-Sport Wir erkennen die Gemeinnützigkeit des E-Sports an. Sport und Fankultur Um die Fankultur weiter zu fördern, wird die „Koordinierungsstelle Fanprojekte“ weiter unterstützt. Staatsminister für Sport und Ehrenamt Wir ernennen einen Staatsminister für Sport und Ehrenamt im Bundeskanzleramt. Ehrenamt Unsere Gesellschaft wird vom ehrenamtlichen Engagement getragen. Wir sorgen dafür, dass ehrenamtliches Engagement Freude bereitet und mehr Anerkennung erfährt. Zukunftspakt Ehrenamt Wir schaffen einen „Zukunftspakt Ehrenamt“. In diesem werden wir die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale erhöhen. Wir erhöhen ebenso die Freigrenze für den ehrenamtlichen sowie wirtschaftlichen Geschäfts- und Zweckbetrieb, vereinfachen das Datenschutz-, Gemeinnützigkeits- , Vereins- und Zuwendungsrecht und verbessern das Haftungsprivileg. Attraktives Ehrenamt Wir werden auch Möglichkeiten prüfen, ehrenamtliches Engagement für junge Menschen attraktiver zu machen und die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt zu verbessern. Für den Freiwilligendienst und das Freiwillige Soziale Jahr werden wir mehr Stellen und mehr Finanzmittel für ein höheres Taschengeld zur Verfügung stellen. Zudem sollen Vereine als Bildungsort anerkannt werden, so dass Förderungen von Weiterbildungsangeboten für Übungsleiter und Trainer möglich sind.

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Schutz des Ehrenamts Wir stärken und schützen ehrenamtliches Engagement. Gerade in herausfordernden Zeiten gilt dies für die „Blaulicht-Familie“ sowie die Vereine und Verbände, die unsere Zivilgesellschaft zusammenhalten. Dazu gehört der weitere Ausbau der erfolgreichen Arbeit der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Wir werden den Schutz von Ehrenamtlichen verbessern. Kommunale Amts- und Mandatsträger tragen unseren Staat mit. Deshalb müssen wir sie unterstützen und schützen. Dazu gehört auch die Fortführung der bundesweiten Ansprechstelle zum Schutz für kommunale Amts- und Mandatsträger. Angriffe auf diejenigen, die uns unter anderem in Freiwilligen Feuerwehren und Rettungsdiensten schützen, werden wir härter bestrafen und die Strafprozesse beschleunigen.

4.4. Kultur und Medien

Unser Land ist ein Kulturstaat, reich an Traditionen und Bräuchen, an Kunst, Architektur, Literatur und Musik, an Geschichte und religiöser Vielfalt – in Stadt und Land. Unsere Kultur ist das Fundament unserer Freiheit. Kunst inspiriert, irritiert und eröffnet neue Perspektiven. Ohne freie und kraftvolle Kunst verkümmert, was jedem Fortschritt zugrunde liegt: die Fähigkeit, unser Leben zu reflektieren und uns ein besseres vorzustellen. Kulturpolitik ist gesellschaftsrelevant. Den kulturellen Reichtum und die Vielfalt unseres Landes werden wir pflegen, weiterentwickeln und gegen jede Herausforderung verteidigen. Die Bundeskulturpolitik ist im kooperativen Kulturföderalismus mehr als eine Ergänzung der Kulturhoheit der Länder. Wir bekennen uns zum besonderen Schutz und einer spezifischen Förderung der gesetzlich anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland: die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe, die deutschen Sinti und Roma und das sorbische Volk. Kunst und Kultur sind frei. Sie zu fördern ist eine öffentliche Aufgabe, die Bund, Länder und Kommunen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gemeinsam wahrnehmen müssen. Eine lebendige kulturelle Infrastruktur zählt zur Daseinsvorsorge. Museen, Theater, Kinos, Bibliotheken, soziokulturelle Zentren oder Galerien gehören auch in den ländlichen Raum. Sie sind Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse. Wir wollen kulturelle Teilhabe aller Menschen gewährleisten. Förderbedingungen, Sensibilisierung und Eigenverantwortung Kunstfreiheit verlangt, dass für Kunst keine inhaltlichen Vorgaben des Staates gelten dürfen. Wir fördern keine Projekte und Vorhaben, die antisemitische, rassistische und andere menschenverachtende Ziele verfolgen. Dies werden wir durch rechtssichere Förderbedingungen, Sensibilisierung und Eigenverantwortung sicherstellen.

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Kultur verbindet Wir wollen deshalb internationale Kooperationen, Kulturaustausch, Kulturdiplomatie und Kulturtourismus intensivieren. Unser Land soll ein Leuchtturm für freie Kunst und Kultur in der Welt sein. Wir brauchen auch in Zukunft ein starkes Creative Europe Programm. Verlässlicher Partner der Kultur Wir sind Kultureinrichtungen, Freier Szene und Breitenkultur ein verlässlicher Partner. Die Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz bringen wir zu einem erfolgreichen Abschluss. Sonderinvestitionen, an denen der Bund beteiligt ist, führen wir fort. Bauvorhaben beschleunigen wir durch vereinfachte Planungsprozesse und das Zuwendungsrecht entbürokratisieren wir. Wir stabilisieren die Finanzierung der Kulturstiftung des Bundes und aller acht Bundeskulturfonds. Wir systematisieren die Förderung für die Freien Künste und berücksichtigen bei der Bundesförderung Mindestgagen und Honoraruntergrenzen. National bedeutsame Kultureinrichtungen und -veranstaltungen unterstützen wir bei ihrer Entwicklung und Profilierung. Wir wollen den strategischen Austausch zwischen öffentlichen und privaten Kulturförderern intensivieren und Institutionen des kulturpolitischen Diskurses stärken. Die von uns geförderten Kulturangebote sind vielfältig und inklusiv. Wir setzen das Programm „Kultur macht stark“ fort und fördern den Ausbau kultureller Bildungs- und Vermittlungsangebote an Kultureinrichtungen. Öffentlichen Bibliotheken ermöglichen wir die Sonntagsöffnung und prüfen die Fortführung des KulturPasses. Das ehrenamtliche Engagement, zum Beispiel Brauchtum, Amateurkultur und -musik, werden wir gezielt stärken. Wir werden das Denkmalschutzsonderprogramm fortführen. Die vorbereitete Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes setzen wir zeitnah um. Die Digitalisierung des kulturellen Erbes und die digitale Transformation kulturellen Arbeitens brauchen zukunftssichere Förderung. Ländlicher Raum Im ländlichen Raum ist die Einbindung kultureller Akteure essenziell. Deshalb führen wir Förderprogramme wie Aller.Land, „Kultur in ländlichen Räumen“ und BULE fort. Auch der Kulturbereich soll nachhaltig arbeiten. Beratungsangebote wie die Green Culture Anlaufstelle werden wir auf ihre Wirksamkeit überprüfen und wenn notwendig weiterentwickeln. Strategie „Kultur & KI“ Künstliche Intelligenz steigert die Möglichkeiten menschlicher Kreativität enorm. Sie bietet großes künstlerisches und kulturwirtschaftliches Potenzial, wenn Urheberrechte gewahrt und künstlich generierte Inhalte erkennbar bleiben. Wir entwickeln mit den Ländern eine Strategie „Kultur & KI“.

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Erinnerungskultur und Gedenken Unser Bewusstsein für den Wert von Freiheit und Demokratie beruht auch auf unserer Erinnerungskultur. In ihrem Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Verbrechensherrschaft und der Singularität der Shoah. Zudem stärken wir die Aufarbeitung der SED- Diktatur, einschließlich des Kulturgutentzugs in Sowjetischer Besatzungszone (SBZ) und DDR. Die entsprechenden Bundestagsbeschlüsse erfordern von uns eine konkrete Umsetzung. Die Aufarbeitung des Kolonialismus werden wir intensivieren. Dazu gehört eine länderübergreifende Erforschung von Objekten und die Rückgabe von Kulturgütern im Dialog mit den Herkunftsländern. Besonderes Augenmerk liegt auf einem würdigen Erinnerungsort und der Rückgabe menschlicher Überreste (Human Remains). Staatliche Verantwortung Der Staat trägt besondere Verantwortung bei der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut. Wir werden die Provenienzforschung intensivieren, die Schiedsgerichtsbarkeit einführen und ein wirksames Restitutionsgesetz schaffen. Gedenkstätten Wir wollen insbesondere allen jungen Menschen den Besuch von deutschen und internationalen Gedenkstätten ermöglichen. Unsere dezentrale Gedenkstättenlandschaft steht vor großen Herausforderungen, die wir mit einem Investitionsprogramm für Substanzerhaltung, der Stärkung von Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen und der Unterstützung bei innovativer Vermittlungsarbeit meistern wollen. Das gilt auch für emblematische Orte der NS-Täter, der Zwangsarbeit und der SED- Diktatur. Die Gedenkstättenkonzeption des Bundes werden wir wissenschaftsgeleitet und im Austausch mit den Akteuren an die neuen Herausforderungen anpassen und ein bundesweites Kompetenznetzwerk mit den Gedenkstätten entwickeln. Wir unterstützen die Einrichtung eines Yad Vashem Education Centers in Deutschland. Digitalisierung und Standortentwicklung Bundesarchiv Wir werden die Digitalisierung und die Standortentwicklung des Bundesarchivs mit seinen Außenstellen des Stasi-Unterlagen-Archivs vorantreiben. Auch positive Ereignisse und Orte der deutschen Demokratiegeschichte sind von hoher erinnerungspolitischer Bedeutung. Diese werden wir, wie auch die Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte weiter fördern. Kulturelles Erbe der Heimatvertriebenen Zur Förderung des kulturellen Erbes der Heimatvertriebenen werden wir die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung und die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen auf eine verlässliche

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finanzielle Basis stellen und die Bundesförderung nach § 96 Bundesvertriebenengesetz zukunftsfest gestalten. Kultur- und Kreativwirtschaft Die Kreativwirtschaft leistet einen großen kulturellen und wirtschaftlichen Beitrag, den wir durch klare ordnungspolitische Rahmenbedingungen und Steueranreize sowohl übergreifend als auch branchenspezifisch stärken wollen. Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts Deutschland durch eine zeitnahe Reform der Filmförderung verbessern, bestehend aus einem steuerlichen Anreizsystem sowie einer Investitionsverpflichtung. Das Filmförderungsgesetz werden wir im engen Dialog mit der Branche weiterentwickeln, Kinos werden wir durch verlässliche Förderprogramme für Investitionen und kulturelle Vielfalt in Stadt und Land stärken und die digitale Sicherung des Filmerbes vorantreiben. Games sind ein Kulturgut und Innovationstreiber, daher wollen wir den Gamestandort durch steuerliche Anreize und verlässliche Programme fördern. Wir setzen uns für die Initiative Musik und andere bundesgeförderte Initiativen für die Förderung der Musikwirtschaft und der Popkultur ein. Es braucht „Kulturschutzgebiete“, in denen Bestandsschutz gilt und Clubs als Kulturorte durch die Baunutzungsverordnung anerkannt und in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) berücksichtigt werden. Der Musikinstrumentenbau benötigt sektorspezifische Ausnahmen. Zur Sicherung der Vielfalt auf dem Buchmarkt werden wir mit den Ländern eine strukturelle Verlagsförderung prüfen. Entwicklung fairer und transparenter Vergütungsmodelle Wir setzen Recht an geistigem Eigentum konsequent durch und schützen kreative Produkte. Insbesondere im digitalen Musikmarkt helfen wir mit, faire und transparente Vergütungsmodelle zu entwickeln. Wir werden die soziale Absicherung von Künstlerinnen, Künstlern und Kreativen innerhalb und außerhalb der Leistungen der Künstlersozialkasse stärken und unbürokratischer auf die besonderen Arbeits- und Lebensbedingungen in der Kunstbranche abstimmen. Wir wollen die Unterstützung für kulturelle Arbeit auf eine breitere Basis stellen. Kultur-Sponsoring, Mäzenatentum, private Stiftungen und Wirtschaftskooperationen können mehr Kultur ermöglichen. Medienvielfalt stärken – Meinungsfreiheit sichern Unabhängige und vielfältige Medien sichern eine freie öffentliche Debatte. Wir setzen uns im dualen Mediensystem sowohl für einen pluralen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch für faire Regulierungs- und Refinanzierungsbedingungen für private Medien ein. Von zusätzlichen Werbebeschränkungen sehen wir ab. Wir prüfen die Einführung einer Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen. Die Erlöse sollen dem Medienstandort zugutekommen. Im Sinne der flächendeckenden Versorgung mit journalistischen Angeboten schaffen wir mit Blick auf die Gemeinnützigkeit Rechtssicherheit. Wir wollen einen intensiveren Diskurs über Medien und stärken

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dafür relevante Institutionen. Die Herausforderungen der Zustellung der Zeitungen werden wir mit den Verlagen erläutern. Das Wettbewerbsrecht muss auf allen Ebenen weiterentwickelt und mit dem Medienkonzentrationsrecht der Länder verzahnt werden, auch um Fusionen von Medienunternehmen mit Anbietern medienrelevanter Infrastruktur zu prüfen. Zusammenarbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk soll nach den aktuellen Reformen der Länder die Regel werden. Deshalb schaffen wir eine wettbewerbsrechtliche Bereichsausnahme, auch Kooperationen privater Medienhäuser sollen erleichtert werden. Die terrestrische Rundfunkverbreitung schützen wir als kritische Infrastruktur. Das UHF-Band steht auch Medien und Kultur zur Verfügung, die Abwägung mit Sicherheitsbedarfen wird derzeit evaluiert. Umgang mit Desinformation Gezielte Einflussnahme auf Wahlen sowie inzwischen alltägliche Desinformation und Fake News sind ernste Bedrohungen für unsere Demokratie, ihre Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen ist durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Deshalb muss die staatsferne Medienaufsicht unter Wahrung der Meinungsfreiheit auf der Basis klarer gesetzlicher Vorgaben gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen können. Systematisch eingesetzte manipulative Verbreitungstechniken wie der massenhafte und koordinierte Einsatz von Bots und Fake Accounts müssen verboten werden. Wir werden durchsetzen, dass Online-Plattformen ihren Pflichten hinsichtlich Transparenz und Mitwirkung gegenüber der Aufsicht nachkommen, sowie eine verschärfte Haftung für Inhalte prüfen. Outlinks zu Drittanbietern sind zuzulassen. Der Digital Services Act (DSA) muss stringent umgesetzt und weiterentwickelt werden, systemisches Versagen muss in einem abgestimmten Verfahren mit der EU- Kommission Konsequenzen haben. Die Fortentwicklung des europäischen Medienrechts muss unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips erfolgen. Die Spielräume der Mitgliedstaaten zum Schutz kultureller und medialer Vielfalt sind bei allen EU-Rechtsakten zu wahren. Wir unterstützen den Aufbau einer europäischen Medienplattform unter Einbeziehung von ARTE. Wir stärken die Deutsche Welle und novellieren ihre gesetzliche Grundlage als im Ausland verbreiteter Sender zeitgemäß. Jugendschutz und Medienkompetenz Aufwachsen mit digitalen Medien braucht Medienkompetenz, aber auch einen effektiven Kinder- und Jugendmedienschutz. Ein kohärenter Rechtsrahmen zwischen Europa, Bund und den Ländern bietet die Chance, Parallelstrukturen abzubauen und effektive Rechtsdurchsetzung zu erleichtern. Deswegen gestalten wir das Jugendschutzgesetz kohärent zum DSA und zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Altersverifikation auf digitalen Endgeräten sollte Standard in Europa sein.

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Arbeitsbedingungen und Schutzmöglichkeiten Wir setzen uns für sichere und gute Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten ein und schützen sie besser, indem sie eine Auskunftssperre im Melderegister erwirken können.

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5. Verantwortungsvolle Außenpolitik, geeintes Europa, sicheres Deutschland

5.1 Außen- und Verteidigungspolitik,

Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte Das Ziel unserer Außen- und Sicherheitspolitik ist die Bewahrung eines Friedens in Freiheit und Sicherheit. Zur Bewahrung dieses Friedens müssen wir unserer Verantwortung zur Gewährleistung der eigenen Sicherheit gerecht werden. Dabei leitet uns der Grundsatz: Wir wollen uns verteidigen können, um uns nicht verteidigen zu müssen. Unsere Sicherheit ist heute so stark bedroht wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr. Die größte und direkteste Bedrohung geht dabei von Russland aus, das im vierten Jahr einen brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und weiter massiv aufrüstet. Das Machtstreben von Wladimir Putin richtet sich gegen die regelbasierte internationale Ordnung. Voraussetzungen für eine starke deutsche Außenpolitik sind die eigene wirtschaftliche und sicherheitspolitische Stärke sowie das integrierte Zusammenwirken von Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Dem Bereich der wirtschaftlichen Sicherheit werden wir besondere Aufmerksamkeit widmen. Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkrieges müssen Deutschland und Europa in der Lage sein, ihre Sicherheit deutlich umfassender selbst zu gewährleisten. Wir werden sämtliche Voraussetzungen schaffen, damit die Bundeswehr die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung uneingeschränkt erfüllen kann. Unser Ziel ist es, dass die Bundeswehr einen zentralen Beitrag zur Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit der NATO leistet und zu einem Vorbild im Kreis unserer Verbündeten wird. Die beschriebene Bedrohungslage zwingt uns mit dem Ziel der Abschreckung zur Erhöhung unserer Verteidigungsausgaben. Unser langfristiges Ziel bleibt das Bekenntnis zu Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung sowie Abrüstung. Unser Bekenntnis zur NATO und zur EU bleibt unverrückbar. Das transatlantische Bündnis und die enge Zusammenarbeit mit den USA bleiben für uns von zentraler Bedeutung. Wir stärken die Handlungsfähigkeit Europas, vertiefen bestehende strategische Partnerschaften, bauen insbesondere mit Ländern des Globalen Südens neue auf und unterstützen multilaterale Formate mit ganzer Kraft. Die Ukraine werden wir umfassend unterstützen, so dass sie sich gegen den russischen Aggressor effektiv verteidigen und sich in Verhandlungen behaupten kann. Zu unserer Sicherheit gehören die Bewahrung und Weiterentwicklung der regelbasierten internationalen Ordnung auf der Basis des

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Völkerrechts, der universellen Geltung der Menschenrechte und der Charta der Vereinten Nationen. Wir werden uns weiterhin weltweit für die Bekämpfung von Armut, Hunger und Ungleichheit engagieren und für die Erreichung der internationalen Nachhaltigkeitsziele sowie des Pariser Klimaschutzabkommens einsetzen. Kohärenz im Außenhandeln Wir entwickeln den Bundessicherheitsrat, im Rahmen des Ressortprinzips, zu einem Nationalen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt weiter. Er soll die wesentlichen Fragen einer integrierten Sicherheitspolitik koordinieren, Strategieentwicklung und strategische Vorausschau leisten, eine gemeinsame Lagebewertung vornehmen und somit das Gremium der gemeinsamen politischen Willensbildung sein. Für eine ganzheitliche Bewältigung von Krisen braucht Deutschland einen Bund-Länder- und ressortübergreifenden Nationalen Krisenstab der Bundesregierung und ein Nationales Lagezentrum im Bundeskanzleramt, in dem ressortübergreifend ein Gesamtlagebild zusammengefügt wird. Außenpolitik Wir wollen multilaterale Strukturen stärken. Die Vereinten Nationen (VN) bleiben das Rückgrat der regelbasierten internationalen Ordnung, zudem setzen wir auf Partnerschaften in EU, NATO, OSZE, G7 und G20. Dafür bringen wir Reformen und deutsches Personal in die entsprechenden Gremien ein. Wir setzen uns ein für den Schutz der VN vor allen Versuchen, diese zu untergraben. Wir werden die Kandidatur Deutschlands für einen nichtständigen Sitz im VN-Sicherheitsrat 2027/28 mit Entschlossenheit vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, das Verbrechen der Aggression ohne Einschränkungen in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs aufzunehmen. Die Bundesregierung wird den deutschen VN-Sitz in Bonn weiterentwickeln und sich um zusätzliche Ansiedlungen von VN-Institutionen bemühen. Um die Abstimmungsprozesse der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zu verbessern und zu beschleunigen, wollen wir mehr qualifizierte Mehrheitsentscheidungen im Rat der EU ermöglichen. Bei der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) übernehmen wir eine Führungsrolle. Wir wollen die EU-NATO-Zusammenarbeit stärken. Darüber hinaus werden wir in geeigneten Fällen intergouvernementale Formate, wie zum Beispiel das E3-Format (Frankreich, Vereinigtes Königreich und Deutschland), gegebenenfalls auch unter Einschluss von Nicht-EU-Staaten, als außenpolitisches Handlungsformat anwenden. Die Ukraine als starker, demokratischer und souveräner Staat, der eigenständig und mit euro- atlantischer Perspektive über seine Zukunft bestimmt, ist von zentraler Bedeutung für unsere eigene Sicherheit. Wir werden deshalb unsere militärische, zivile und politische Unterstützung der Ukraine gemeinsam mit Partnern substanziell stärken und zuverlässig fortsetzen. Wir werden uns im engen

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Schulterschluss mit unseren Partnern für eine gemeinsame Strategie hin zu einem echten und nachhaltigen Frieden einsetzen, in dem die Ukraine aus einer Position der Stärke und auf Augenhöhe agiert. Dazu gehören auch materielle und politische Sicherheitsgarantien für eine souveräne Ukraine. Deutschland wird sich an dem Wiederaufbau der Ukraine beteiligen. Wir suchen in Abstimmung mit unseren Partnern nach Möglichkeiten, das eingefrorene russische Staatsvermögen zur finanziellen und militärischen Unterstützung der Ukraine wirtschaftlich zu nutzen. Wir stehen zu der auf dem Washingtoner NATO-Gipfel bekräftigten NATO-Beitrittsperspektive für die Ukraine. Wir unterstützen die Einrichtung eines Sondertribunals, um das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine angemessen zu verfolgen und zu ahnden. Die Beziehungen zu den USA bleiben von überragender Bedeutung. Die transatlantische Partnerschaft ist eine große Erfolgsgeschichte für beide Seiten, die es auch unter den neuen Bedingungen fortzusetzen gilt. Deshalb übernehmen wir mehr Verantwortung für unsere gemeinsame Sicherheit. Handelspolitisch suchen wir den engen Schulterschluss mit ganz Nordamerika. Der transatlantische Wirtschaftsraum gibt uns gemeinsam die besten Voraussetzungen, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu sein. Kanada ist für uns zentraler Bestandteil der transatlantischen Partnerschaft, mit dem uns zahlreiche gemeinsame Interessen und Werte verbinden. Das Vereinigte Königreich ist einer der engsten Partner der EU und Deutschlands – bilateral und im Rahmen der NATO. Wir streben aufbauend auf dem Trinity House Agreement ein umfassendes bilaterales Freundschaftsabkommen an. Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels sind und bleiben Teil der deutschen Staatsräson. Wir verurteilen den brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 auf das Schärfste und unterstützen Israel bei der Gewährleistung der eigenen Sicherheit. Gleichzeitig muss die humanitäre Lage im Gaza-Streifen grundlegend verbessert werden. Die tragfähige Perspektive für ein friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern ist eine zu verhandelnde Zweistaatenlösung. Den Umfang unserer zukünftigen Unterstützung des VN-Hilfswerks UNRWA machen wir von umfassenden Reformen abhängig. Die Türkei ist ein wichtiger strategischer Partner innerhalb der NATO, Nachbar der EU und einflussreicher Akteur im Nahen Osten, mit dem wir von der Sicherheitspolitik bis zur Migration gemeinsam geopolitischen Herausforderungen begegnen wollen. Eine grundlegende Verbesserung der demokratischen, rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Situation ist für uns ein zentrales Element. Wir werden die bilateralen Beziehungen zu den Ländern des Globalen Südens intensivieren und zu einem globalen Netzwerk ausbauen. Um dieses Verhältnis zu thematisieren, werden wir eine neue Nord-Süd-Kommission gründen. Auch mit schwierigen Partnern müssen wir im Rahmen einer wertegeleiteten Interessenpolitik Gesprächskanäle offenhalten und bei humanitären Krisen

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Unterstützung gewährleisten können. Unsere strategischen Interessen in der Region des Nahen und Mittleren Ostens verfolgen wir auf der Basis von Respekt und Gegenseitigkeit. Wir werden Syrien bei der Stabilisierung und dem wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes unterstützen und dies an klare Bedingungen knüpfen. Somit ermöglichen wir auch die Rückkehr von Geflüchteten in ihre Heimat. Zentral sind der Schutz sowie die gesellschaftliche und politische Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen und die Wahrung von Menschenrechten, insbesondere Frauenrechten. Wir wollen eine Afrikapolitik, die dem strategischen Stellenwert Afrikas gerecht wird. Wichtige Partnerin für uns ist die Afrikanische Union. Wir wollen die Umsetzung der Afrikanischen Freihandelszone unterstützen. Ein besonderer Fokus muss auf die Stabilisierung des Sahel und des Horns von Afrika gelegt werden, insbesondere um Terrorismus und Fluchtursachen zu bekämpfen. Dem russischen und chinesischen Einfluss in Afrika treten wir mit unseren Partnern entschlossen entgegen. Der Ausbau strategischer Partnerschaften mit den Staaten Lateinamerikas und der Karibik ist für uns von besonderer Bedeutung. Das Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur muss endlich finalisiert werden. Wir wollen die strategische Partnerschaft mit Brasilien intensivieren und vertiefen sowie die Zusammenarbeit mit weiteren Partnern, insbesondere den größten Staaten Mexiko, Argentinien und Kolumbien, ausbauen. Für Deutschland und die EU ist eine stabile, freie und sichere Indo-Pazifik-Region von elementarem Interesse. Wir werden in der Region auch weiterhin Präsenz zeigen. Wir streben eine Vertiefung der strategischen Beziehungen mit Indien auf allen Ebenen an, unter anderem bei der globalen Energiewende und bei der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit. Ferner stehen wir für den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der EU ein. Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea sind für Deutschland und die EU enge Wertepartner. Unsere umfassenden strategischen Partnerschaften mit diesen und weiteren wichtigen Ländern werden wir vertiefen. Mit China suchen wir Zusammenarbeit, wo dies im deutschen und europäischen Interesse liegt – vor allem bei der Bewältigung globaler Menschheitsaufgaben. In Bezug auf unsere Handels- und Investitionsbeziehungen drängen wir gegenüber China auf die Einhaltung der vereinbarten Regeln und auf volle Reziprozität. Wir müssen feststellen, dass die Elemente systemischer Rivalität durch Chinas Handlungen mittlerweile in den Vordergrund gerückt sind. Vor diesem Hintergrund werden wir einseitige Abhängigkeiten abbauen und eine Politik des De-Riskings verfolgen, um unsere Resilienz zu stärken. Wir werden China, wo nötig, mit Selbstbewusstsein und eigener Stärke gegenübertreten, weshalb eine kohärente und eng innerhalb der EU und mit anderen Partnern abgestimmte Chinapolitik für uns essenziell ist. Auf der Basis unserer Ein-China-Politik entwickeln wir unsere Beziehungen zu Taiwan fort. Eine Veränderung des Status quo von Taiwan darf es nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen geben.

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Mit unseren Partnern Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den USA werden wir darauf hinwirken, dass das iranische Nuklearprogramm beendet, die destruktive Rolle des Regimes in der Region zurückgedrängt und das ballistische Programm eingestellt werden. Wir unterstützen die internationalen Sanktionen gegen das iranische Regime und setzen uns weiterhin entschieden dafür ein, die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen. Wir werden den Druck erhöhen, indem wir Sanktionslücken umfassend schließen, Menschenrechtsverteidiger und vor allem Frauen gezielt unterstützen. Humanitäre Hilfe werden wir stärken und verlässlich, gezielt und vorausschauend leisten. Dabei prüfen wir ein stärkeres Engagement nach dem Ausfall anderer Geber in wichtigen Bereichen. Wir wollen in Krisenregionen die Kooperation mit bestehenden Netzwerken und neuen Partnerschaften daraufhin überprüfen, wie humanitäre Hilfe in schwierigen Lagen geleistet werden kann. Zur Vorbeugung von Krisen werden wir Frühwarnsysteme stärken. Wir werden zukünftig eine auskömmliche Finanzierung der humanitären Hilfe und Krisenprävention sicherstellen. Die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Außenpolitik, wichtiges Element der Soft Power Deutschlands und damit ein strategisches Instrument im globalen Wettbewerb um Ansehen, Einfluss, Narrative, Ideen und Werte. Sie stärkt den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Wir werden sie und die strategische Auslandskommunikation gezielt weiterentwickeln und als geopolitisches Instrument noch wirkungsvoller an unseren Werten und Interessen ausgerichtet einsetzen. Politische Stiftungen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit, zu internationalen Partnerschaften und zur Demokratieentwicklung. Deshalb wollen wir die administrativen und finanziellen Rahmenbedingungen für die internationale Arbeit der politischen Stiftungen weiterentwickeln und verbessern. Ihre Stellung im Ausland werden wir schützen. Die wichtige generationen- und völkerverbindende Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge mahnt zum Frieden und leistet dazu einen Beitrag in Europa. Die ihm übertragenen Aufgaben einschließlich der Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit im In- und Ausland unterstützen wir bedarfsgerecht. Wir setzen uns dafür ein, die VN-Resolution 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“ und die VN- Frauenrechtskonvention konsequent umzusetzen und weiterzuentwickeln. Wir setzen uns ein für eine EU-weite Ratifizierung der Istanbul-Konvention als verbindliche Rechtsnorm gegen Gewalt an Frauen. Verteidigungspolitik Die NATO ist ein tragender Pfeiler der transatlantischen Partnerschaft und für die europäische Sicherheit unverzichtbar. Wir bekennen uns zur Stärkung des transatlantischen Bündnisses und zur fairen Lastenteilung. Wir halten an der nuklearen Teilhabe innerhalb der NATO fest. Sie ist integraler

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Baustein der glaubhaften Abschreckung durch das Bündnis. Wir setzen uns dafür ein, den europäischen Pfeiler der NATO mit Nachdruck fortzuentwickeln und die EU-NATO-Zusammenarbeit weiter aufzuwerten. Wegen seiner geografischen Lage in Europa soll Deutschland als zentrale Drehscheibe der NATO weiter ausgebaut werden. Auch die maritime Sicherheit in Nord- und Ostsee ist von Bedeutung. Die europäische Zusammenarbeit in Rüstungsfragen muss dafür sorgen, dass die Ausstattung einfacher und standardisierter wird und Kosten- und Qualitätsvorteile durch gemeinsame Bestellungen entstehen („Simplification, Standardization und Scale“). Die dauerhaft in Litauen stationierte deutsche Brigade ist unser zentraler Beitrag für Abschreckung und Verteidigung an der NATO-Ostflanke. Die Aufstellung, ihre Ausstattung und Finanzierung sowie ihr Personalbedarf haben Priorität. Die Ausgaben für unsere Verteidigung müssen bis zum Ende der Legislaturperiode deutlich und stringent steigen. Die Höhe unserer Verteidigungsausgaben richtet sich nach den in der NATO gemeinsam vereinbarten Fähigkeitszielen. Der Zyklus einer Legislaturperiode ist für die Umsetzung weitreichender Beschaffungs- und Rüstungsprojekte regelmäßig zu kurz. Wir streben deswegen die Einführung eines mehrjährigen Investitionsplans für die Verteidigungsfähigkeit an, der im Einklang mit dem Deutschen Bundestag langfristige finanzielle Planungssicherheit gewährleistet, um damit den Bedarfen der Bundeswehr und den Verpflichtungen gegenüber der NATO sowie ihren Fähigkeitsanforderungen gerecht zu werden. Wir werden noch im ersten halben Jahr der Regierungsarbeit ein Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz für die Bundeswehr beschließen. Es ist zwingend, dass wir die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte kurzfristig, nachdrücklich und nachhaltig erhöhen. Dies gilt zuallererst für die Truppenverbände und Kräfte, die bereits in die Verteidigungspläne der NATO eingemeldet sind und für ihren Auftrag voll ausgestattet werden müssen. Wir fokussieren uns dabei auf den militärischen Zweck und Nutzen zur Erfüllung des Kernauftrags und richten die militärischen und zivilen Strukturen der Bundeswehr darauf aus. Soldatinnen und Soldaten verdienen unsere höchste Anerkennung. Wir verankern unsere Bundeswehr noch stärker im öffentlichen Leben und setzen uns für die Stärkung der Rolle der Jugendoffiziere ein, die an den Schulen einen wichtigen Bildungsauftrag erfüllen. Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert. Für die neue Ausgestaltung dieses Dienstes sind die Kriterien Attraktivität, Sinnhaftigkeit und Beitrag zur Aufwuchsfähigkeit leitend. Wertschätzung durch anspruchsvollen Dienst, verbunden mit Qualifikationsmöglichkeiten, werden die Bereitschaft zum Wehrdienst dauerhaft steigern. Wir orientieren uns dabei am schwedischen Wehrdienstmodell. Wir werden noch in diesem Jahr die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung schaffen. In allen personalrechtlichen Fragen muss die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr im Vordergrund stehen. Dem Faktor der individuellen Einsatzbereitschaft räumen wir deswegen besondere Bedeutung

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ein. Wir machen die Bundeswehr durch flexible Dienstzeit- und Laufbahnmodelle sowie in Fragen der sozialen Fürsorge attraktiver. Das bestehende Arbeitszeitregime für die Bundeswehr passen wir dem veränderten Bedarf der Streitkräfte an. Wir wollen den Anteil der Frauen und von Menschen mit Migrationsgeschichte in der Bundeswehr erhöhen. Wir wollen die Reserve und den Heimatschutz weiter stärken, sie dem Auftrag entsprechend ausstatten und sie strukturell und gesellschaftlich besser verankern. Wir setzen uns dafür ein, dass Hemmnisse, die beispielsweise Dual-Use-Forschung oder auch zivil- militärische Forschungskooperationen erschweren, abgebaut werden. Außerdem wollen wir die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands im Weltraum entschlossen und zügig ausbauen. Eine nationale Weltraumsicherheitsstrategie werden wir im ersten Regierungsjahr veröffentlichen. Wir werden das Defizit, das es in Deutschland im Bereich der strategischen Sicherheitsforschung gibt, beseitigen und uns für deren Förderung im Sinne eines vernetzten Sicherheitsverständnisses einsetzen. Das Planungs- und das Beschaffungswesen wird reformiert. Für einzelne Großprojekte, aber auch für Zukunftstechnologiebereiche, die einer hohen Innovationsdynamik unterliegen, werden wir neue Realisierungswege implementieren. In besonders kritischen Bereichen, wie Munition, werden wir verstärkt mit Vorhalteverträgen und Abnahmegarantien arbeiten. Die Verfügbarkeit von Schlüsselressourcen, wie zum Beispiel Sprengstoffen, wird abgesichert. Bereits erfolgte Zertifizierungen und Zulassungen von Partnernationen erkennen wir dort wo möglich an und verzichten auf eine erneute Durchführung. Wir werden das Verfahren der Parlamentsbeteiligung in Beschaffungsfragen beschleunigen und empfehlen, die Höhe des Schwellenwertes für Beschaffungsvorlagen zu erhöhen. Die bereits geschaffene Grundlagenentwicklung des Future Combat Air System sowie des Main Ground Combat System werden wir zügig gemeinsam fortsetzen. Wir fördern verstärkt Zukunftstechnologien für die Bundeswehr und führen diese in die Streitkräfte ein. Dies gilt insbesondere für die Bereiche: Satellitensysteme, Künstliche Intelligenz, unbemannte (auch kampffähige) Systeme, Elektronischer Kampf, Cyber, Software Defined Defense und Cloud- Anwendungen sowie Hyperschallsysteme. Hierzu ist auch ein vereinfachter Zugang und vertiefter Austausch mit Forschungseinrichtungen, dem akademischen Umfeld, Start-Ups und Industrie notwendig. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie einschließlich des wehrtechnischen Mittelstandes ist durch langfristig planbare Beauftragungen und vereinfachten Kapitalzugang zu stärken. Wir schaffen hierzu resilientere Lieferketten. Damit maximieren wir die deutsche und europäische Handlungsautonomie. Bei Rüstungskäufen außerhalb des EU-Vergaberechts werden wir Offset-Möglichkeiten nutzen. Wenn die vollumfängliche Gewährleistung der Sicherheits- und Verteidigungsinteressen Deutschlands durch Änderungen der Eigentums- und Anteilsverhältnisse an Schlüsselunternehmen der Sicherheits- und

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Verteidigungsindustrie bedroht ist, werden wir auch strategische Beteiligungen des Bundes in Betracht ziehen. Wir richten unsere Rüstungsexporte stärker an unseren Interessen in der Außen-, Wirtschafts- und Sicherheitspolitik aus. Wir wollen eine strategisch ausgerichtete Rüstungsexportpolitik, welche der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, ihren ausländischen Partnern sowie ihren Kunden Verlässlichkeit gibt. Die Unterstützung von Rüstungsexporten über Government-to-Government- Vereinbarungen bauen wir aus. Exportkontrollgenehmigungen müssen rascher und koordinierter geprüft werden. Wir streben eine Harmonisierung der europäischen Rüstungsexportregeln an. Rüstungsexporte, bei denen ein erhebliches konkretes Risiko besteht, dass diese zur internen Repression oder in Verletzung des internationalen Rechts eingesetzt werden, lehnen wir grundsätzlich ab. Die Aufwuchs- und Verteidigungsfähigkeit der Streitkräfte erfordern eine deutliche Steigerung der jährlichen Investitionen in militärische Infrastruktur. Um dies zu erreichen, werden wir das Genehmigungs- und Vergaberecht sowie die Beschaffung, den Schutz und die Widmung militärischer Flächen durch Verfahrensfreistellungen und durch mehr Eigenvollzugskompetenzen für die Bundeswehr vereinfachen. Haushaltsrechtliche Vereinfachungen werden wir in enger Absprache mit dem Bundestag prüfen. Für militärische Bauvorhaben vereinfachen wir die Bedarfsdefinition und Genehmigung und schaffen mit einem Bundeswehrinfrastrukturbeschleunigungsgesetz Ausnahmeregelungen im Bau-, Umwelt- und Vergaberecht sowie beim Schutz und der Widmung militärischer Flächen. Die Belange und die Infrastrukturmaßnahmen zur Gesamtverteidigung sind als überragendes öffentliches Interesse festzuschreiben und in der Umsetzung gegenüber anderen staatlichen Aufgaben zu priorisieren. Die Bundeswehr und alle staatlichen sowie gesamtgesellschaftlichen Akteure müssen effektiv zusammenarbeiten können, um Angriffe auf unser komplexes System schnell zu erkennen und gezielt und wirksam zu bekämpfen. Die Vorsorge- und Sicherstellungsgesetze werden wir vor diesem Hintergrund umfassend novellieren. Um uns an die veränderte Sicherheitslage anzupassen, werden wir noch in diesem Jahr das Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst (MAD) umfassend novellieren. Mit einem Artikelgesetz Militärische Sicherheit wollen wir die bisherigen Verfahren bei Sicherheitsüberprüfung und Sabotageschutz verbessern und erheblich beschleunigen. Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Unsere Entwicklungspolitik ist zugleich werte- und interessengeleitet. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gehen einher mit unseren außen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Interessen. Wir brauchen grundlegende Veränderungen in der Entwicklungspolitik, die aktuelle

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geopolitische und ökonomische Realitäten stärker abbilden und gestalten müssen. Wir wollen, dass Deutschland und Europa gute Beziehungen zu den Ländern des Globalen Südens haben. Wir werden den integrierten Ansatz durch eine bessere Zusammenarbeit von AA, BMZ und BMVg stärken, kohärent aufeinander abstimmen und entlang unserer Interessen ausrichten. Um die Effektivität und Kohärenz der öffentlichen Entwicklungsleistungen (ODA) des Bundes zu steigern und damit den Außenauftritt der Bundesregierung stringenter zu gestalten, werden wir die entwicklungspolitischen Schnittstellen zwischen den Ressorts reduzieren und die Leistungen, die nicht in den klassischen ODA-Ressorts liegen, im BMZ bündeln. Im Lichte unserer Interessen werden wir stärker auf folgende strategische Schwerpunkte setzen: wirtschaftliche Zusammenarbeit und Sicherung des Zugangs zu Rohstoffen, Fluchtursachenbekämpfung sowie die Zusammenarbeit im Energiesektor. Wir werden uns weiterhin im Kampf gegen Armut, Hunger und Ungleichheit engagieren. Wir setzen auf die Förderung von Mädchen und Frauen, insbesondere durch die Förderung des Rechts auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte. Weitere zentrale Aufgaben sind gute Bildung, menschenwürdige Beschäftigung, soziale Sicherung, robuste Gesundheitssysteme und gute Regierungsführung. Unser Ziel ist, dass Vergaben von staatlich finanzierten Projekten der finanziellen Zusammenarbeit überwiegend an Unternehmen aus Deutschland und der EU erfolgen. Exportorientierte und investitionsbereite Unternehmen erhalten bessere Finanzierungsmöglichkeiten und Risikoabsicherungen. Wir modernisieren und erweitern zu diesem Zweck den Garantierahmen für die Absicherung von Kreditvergaben. Wir werden eine gemeinsame Anlaufstelle der Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit für die deutsche Wirtschaft etablieren. Wir richten unsere Partnerschaften längerfristig aus, werden uns dabei aber von der Länderliste lösen. Bei der Umsetzung unserer entwicklungspolitischen Ziele durch die technische Zusammenarbeit schaffen wir Wettbewerb und verzahnen diese mit der finanziellen Zusammenarbeit sowie der europäischen Entwicklungspolitik. Entwicklungszusammenarbeit ist neben Visa-Vergabe sowie Wirtschafts- und Handelsbeziehungen ein zentraler Hebel in der Migrationssteuerung. Wir werden weitere Unterstützung für Flüchtlinge in ihren Herkunftsländern und den Hauptaufnahmeländern leisten, auch um sie von der gefährlichen Flucht nach Europa abzuhalten und ihnen in ihrer Heimat Chancen und Perspektiven zu geben. Die Kooperationsbereitschaft der Partnerländer bei den Bemühungen, die irreguläre Migration nach Europa zu begrenzen und eigene Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zurückzunehmen, ist ein zentraler Faktor für den Umfang der bilateralen Regierungszusammenarbeit. Dazu schließen wir weitere Migrationsabkommen und setzen bestehende Abkommen um. Dies schließt eine geordnete Fachkräftemigration bei gleichzeitiger Förderung von Qualifizierung im Herkunftsland mit ein.

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Die Bundesregierung wird die zivilgesellschaftlichen Akteure in Ländern des Globalen Südens weiter stärken und sich für den Schutz und die Erweiterung von deren Freiräumen einsetzen. Das bürgerschaftliche Engagement in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel durch Kirchen, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und politische Stiftungen wollen wir weiter fördern. Wir setzen uns für eine intensivere Abstimmung und Arbeitsteilung mit anderen Geberländern und Institutionen ein, insbesondere in der EU und im Rahmen der VN sowie weiterer multilateraler Organisationen (wie zum Beispiel der Weltbank). Wir setzen uns für ein ambitioniertes Post-Agenda-2030-Rahmenwerk ein. Wir werden unseren fairen Anteil an der internationalen Klimafinanzierung bereitstellen und setzen dabei verstärkt auch auf die Mobilisierung von privaten Mitteln sowie Beiträge nicht-traditioneller Geber. Den internationalen Biodiversitätsschutz werden wir fortführen und enger mit dem internationalen Klimaschutz und der Bekämpfung von Dürren und Wüstenbildung verknüpfen. Aufgrund der Notwendigkeit, den Haushalt zu konsolidieren, muss eine angemessene Absenkung der ODA-Quote erfolgen. Neben öffentlichen werden wir auch private Investoren noch stärker für nachhaltige Entwicklungsfinanzierung mobilisieren. Wir setzen uns für die effektive Bewältigung von Staatsschuldenkrisen ein, bei der alle Gläubiger beteiligt werden. Wir unterstützen Länder des Globalen Südens beim Aufbau ihrer Steuersysteme. Menschenrechte Die Universalität, Unteilbarkeit und Unveräußerlichkeit der Menschenrechte bilden das Fundament der regelbasierten internationalen Weltordnung. Allen Versuchen, global Freiheits- und Menschenrechte aufzuweichen, Menschenrechtsverteidiger und Zivilgesellschaft einzuschränken, treten wir entschlossen entgegen. Transnationaler Repression durch autoritäre Staaten in Deutschland werden wir wirksam begegnen. Wir setzen uns für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe und das Verbot von Folter ein. Für die Wahrung und Verteidigung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtstaatlichkeit sind wirksame nationale und internationale Institutionen und Gerichtsbarkeiten, wie das Deutsche Institut für Menschenrechte, unerlässlich. Wir machen uns dafür stark, dass die globalen Sanktionsregeln der EU im Bereich der Menschenrechte gezielter und umfassender zum Einsatz kommen. Wir streben den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen über den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) an. Wir unterstützen in besonderer Weise den Europarat und seine Parlamentarische Versammlung als Hüter der Grundwerte der Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit auf unserem Kontinent. Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist Gradmesser für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Geltung der Menschenrechte. Der Schutz religiöser und weltanschaulicher Minderheiten sowie insbesondere der Schutz der weltweit größten verfolgten Gruppe, der Christen, ist von besonderer

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Bedeutung. Deshalb wird die Arbeit des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit fortgesetzt.

5.2 Europa

Die EU ist Garantin für Freiheit, Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Diese Werte stehen angesichts historischer Umwälzungen massiv unter Druck. Mut, Entschlossenheit und europäische Antworten sind das Gebot der Stunde. Eine gute Zukunft unseres Landes wird es nur mit einer starken und demokratischen EU geben. Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Handlungsfähigkeit und strategische Souveränität der EU zu stärken. Mehr denn je braucht die EU ein starkes Deutschland, das sich mit europäischer Überzeugung, Ideen und Engagement einbringt. Wir bekennen uns zu einer effektiven, kohärenten und verlässlichen Europapolitik mit konstruktivem Gestaltungsanspruch, im deutschen und europäischen Interesse. Wir verteidigen Europa gegen seine inneren und äußeren Feinde. Wir stehen weiter fest an der Seite der Ukraine in ihrem Freiheitskampf und werden sie so lange wie nötig mit militärischer, diplomatischer, wirtschaftlicher und humanitärer Hilfe unterstützen. Die deutsch-französische Freundschaft bleibt von überragender Bedeutung für ganz Europa. Wir werden sie auf Grundlage des wegweisenden Élysée-Vertrags und dessen Weiterentwicklung durch den Vertrag von Aachen vertiefen. Ebenso wollen wir die Freundschaft zu unserem östlichen Nachbarland Polen weiter ausbauen. Im Weimarer Dreieck werden wir die enge Abstimmung zu allen relevanten Fragen der Europapolitik suchen, um im Dienst der ganzen EU geeinter zu handeln. Im Format „Weimar plus“ sollten auch weitere enge Partner einbezogen werden. Gemeinsam mit den östlichen Ländern werden wir die Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarstaaten auf allen gesellschaftlichen Ebenen wie Wissenschaft, Kultur oder Sport fördern. Artikel 2 EU-Vertrag Wir schützen die Grundwerte aus Artikel 2 EU-Vertrag nachdrücklich und gehen künftig noch konsequenter gegen Rechtsstaatsverstöße vor. Dafür müssen bestehende Schutzinstrumente, von Vertragsverletzungsverfahren über die Zurückhaltung von EU-Geldern bis hin zur Suspendierung von Rechten der Mitgliedschaft, wie zum Beispiel Stimmrechten im Rat der EU, deutlich konsequenter als bisher angewendet werden. Wir setzen uns für die Weiterentwicklung des Konditionalitätsmechanismus ein – hin zu einem umfassenderen Sanktionsinstrument bei Verstößen gegen die Grundwerte der EU. Für den Fall der Zurückhaltung von Geldern sollten Möglichkeiten der Direktzuweisung von Mitteln an Begünstigte wie zum Beispiel Studierende im Rahmen von Erasmus+ geprüft werden.

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Europas Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand Wir wollen den Binnenmarkt als Motor unserer Wirtschaftskraft weiterentwickeln. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Energie, medizinische Produkte, Pharma, Digitales, Telekommunikation und Verkehr einschließlich Luftverkehr. Der Wettbewerb im Binnenmarkt muss auf Innovation und Leistungsfähigkeit beruhen. Wir wollen kein Steuerdumping und keinen unfairen Steuerwettbewerb in der EU. Deshalb setzen wir uns für eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer ein. Wir treten für eine bessere Mobilisierung von privatem Kapital ein und gehen dazu Schritte hin zu einer echten Spar- und Investitionsunion (Kapitalmarkt- und Bankenunion). Dabei schützen wir das Drei-Säulen-Modell. Wir brauchen außerdem eine echte Energieunion mit Fokus auf Entwicklung und Genehmigung gemeinsamer, grenzüberschreitender Energienetze einschließlich Wasserstoff sowie eine stärkere Vernetzung nationaler Energiemärkte, um eine wettbewerbsfähige Industrie zu ermöglichen. Auf dem von der EU eingeschlagenen Weg zur Klimaneutralität bis 2050 denken wir wirtschaftliche, ökologische und soziale Zukunftsfähigkeit zusammen. Wir treten aktiv dafür ein, dass die EU ein starker Industriestandort bleibt. Wir schaffen attraktive Rahmenbedingungen für Investitionen in und nach Europa, insbesondere durch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Modernisierung des Wettbewerbs- und Beihilferechts, welches wir stärker an Transformationserfordernissen und Europas globaler Wettbewerbsfähigkeit ausrichten wollen, sowie eine Vereinfachung der Verfahren für Important Projects of Common European Interest (IPCEI). Wir setzen uns für einen substanziellen Rückbau von Bürokratie in der EU ein. Wir begrüßen, dass die EU-Kommission Initiativen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands vorgelegt und weitere angekündigt hat. Für eine effektive technologische Souveränität Europas brauchen wir mehr Fokus auf Bildung, Forschung, Innovation und Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz oder Raumfahrt. Wir setzen uns für eine forschungs- und innovationsfreundliche EU-Digitalpolitik sowie ein gestärktes und eigenständiges zehntes Rahmenprogramm für Forschung und Innovation ein. Datenschutz kommt eine wichtige Bedeutung zu. Seine Ausgestaltung muss Digitalisierungsfortschritte sowie Forschung und Innovation ermöglichen. In der EU müssen primär die Mitgliedstaaten und die Wirtschaft endlich drei Prozent des Bruttoinlandprodukts für Forschung und Entwicklung investieren. Wir befürworten die Errichtung des Einstein-Teleskops in Deutschland als europäisches Leuchtturmprojekt. Handlungsfähiges Europa Der nächste Mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFR) ab 2028, zu dem Deutschland einen angemessenen Beitrag leisten wird, muss den historischen Herausforderungen für Europa und unserem Anspruch an eine geopolitisch handlungsfähige EU Rechnung tragen und sich nicht zuerst am Status quo orientieren. Diese sind insbesondere die Stärkung der europäischen Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit sowie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU. Zuallererst stehen die

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Mitgliedstaaten in der Finanzierungsverantwortung für diese Ziele. Im Interesse stabiler Finanzen sowie im Einklang mit den europäischen Verträgen haftet Deutschland weiterhin nicht für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten. Finanzierungen außerhalb des EU-Haushalts müssen die Ausnahme bleiben. Gleichzeitig muss im künftigen MFR die Rückzahlung für die im Rahmen des Programms „Next Generation EU“ aufgenommenen Mittel beginnen. Wir fordern die EU-Kommission auf, einen entsprechenden Rückzahlungsplan als Teil ihres anstehenden MFR-Vorschlags vorzulegen. Die Rückzahlung darf nicht zu Lasten des regulären EU-Haushalts und seiner Programme erfolgen. Wir setzen uns für eine Modernisierung des MFR ein. Er muss einfacher, transparenter und flexibler ausgestaltet sein – auch um auf unvorhergesehene Ereignisse und Investitionsbedarfe unter Einsatz der zur Verfügung stehenden Finanzinstrumente im Rahmen der EU-Verträge umfassend und rasch reagieren zu können. Wir stehen zu dem zeitlichen Fahrplan für die Einführung neuer Eigenmittel und werden entsprechende Vorschläge konstruktiv prüfen. Die Kohäsionspolitik ist in Zeiten großer Herausforderungen eine wichtige Säule eines solidarischen Europas und ein zentrales Instrument zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und gleichmäßigen Entwicklung aller europäischen Regionen. Wir treten zur Stärkung der Regionen für eine Kohäsionspolitik 2028+ ein, die auf der Grundlage einer angemesseneren Mittelausstattung in einer eigenständigen Fondsstruktur auch künftig gemeinsam mit den Regionen entwickelt und primär von diesen umgesetzt wird. Wichtig ist uns der Erhalt der Förderwürdigkeit aller Regionen. Insbesondere auch strukturschwache sowie von Transformation betroffene Regionen brauchen in Zukunft eine tragfähige Mittelausstattung der Kohäsionspolitik. Wir wollen keine Region zurücklassen. Das Europäische Parlament muss seine zentrale Rolle bei der Definition der Kriterien der Mittelvergabe und bei der Kontrolle der Mittelverwendung behalten. Die Kohäsionspolitik soll in der Zukunft noch stärker Anreize zur Umsetzung von innerstaatlichen Reformen liefern. Den Regionen muss bei Ausarbeitung und Umsetzung der Programme sowie der Auswahl der Projekte weiterhin eine zentrale Rolle zukommen. Eine zentralisierte Kohäsionspolitik ist damit nicht vereinbar. Die neuen Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes müssen konsequent angewendet werden. Sofern angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen erforderlich, müssen Ausnahmeklauseln und Flexibilitäten genutzt werden. Wir bekennen uns zur Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und ihrem übergeordneten Ziel der Geldwertstabilität. Angesichts des geopolitischen Epochenbruchs muss Europa umfassende strategische Souveränität entwickeln. Schlüsseltechnologien, Energiesicherheit, digitale Souveränität inklusive europäischer Plattformen, Schutz kritischer Infrastrukturen, Resilienz sowie eigene Fähigkeiten, um sich im globalen Systemwettbewerb zu behaupten, sind dafür zentral. Wir setzen uns für eine Europäische

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Verteidigungsunion zur Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO ein. Wir wollen einen echten Binnenmarkt für Verteidigungsgüter mit gemeinsamen Exportregeln und enger Zusammenarbeit bei Planung, Entwicklung und Beschaffung. Eine engere europäische Abstimmung im internationalen Krisenmanagement, ein systematischeres Vorgehen bei EU-Missionen und eine bessere Verzahnung der Politiken von EU, Mitgliedstaaten und wichtigen supranationalen Organisationen wollen wir weiter voranbringen. Die Erweiterung der EU und ihre Aufnahmefähigkeit müssen Hand in Hand gehen. Deshalb brauchen wir spätestens mit der nächsten Erweiterung eine innere Konsolidierung und Reform der EU, die sie institutionell stärkt. Das Konsensprinzip im Europäischen Rat darf nicht zur Entscheidungsbremse werden. Dies gilt grundsätzlich auch für die verbliebenen Entscheidungen mit Einstimmigkeit im Rat der EU. Die sogenannten „Brückenklauseln“ wollen wir nutzen, um Entscheidungsverfahren effizienter zu gestalten. Notwendige Reformen, die ohne Vertragsänderungen möglich sind, sollten ausgereizt werden. Wo notwendig, sind wir offen für Vertragsänderungen gemäß Artikel 48 EU-Vertrag. Wir wollen das Prinzip der verstärkten Zusammenarbeit im Sinne des Konzepts des „Europas der verschiedenen Geschwindigkeiten“ stärker nutzen. Um den Zusammenhalt in der EU zu schützen, muss diese Zusammenarbeit immer für alle Mitgliedstaaten offen bleiben. Wir befürworten eine Weiterentwicklung des Wahlrechts zum Europäischen Parlament. Wir setzen uns für die Einführung einer Sperrklausel bei Europawahlen ein, die den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechen muss. Zudem wollen wir bei Europawahlen das Auszählverfahren nach D'Hondt zur Anwendung bringen. Wir passen die Mitwirkungsrechte des Bundestages insbesondere an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts an. Wir setzen uns für eine konsequente und wirkungsvollere Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips ein, einschließlich frühzeitiger Berücksichtigung des Systems kommunaler Selbstverwaltung. Wir stehen zum Ausschuss der Regionen als dem Forum der europäischen Regionen und Städte. Wir machen uns für vernetzte und prosperierende Grenzregionen stark. Soziales und bürgernahes Europa Wir bekennen uns zu den Zielen, Werten und Grundsätzen der europäischen Säule sozialer Rechte. In diesem Sinne setzen wir uns für eine EU ein, die das Leben der europäischen Bürgerinnen und Bürger verbessert, faire Arbeitsbedingungen, Mitbestimmung und gute Tarifpartnerschaften gewährleistet sowie soziale Ungleichheiten und Armut bekämpft. Wir setzen uns im Rahmen der geltenden Kompetenzverteilung zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten für wirksame Instrumente ein, um faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialsysteme zu fördern.

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Wir wollen Europa erlebbarer machen und zentrale Bausteine für eine offene, demokratische, kreative und soziale Gesellschaft stärken. Wir setzen uns für eine Stärkung von Erasmus+ für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport sowie eine Verbesserung des Programmzugangs ein. Dazu gehört auch eine Fortsetzung der Initiative „DiscoverEU“, die 18-Jährigen die Möglichkeit bietet, kostenlos Europa zu bereisen (Interrail). Wir unterstützen weiterhin „Creative Europe“ zur Förderung der gemeinsamen kulturellen Identität. Eine lebendige Zivilgesellschaft spielt bei der Förderung der Menschenrechte, der Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie der freien Meinungsbildung in Europa eine entscheidende Rolle. Deshalb muss sie gestärkt werden. Wir unterstützen das Vorhaben, eine Rechtsform „Europäischer grenzüberschreitender Verein“ einzuführen, um in Zukunft die Gründung von Vereinen nach weitgehend einheitlichen Rechtsprinzipien zu ermöglichen. Wir setzen uns für die stärkere Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern ein. Formate wie zum Beispiel der EU-Jugenddialog bringen Europa den Menschen näher. Grenzüberschreitenden Austausch zur Geschichte Europas wollen wir durch die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Erinnerungskultur stärken. Gedenkstätten, Dokumentationszentren und Bildungsangebote werden wir aufgrund ihrer wichtigen Funktion weiter unterstützen. Die Zukunftsfonds mit Tschechien, Griechenland und Italien sowie die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit wollen wir stärken. Wir setzen uns für die rasche Einrichtung eines Gedenkorts für die Opfer der deutschen Aggression und Besatzung in Polen (1939-1945) auf dem Platz der ehemaligen Kroll-Oper sowie die Errichtung des Deutsch-Polnischen Hauses als Ort des Gedenkens und Begegnens im Zentrum Berlins ein. Um grenzüberschreitendes Lernen und europäische Freundschaften zu fördern, werden wir die europäischen und bilateralen Jugendwerke sowie Fachstellen des europäischen und internationalen Jugend- und Fachkräfteaustauschs ausbauen und deutlich stärken. EU in der Welt Die Erweiterungspolitik hat hohe transformative Kraft und ist eine geopolitische Notwendigkeit. Die massiv veränderte Weltlage erfordert eine Weiterentwicklung des EU-Beitrittsprozesses. Durch einen leistungsbasierten und differenzierten Ansatz sollen individuelle Fortschritte der Kandidatenländer bei der Annäherung an europäische Werte und Standards stärker honoriert werden. Die Menschen vor Ort sollen konkret erfahren, dass sich der Weg ihrer Länder in die EU lohnt. Gleichzeitig muss die EU erweiterungsfähig werden, indem der parallel stattfindende institutionelle Reformprozess zu konkreten Ergebnissen geführt wird. Wir setzen uns für einen schrittweisen Integrationsansatz für Kandidatenländer ein, die noch nicht alle Beitrittsanforderungen erfüllen, aber Reformen beherzt umsetzen – ohne Abstriche bei den Kriterien oder bei der Integrität des Binnenmarktes. Dazu können insbesondere ein „Phasing-in“ in EU-Programme und -Politiken, die Gewährung eines Beobachterstatus im Europäischen Parlament und Rat der EU sowie eine assoziierte Mitgliedschaft in bestimmten Bereichen wie der GASP/GSVP ohne Stimmrecht gehören. Der wichtige EU-Beitritt der sechs Länder

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des Westbalkans, der Ukraine und der Republik Moldau liegt im wechselseitigen Interesse. Wir wollen die Unterstützungsanstrengungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten konsequent fortsetzen. Dazu gehört auch der Berliner Prozess – denn wir müssen gerade den Westbalkan-Ländern, die schon lange auf Fortschritte warten, belastbare Perspektiven bieten. Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei sind von besonderer strategischer Bedeutung. Wir bedauern, dass sich die Türkei von der Werteordnung der EU zunehmend weiter entfernt. Die Fortsetzung des Beitrittsprozesses mit Georgien kann erst wieder in Frage kommen, wenn die Zweifel an der Einhaltung der demokratischen Prozesse ausgeräumt sind. Dabei stehen wir an der Seite der pro-europäischen Kräfte. Wir müssen den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten vertiefen sowie die Potenziale der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) nutzen. Auch nach dem Brexit ist das Vereinigte Königreich einer der engsten Partner der EU. Für uns ist die „Global Gateway“-Initiative der EU ein wichtiges geopolitisches Instrument, das auch bei der Wahl von Kooperationspartnern berücksichtigt werden muss. Für einen kohärenten und sichtbaren Außenauftritt als „Team Europe“ brauchen wir ein transparentes, abgestimmtes und arbeitsteiliges Handeln der EU-Kommission, des Europäischen Auswärtigen Dienstes und der Mitgliedstaaten.

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  1. Vertrauensvolle Zusammenarbeit, erfolgreiches Regieren Arbeitsweise der Bundesregierung und Fraktionen Kooperation der Parteien Diese Koalitionsvereinbarung gilt für die Dauer der 21. Wahlperiode. Die Koalitionspartner verpflichten sich, diese Vereinbarung im Regierungshandeln umzusetzen. Die Partner tragen für die gesamte Politik der Koalition gemeinsam Verantwortung. Die Koalitionspartner CDU, CSU und SPD werden ihre Arbeit in Parlament und Regierung laufend und umfassend miteinander abstimmen und zu Verfahrens-, Sach- und Personalfragen Konsens herstellen. Die Koalitionspartner treffen sich grundsätzlich monatlich zu Koalitionsgesprächen im Koalitionsausschuss. Darüber hinaus tritt der Koalitionsausschuss auf Wunsch eines Koalitionspartners zusammen. Er berät Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die zwischen den Koalitionspartnern abgestimmt werden müssen, und führt in Konfliktfällen Konsens herbei. Die Koalitionsparteien werden sich einvernehmlich auf die Besetzung des Koalitionsausschusses verständigen. Kooperation der Fraktionen Im Deutschen Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen. Über das Verfahren und die Arbeit im Parlament wird Einvernehmen zwischen den Koalitionsfraktionen hergestellt. Anträge, Gesetzesinitiativen und Anfragen auf Fraktionsebene werden gemeinsam oder im Ausnahmefall im gegenseitigen Einvernehmen eingebracht. Die demokratischen Parteien der politischen Mitte tragen eine besondere Verantwortung für den Schutz und die Stärkung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die Koalitionspartner schließen auf allen politischen Ebenen jede Zusammenarbeit mit verfassungsfeindlichen, demokratiefeindlichen und rechtsextremen Parteien aus. Dies betrifft im Parlament unter anderem gemeinsame Anträge, Wahlabsprachen oder sonstige Formen der Zusammenarbeit. Die Tagesordnung der Kabinettsitzungen soll den Fraktionen vorab mitgeteilt werden. Wir werden das bestehende Bundestagswahlrecht ändern:

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Wir wollen eine Wahlrechtskommission einsetzen, die die Wahlrechtsreform 2023 evaluieren und im Jahr 2025 Vorschläge unterbreiten soll, wie jeder Bewerber mit Erststimmenmehrheit in den Bundestag einziehen kann und der Bundestag unter Beachtung des Zweitstimmenergebnisses grundsätzlich bei der aktuellen Größe verbleiben kann. Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren soll dann unverzüglich eingeleitet werden. Dabei soll auch geprüft werden, wie die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen im Parlament gewährleistet werden kann und ob Menschen ab 16 Jahren an der Wahl teilnehmen sollten. Wir wollen die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages reformieren und werden den Deutschen Bundestag und seine Verwaltung von parlamentsfremden Aufgaben entlasten. Arbeit in der Bundesregierung Im Kabinett wird bei Entscheidungen kein Koalitionspartner überstimmt. In allen Ausschüssen des Kabinetts und in allen vom Kabinett beschickten Gremien, Beiräten und Ausschüssen sind die Koalitionspartner vertreten. Die Besetzung erfolgt im gegenseitigen Einvernehmen. Grundsätzlich sind alle Koalitionspartner vertreten, sofern es die Anzahl der Vertreter des Bundes zulässt. Die Arbeits- und Vorhabenplanung erfolgt zwischen Bundeskanzleramt und dem die A-Seite koordinierenden Ressort. Die Frühkoordinierung erfolgt im Rahmen des gesamten Prozesses in gemeinsamer Verantwortung zwischen dem Bundeskanzleramt, dem die A-Seite koordinierenden Ressort und dem federführenden Ressort. Im Rahmen der Frühkoordinierung werden von den federführenden Ressorts vor Einleitung der Ressortabstimmung alle Angelegenheiten von grundsätzlicher politischer Bedeutung dem Bundeskanzleramt und zeitgleich dem die A-Seite koordinierenden Ressort vorgelegt. Ein Vorhaben ist von grundsätzlicher politischer Bedeutung, wenn es Gegenstand einer Kabinettbefassung werden muss oder soll. Das Bundeskanzleramt prüft in enger Abstimmung mit dem die A-Seite koordinierenden Ressort in der Regel innerhalb von fünf Werktagen, ob das jeweilige Vorhaben den Zielsetzungen des Koalitionsvertrags entspricht. Nach Freigabe des Vorhabens durch das Bundeskanzleramt innerhalb der Frist leitet das federführende Ressort die Ressortabstimmung ein. Unterbleibt eine Rückmeldung – auch nach einer möglichen Verlängerung der Frist – kann das federführende Ressort die Ressortabstimmung einleiten. Die Koalitionspartner treffen in der Bundesregierung Personalentscheidungen einvernehmlich. Dies gilt auch für Personalvorschläge der Bundesregierung bei internationalen Organisationen und bei EU- Institutionen. Europapolitische Koordinierung Um eine bestmögliche Vertretung deutscher Interessen auf europäischer Ebene zu erreichen, wird die Bundesregierung ein geschlossenes Auftreten gegenüber den europäischen Partnern und Institutionen

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sicherstellen. Dazu werden sich die Koalitionspartner innerhalb der Bundesregierung eng und im Voraus abstimmen. Um mögliche Ressortkonflikte bei EU-Vorhaben unter Wahrung der Ressortverantwortung früher auf politischer Ebene zu unterbinden beziehungsweise zu lösen, werden diese frühzeitig und wöchentlich vom Chef des Bundeskanzleramtes in der Runde der beamteten Staatssekretäre („EU-Monitoring“) mit der Zielstellung einer frühestmöglichen Einigung aufgesetzt und – wenn nötig – auf Kabinettebene behandelt. Ressortverteilung Die Ressortverteilung der Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD wird wie folgt festgelegt: Die CDU stellt den Bundeskanzler. Die SPD stellt den Stellvertreter des Bundeskanzlers gemäß Artikel 69 GG. Die CDU stellt die Leitung folgender Ministerien: • Der Chef des Bundeskanzleramtes im Range eines Bundesministers • Wirtschaft und Energie • Auswärtiges Amt • Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend • Gesundheit • Verkehr • Digitalisierung und Staatsmodernisierung Die SPD stellt die Leitung folgender Ministerien: • Finanzen • Justiz und Verbraucherschutz • Arbeit und Soziales • Verteidigung • Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit • Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung • Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Die CSU stellt die Leitung folgender Ministerien: • Innen • Forschung, Technologie und Raumfahrt • Ernährung, Landwirtschaft und Heimat

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Staatsministerinnen und Staatsminister im Kanzleramt: Die Staatsministerin bzw. der Staatsminister für Bund-Länder-Zusammenarbeit, die Staatsministerin bzw. der Staatsminister für Kultur und Medien, die Staatsministerin bzw. der Staatsminister für Sport und Ehrenamt werden von der CDU gestellt. Der Staatsminister bzw. die Staatsministerin und Beauftragter der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration wird von der SPD gestellt. Die Staatsministerinnen bzw. Staatsminister im Auswärtigen Amt stellen CDU (2) und CSU (1). Die Staatsministerin bzw. Staatsminister und Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland wird von der SPD gestellt und ressortiert im Bundesministerium der Finanzen. Das Vorschlagsrecht für die jeweiligen Ämter liegt bei den verantwortlichen Parteien. Das Vorschlagsrecht für beamtete und Parlamentarische Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sowie Staatsministerinnen und Staatsminister liegt bei den jeweiligen Bundesministerinnen und Bundesministern.

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